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Das Jahr der Maus

Das Jahr der Maus

Titel: Das Jahr der Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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verlief langsamer, als ich vorausgesehen hatte. Noch dazu ist die Lage auf Geta viel schlimmer als auf Setra, weil sich der dortige Arzt nicht weigert, die Verwandlungen durchzuführen – und so fehlen auf Geta Arbeiter.
    Die Verwandlungsanträge mehren sich dort genauso wie hier. Sogar Zap selber sagte mir, daß er sich schon ganz reif fühle. (Laut Eva ist dieses allgemein verbreitete Gefühl kein Wunder: Auch auf der Geta haben sie die Essensrationen um die Hälfte herabgesetzt.) Ich appellierte an ihn, er sollte wenigstens bis zum Ende der Untersuchung aushalten. Ich habe ihm versprochen, daß ich versuchen würde, aus Eden nicht nur für Setra, sondern auch für Geta alles herauszubekommen.
    Doch bekomme ich überhaupt noch etwas?
    Ich fragte Eva, ob sich Geta nicht auch – wie wir – mit natürlichen Lebensmitteln aushelfen könnte. Sie hat mich ausgelacht. Auf der Geta herrschen vollkommen andere Lebensbedingungen als hier. Für die Lungen unerträgliche Atmosphäre – und das ist erst der Anfang einer langen Reihe von biofeindlichen Bedingungen. Ich bin ein gekrönter Trottel. Als wäre ich dort selber nicht unlängst gewesen. Doch das habe ich schon vergessen. Schließlich haben mich diese Sachen nie besonders interessiert. Die Stationen sind doch überall dieselben. Und Evas Idee, alle Menschen von Geta nach Setra zu evakuieren? Närrisch! Was würden die da tun? Und wer würde auf Geta arbeiten? Es bleibt nichts anderes übrig, als auf Eden alles zu erklären, zu erklären, zu erklären.
     
    235 HR 04
    Wieder zurück auf Setra und neuer häßlicher Auftritt mit Eva. Mehrmals war ich schon in einer Lage, wo es mir unmöglich erschien, mich zu entscheiden, was und wie weiter. Doch so etwas hatte ich noch nie erlebt.
    Also der Reihe nach.
    Auf Eden hatte ich gar nichts erreicht. Ja, ich hätte auch nichts erreichen können, da sie mich gleich am Anfang mit Vorwürfen begrüßten, daß ich mit meiner Erklärung die Situation unnötig dramatisiere. In Wirklichkeit hätte ich so viel Zeit gehabt, daß ich mir unter den gegebenen Umständen sogar erlauben konnte, die Bibliothek übermäßig zu beanspruchen. Ich hätte wieder das Konto der bewilligten Informationen überzogen. Ich bemühte mich nicht, verwundert und überrascht auszusehen.
    Wieder Eva! Doch ich hatte schon so viel Butter auf dem Kopf, daß ein Geständnis, ich hätte meiner Ärztin meinen Code zur Verfügung gestellt, meine Lage noch verschlechtern würde. Allerdings, meine ganze Begründung hatte an Überzeugungskraft verloren. Ich hatte nur ein paar Menschen erzwungen, tatsächlich bekam ich die ›X2‹, nicht daß ich daran irgendein Interesse hätte. Das waren nur die einzigen, die zur Verfügung standen. Aus Evas Notierungen wußte ich, der Typ X2 waren Frauen – das heißt physisch weniger leistungsstarke Arbeiter.
    Zu dieser Zeit wußte ich noch nicht, was dies alles bedeutete. Ich schaffte es nur, Evas Aufzeichnungen durchzublättern, und auf die Bezeichnung X2 war ich nur durch Zufall gestoßen. Zum ersten Mal, als ich wartete, bis Eden die Vorbereitung neuer Arbeiterinnen beendet hatte, damit ich sie nach Setra expedieren konnte (ein schöner Ausdruck – ›expedieren‹, doch auf Eden sagt man zu diesem Vorgang tatsächlich so). Da hatte ich etwas Zeit für mich gehabt und es geschafft, Evas Heft ganz zu lesen.
    Sie hatte eine Riesenarbeit erledigt. Ich glaube, sie zog aus der Bibliothek wahrscheinlich alles, was über die Erde zu finden ist, teilweise auch das über Eden. Die Eintragungen sind an einigen Stellen sehr persönlich formuliert – auch über mich, und Eva hat mir so auf alle meine Fragen geantwortet, die ich gestellt hatte und sogar auf zahllose weitere, die mir gar nicht eingefallen waren.
    Eva behauptete, daß die Eds sekundäre Überbleibsel einer höchstentwickelten technischen Zivilisation wären. Die ursprünglichen Bewohner Edens waren uns wenigstens darin ähnlich, daß sie Gliedmaßen hatten, mit deren Hilfe sie Werkzeuge bedienen konnten. Einige Zeit vor ihrem Untergang gelang es diesen Urbewohnern, durch eine biologische Synthese die Eds zu konstruieren. Wozu diese dienen sollten, wußte Eva nicht. Immerhin bestand die Möglichkeit, daß die Eds eine Vorbereitung zur Vorstufe eines synthetischen Superhirns waren, doch wurde diese Vorstufe nie erreicht. Sollten die Eds den ursprünglichen Edenianern helfen, Probleme zu lösen, die schließlich zu deren Untergang führten?
    Jedenfalls: Die Edenianer hatten

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