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Das Jahr der Maus

Das Jahr der Maus

Titel: Das Jahr der Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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machtest du ein besorgtes Gesicht.«
    »Ach, halb so schlimm. Es geschehen seltsame Dinge. Ob ich zu alt werde für das Quicksilvern?«
    Huang schmunzelt belustigt: »Ama [12] Hupo, ehrwürdige Ahnin, würden sich die Porno-Amazonen und die Dreadlockhackers um dich balgen, wenn du senil wärst? Was ist im Space passiert? Erzähl es mir, ich bin verschwiegen wie ein Anwalt.« Er bricht in ein vergnügtes Lachen aus, als sei es der beste Scherz seit Monaten.
    »Ist der vordere Teils des Autos schalldicht?«
    »Ja, ich habe die Miks entfernt. Als ich als Fahrer hier anfing, waren sie eine richtige Plage.«
    »Huang, kann ich dir wirklich vertrauen?«
    »Mehr als Leda bestimmt.«
    »Warum sagst du das?«
    »Sie ist genauso gierig geworden wie die Han-Brüder, für die du arbeitest. Sie hat die ideellen Werte dem Machtstreben geopfert. Je mehr sie besitzt, desto mehr muß sie ihre Reichtümer verteidigen.«
    Huangs klare Analyse, die von einer guten Beobachtungsgabe zeugt, besänftigt Amber.
    Sie greift nach einer Getränkedose mit Grüntee und trinkt einige Schlucke, bevor sie mit dem Fragen beginnt: »Arbeitest du mit Phil Wu zusammen?
    Warum haben die Marsarbeiter dieselbe Tätowierung wie du?
    Wer steckt hinter dem taoistischen Abt, der höchstwahrscheinlich eine KI ist?
    Wer hat die Fische angefertigt?«
    Huang pfeift anerkennend: »Gratuliere, jede Frage trifft voll ins Rote. Darf ich dir nun auch einige Fragen stellen?
    Warum sind alle mächtigen Konzerne an dir interessiert?
    Was verhandelst du mit dem Dine-Mann Martinez?
    Für wen arbeitest du wirklich?«
    Amber bricht in ein schallendes Gelächter aus, seit Wochen das erste Mal. Das tönt nach reinstem Spionagethriller. Und sie hielt ihr Leben immer für banal.
    Wieso sie von den wirtschaftlich einflußreichsten Cliquen umworben wird, ist ihr selbst nicht klar. Was Nelson betrifft, war es anfangs vor allem Verliebtheit, die sie den Kontakt aufrechterhalten ließ. Mit seinem Hilferuf scheint sich ihre Beziehung verändert zu haben. Sie scheint der einzige Mensch zu sein, dem er vertraut und der ihm helfen könnte, wenn er sich in reellen Schwierigkeiten befindet. Und für wen sie arbeitet, wird sich innert Kürze herausstellen. Bei HanNet hat sie bereits innerlich gekündigt, das offizielle Schreiben wird sie heute wegschicken. Bei den Geishas wird sie nicht einsteigen, das war ihr von Anfang an klar.
    Also wieder ganz allein und auf sich selbst gestellt, wie zu der Zeit, nachdem sie die Uni verlassen hatte und als Quicksilver anfing.
    Nein, sie ist einen entscheidenden Schritt weiter. Sie hat den Beweis, daß sich eine neue Koalition formiert, die kurz davor ist, aus dem Untergrund hervorzukriechen und sich offen in die Machtkämpfe einzumischen. Die Geschichte hat mit den Bios zu tun, Huang gehört dazu, er könnte einer der führenden Köpfe sein. Sich mit ihm zu verbünden, würde bedeuteten, auch seinen vollen Schutz zu genießen.
    Sie spricht ihren Vorschlag beiläufig und klar aus: »Bevor ich antworte, möchte ich mit dir eine Vereinbarung abschließen. Wir arbeiten von jetzt an zusammen, sind einander aber auch zu voller Ehrlichkeit und Unterstützung verpflichtet. O.k.?«
    »Heißt das, du wirst bei HanNet aussteigen und nicht zu den Geishas wechseln?«
    »Huang, die Sache gilt.« Sie hält ihm die rechte Hand hin, die er ergreift und sanft drückt. Eine Welle von Verbundenheit und Mitgefühl verbindet sie.
    Das Auto ist an den wohlhabenden Villen und Palästen Newbangs vorbeigeschossen, die von palmengezierten Gartenanlagen umgeben waren. Sie fahren bereits durch die ausgedehnte Industriezone mit ihren Hitech- und Biotechfertigungsanlagen. Langgezogene Metall- und Glasgebäude in großzügig bewässerten Rasenflächen mit Baumbestand. GBT wird nicht mehr weit sein.
    Huang hält ihre Hand fest und wendet sich ihr zu. Sein besorgtes Gesicht läßt sie aufhorchen. Zögernd spricht er die Sätze: »Du hast völlige Ehrlichkeit von mir verlangt. Nun gut. Fangen wir mit dem Unausweichlichen an. Ich habe dir etwas zu sagen, das du vermutlich nicht gerne hören wirst. Du bist ein Bio, genau wie ich. Du wurdest von einer Familie in Singa adoptiert. Sie hätten dich über deine Herkunft orientieren müssen, hatten aber nicht den Mut dazu. Ich freue mich, daß du dich uns angeschlossen hast.«
    Amber spürt, wie sich die Geschwindigkeit des Autos verlangsamt. Der Chevy schlägt einen eleganten Bogen ein und kommt auf einem reservierten Parkfeld zum Stehen.
    Mit

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