Das Jahr der Maus
irgendwelchen gottverdammten Selbstmordmissionen gemeldet, Matty. Laß mich sofort von diesem Scheiß-Laster runter.«
»Du willst aussteigen?« fragt Mattison sanft.
»Kannst du laut sagen. Ich hau ab, und zwar sofort.«
Mattison seufzt. Früher oder später macht McFlynn immer Ärger. Wenn er gewußt hätte, daß dieser San-Dimas-Einsatz an den Ausflug an diesem Vormittag angehängt werden würde, hätte er wahrscheinlich von vornherein beschlossen, McFlynn zu Hause zu lassen. Es gibt ja viele bescheuerte Berufe, aber McFlynn ist natürlich ausgerechnet ein abgewrackter Zirkusakrobat und pensionierter Stuntman, der im Lauf der Zeit bei einem ganzen Sortiment süchtig machender Drogen Erleichterung vom Streß gefunden hat und – nachdem er sich im Gefolge einer schwachsinnigen (und von ihm gewonnenen) Kneipenwette, bei der es darum ging, vom Dach eines Hauses zu springen, einen üblen Beinbruch zugezogen hat und seither stark hinkt, so daß es ihm schwerfällt, einen seiner beiden Berufe auszuüben – nun großzügige Abfindungszahlungen aus diversen Quellen erhält, während er sich einer seiner periodischen Entziehungskuren inklusive Dienst am Gemeinwohl unterzieht. Mit Vornamen heißt er eigentlich Gerard, aber man darf ihn nur Blazes nennen, sonst reagiert er unwirsch. Der Kerl ist so stark wie die Winde eines Abschleppwagens und der einzige Mann im Haus, mit dem Mattison sich nur ungern anlegen würde, denn obwohl McFlynn etwa zwölf Zentimeter kleiner ist als er, wäre er bei einem Kampf wahrscheinlich etwa genauso gefährlich, trotz Hinkebein und allem.
»Willst du damit sagen«, fragt Mattison ihn erneut, »daß du bei diesem Einsatz hier nicht mitmachen willst?«
»Die ganze Straße kann jeden Moment hochgehen.«
»Schon möglich. Deshalb sind wir ja hier – um die Situation unter Kontrolle zu kriegen, wenn sie aus dem Ruder läuft. Willst du etwa zu Fuß von hier aus nach Silver Lake zurücklatschen? Glaubst du vielleicht, du kannst einen Bus nehmen oder dir ein Taxi rufen? Die Möglichkeit, daß du von diesem Einsatz befreit wirst, besteht im Moment einfach nicht, okay, McFlynn?« McFlynn will etwas sagen, aber Mattison spricht einfach weiter, achtet jedoch darauf, daß sein Ton dabei sanft, sanft, sanft bleibt, weil er nämlich gelernt hat, immer so zu reden, wenn er mit Insassen spricht, ganz gleich, womit sie ihn provozieren. »Falls dir diese Arbeit nicht paßt, tja, also, wenn du deinen feigen Arsch heute abend nach Hause zurückverfrachtet hast, kannst du Donna sagen, daß du keine Vulkanarbeit mehr machen willst, und dann streicht sie dich von der Liste. Du bist kein Gefangener, verstehst du? Wenn du nicht willst, mußt du das nicht machen. Es steht dir sogar vollkommen frei, morgen deine Sachen zu packen, das Haus zu verlassen und zu deiner Lieblingsdroge zurückzukehren. Aber heute nicht. Heute arbeitest du für mich, und wir arbeiten in San Dimas.«
McFlynn, der schon zu Beginn seines Genörgels gewußt haben muß, daß die Diskussion auf diese Weise enden würde, setzt gerade zu einer mißmutigen und obszönen Kapitulation an, als sich Gibbons über Funk aus dem Führerhaus des Transporters meldet. »Die Vulkanzentrale sagt, wir sollen schleunigst die Pumpe aufbauen, Matty. Dem Satellitenscan zufolge gibt es zwei Blocks östlich von uns auf der Bonita Avenue – der großen Straße da vorn – eine Lavabeule, die jeden Moment platzen kann, und wir sollen die Lava eindämmen, sobald sie auf uns zukommt.« Diesmal werden sie also direkt an vorderster Front stehen. Na prima, denkt Mattison. Oberaffengeil.
Sie steigen vom Transporter, verschließen ihre Anzüge und treffen die erforderlichen Vorbereitungen für die bevorstehende Eruption.
Da die Pumpe, die sie diesmal benutzen werden, ein Riesending ist, so ziemlich die größte, mit der Mattison jemals gearbeitet hat, teilt er nicht nur Prochaska und Hawks erneut für die Pumpencrew ein, sondern auch Clyde Snow und Blazes McFlynn, der nicht nur wegen seiner Kraft ganz vorn sein wird, sondern auch, weil Mattison ihn genau im Auge behalten will. Jedenfalls braucht er alle Muskelkraft, die er kriegen kann, wenn sie dieses große Gerät an eine andere Stelle befördern und drehen müssen, um die wandernde Lava im Zaum zu halten. Dem im allgemeinen zuverlässigen Paul Foust überträgt er die Aufgabe, die Pumpe selbst zu bedienen. Die übrigen – Randegger, Herzog, Evans und die drei Frauen, Doheny, Perez und Gulliver – verteilt
Weitere Kostenlose Bücher