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Das Jahr der Maus

Das Jahr der Maus

Titel: Das Jahr der Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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geöffnet, Lavaschlote dort, in dieser und jener Stadt sind Häuser zerstört worden, neue Straßenblockaden, und so weiter, und so weiter. Vielleicht war das blauweiße Licht, das er gesehen hat, nur ein enorm starker Scheinwerferstrahl von der Eröffnung eines neuen Einkaufszentrums in Anaheim oder Fullerton. Bei dieser verrückten Stadt weiß man das nie.
    Er geht nach oben – sein kleines Zimmer, das er ganz für sich allein hat. Er liest eine Weile, denkt über seinen Tag nach, geht ins Bett. Schläft wie ein Baby. Um fünf klingelt der Wecker, und er steht klaglos auf, duscht, zieht sich an und geht nach unten.
    Überall auf dem Bildschirm sind Lichter. Blaue für neue Fumarolen hier, hier und dort, ein neues rotes in der Nähe des Mount Pomona, und eine ganze Epidemie grüner Punkte für Austritte frischer Lava, offenbar im ganzen Gebiet. So schlimm hat es noch nie ausgesehen. Die Krise scheint in eine neue und sehr unangenehme Phase einzutreten. Die Vulkanzentrale wird sie heute wieder anfordern, soviel steht fest.
    Na ja, was soll’s? Wir tun, was wir können, und hoffen das Beste, Tag für Tag.
    Er macht sich Frühstück und wartet darauf, daß der Rest des Hauses aufwacht.
     
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    Originaltitel ›HOT TIMES IN MAGMA CITY‹ • Copyright © 1997 by Agberg Ltd. • Erstveröffentlichung • Mit freundlicher Genehmigung des Autors und Paul und Peter Fritz, Literarische Agentur, Zürich (#57.801) • Copyright © 2000 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München • Übersetzt von Peter Robert
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Stephen Baxter • England
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GEORGE UND DER KOMET
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    Es gab keinen jähen Ruck, keinen krassen Übergang von meiner damaligen zu meiner jetzigen Existenz. Ich wachte nicht etwa auf und stellte fest, daß ich mich verändert hatte. Ganz allmählich dämmerte es in meinem Bewußtsein, wie eine langsame Überblendung.
    Ich lag auf dem Rücken. Mir war ein wenig blümerant zumute. Ich bin – war – ein großgewachsener, kräftiger Mann, in meiner Jugend hatte ich viel Rugby gespielt … Doch wie ich nun dalag, kam ich mir klein und leicht vor, als könnte ein Lufthauch mich davonpusten.
    Ich starrte zum Himmel hinauf, der völlig fremd aussah. Zur Hälfte wurde er von einer morbiden Sonne eingenommen – einer gigantisch aufgeblähten roten Scheibe, über deren Oberfläche Blasen aus Feuer und dunkle Krater krochen. Und direkt über mir leuchtete ein Mond (dachte ich zuerst), eine Kugel, die brennende Gase abstrahlte, die von der Sonne wegströmten.
    Plötzlich wurde mir klar, daß es sich nicht um einen Mond handelte. Es war ein Komet. Was, zum Teufel, war hier los?
    Ein Gesicht schob sich in mein Blickfeld; ein Affengesicht, eine Maske aus Fell, die ein erschrocken dreinschauendes, blaues Augenpaar umrahmte. »Kannst du mich hören?« fragte der Affe. »Erinnerst du dich, wer du bist?«
    Ich schloß die Augen. Na also. Offensichtlich befand ich mich daheim in meinem Apartment in Islington und litt nach einem anstrengenden Tag unter Alpträumen.
    Ich war zweiunddreißig Jahre alt und im mittleren Management einer Software-Firma tätig. Wenn man mich von morgens bis abends herumscheuchte, konnte ich hinterher manchmal nicht abschalten; stundenlang wälzte ich mich dann nervös in meinem Bett, bis ich schließlich in einen unruhigen Halbschlaf fiel und von lebhaften Träumen heimgesucht wurde.
    Ich wußte also, was passierte … Aber ich konnte mich nicht entsinnen, was ich gestern getan hatte; ich hatte nicht mal einen blassen Schimmer, welcher Wochentag heute war.
    Ein stechender Schmerz in meiner Wange riß mich aus meinen Grübeleien.
    Zögernd öffnete ich die Augen. Die kränkelnde Sonne, der Komet, waren immer noch da, und ich merkte, daß über mir die Äste eines riesenhaften Baumes hingen. Mein Freund, der Affe, baumelte an einer Hand und einem Fuß von einem Zweig. Er hatte einen zarten, recht anmutigen Körper, aber die Haut schien ihm drei Nummern zu groß zu sein; wie ein Pelzmantel drapierte sie sich in losen Falten um die Schultern und Beine.
    Der Atem des Äffchens duftete süß, wie nach jungem Holz, und es kniff mich in die Wange.
    Ich hob den Arm, um seine Hand wegzuschieben, und wieder hatte ich das Gefühl, gewichtslos zu sein. Aus dem Augenwinkel sah ich meine Hand, eine mit hellem Fell bedeckte Pfote. Ich versuchte, mir darüber keine Gedanken zu machen.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte der Affe mit dünner Stimme. »Aber du träumst nicht. Es ist alles

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