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Das Jahr der Kriesen

Das Jahr der Kriesen

Titel: Das Jahr der Kriesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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drückte sie fest. »Was ist passiert? Es ist mir so schrecklich lange vorgekommen, aber eigentlich war es überhaupt nicht lange. Ihr wart nur eine Stunde weg.«
    »Ich werde es dir später erzählen«, sagte Sal knapp. »Im Moment möchte ich es mir einfach nur gutgehen lassen.«
    »Vielleicht höre ich auf, dafür einzutreten, den Goldenes-Tor-Satelliten zu schließen«, sagte Jim plötzlich.
    »Was?« platzte Sal erstaunt heraus.
    »Vielleicht bin ich zu hart gewesen. Zu puritanisch. Lieber würde ich ihm seinen Lebensunterhalt nicht wegnehmen. Mir scheint, als hätte er ihn sich verdient.« Er fühlte sich im Moment betäubt, unfähig, wirklich darüber nachzudenken. Aber was ihn am meisten schockiert, ihn verändert hatte, das war nicht der Anblick George Walts gewesen, wie dieser in zwei Wesenheiten zerfallen war, eine künstlich und eine echt. Es war Lurton Sands Enthüllung über die verstümmelten Flakkies gewesen.
    Er hatte darüber nachgedacht, hatte versucht, einen Ausweg zu finden. Zweifellos würden die verstümmelten Flakkies – sollten sie überhaupt geweckt werden – die letzten Verstümmelten überhaupt sein. Und bis dahin waren vielleicht Ersatzorgane aus dem Vorrat der Organbank der UN verfügbar. Aber es gab noch eine Möglichkeit, und er war gerade eben erst darauf gekommen. George Walts gemeinsame Existenz bewies, daß es möglich war, vollständig mechanische Organe herzustellen. Und hierin sah Jim Briskin Hoffnung für Lurton Sands Opfer. Möglicherweise konnte mit George Walt ein Geschäft gemacht werden. Er – oder sie – würden in Ruhe gelassen werden, wenn sie die Herstellerfirma ihrer äußerst hochentwickelten und erfolgreichen künstlichen Bestandteile preisgaben. Es war höchstwahrscheinlich eine westdeutsche Firma, denn die dortigen Kartelle waren bei solchen Experimenten am weitesten fortgeschritten. Aber es konnten natürlich auch Ingenieure gewesen sein, die ausschließlich bei dem Satelliten unter Vertrag standen – mit dortigem Dauerwohnsitz. Auf jeden Fall stellten vierhundert Menschenleben eine große Zahl dar, die jede Mühe, sie zu retten, rechtfertigte. Jeden Handel rechtfertigte, entschied er, der mit George Walt zustande gebracht werden konnte.
    »Besorgen wir uns etwas Warmes zu trinken«, sagte Pat. »Ich friere.« Sie ging auf die Vordertür des Hauptquartiers der Republikanisch-Liberalen Partei zu, den Schlüssel in der Hand. »Wir können uns drinnen einen synthetischen nichttoxischen Kaffee machen.«
    Als sie um den Kaffeetopf herumstanden und darauf warteten, daß er heiß wurde, sagte Tito: »Warum den Satelliten nicht auf natürliche Weise wertlos werden lassen? Hat die Auswanderung erst einmal begonnen, steht ihm nur noch ein ständig abnehmender Markt zur Verfügung. Sie haben in Ihrer Chicagoer Rede ohnehin etwas in dieser Richtung angedeutet.«
    »Ich bin auch früher schon da oben gewesen«, sagte Sal. »Wie du weißt. Und es hat mich nicht umgebracht. Tito ist auch schon dort gewesen, und es hat ihn nicht entstellt oder umgebracht.«
    »Okay, okay«, sagte Jim. »Wenn George Walt mich in Ruhe lassen, lasse ich sie in Ruhe. Aber wenn sie weiterhin hinter mir her sind oder wenn sie in Sachen Kunstorg-Bau nicht mit sich handeln lassen – dann wird es notwendig sein, etwas zu tun. Auf jeden Fall geht das Wohlergehen dieser vierhundert Flakkies vor.«
    »Kaffee ist fertig«, sagte Pat und fing an einzuschenken.
    Sal Heim schlürfte und sagte: »Schmeckt gut.«
    »Ja«, pflichtete Jim Briskin bei. Die Tasse heißer Kaffee, synthetisch und nichttoxisch, wie er sein mußte (nur die Unterschichtenfarbigen, die in Schlafheimen wohnten, tranken das echte Zeug), war tatsächlich genau das, was er brauchte. Er sorgte dafür, daß er sich viel besser fühlte.
     
    Obwohl es spät in der Nacht war, hatte sich Myra Sands entschlossen, Art und Rachael Chaffy in ihrem Schlafheim anzurufen. Sie war hinsichtlich ihres Falles zu einer Entscheidung gelangt, und der Augenblick war gekommen, sie ihnen mitzuteilen.
    Als die Vidphonverbindung zu ihrer öffentlichen Flurzelle hergestellt war, sagte Mrs. Sands: »Es tut mir leid, Sie so spät noch zu belästigen, Mr. Chaffy.«
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte Art schläfrig. Offensichtlich waren er und seine Frau bereits im Bett gewesen. »Was ist denn?«
    »Ich denke, Sie sollten dabei bleiben und Ihr Baby bekommen«, sagte Myra.
    »Sie meinen... Aber...«
    »Wenn Sie sich Jim Briskins Chicagoer Rede angehört hätten,

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