Das Jahr der stillen Sonne
Mauern bauen und trieben keinen Handel mehr; die Städte wurden arm und führten Krieg gegeneinander, und die Sonne war nicht ruhig.
Eine Plage kam aus dem Unrat über Har-Magedon, wurde von den Drachen verbreitet und bedeckte das Land wie ein Nebel im Morgengrauen. Die Plage war eine schlimme Krankheit der Augen, der Nase, der Kehle, des Kopfes, des Herzens und der Seele; sie ließ die Haut abfallen und die Menschen wie Tiere werden, die einsam waren in ihrem Leid, weil ihre Brüder voll Entsetzen vor ihnen flohen.
Und als dies geschah, rief Michas Stimme aus, dies sei das Ende aller Tage; und die Stimme Elischas rief aus, dies sei das Ende aller Tage; und der Geist Hesekiels wurde in den Mauern der Stadt gesehen, wo er jammerte und wehklagte, dies sei das Ende aller Tage.
Und so geschah es.
(Die nächste Textzeile bestand aus einem einzigen aramäischen Wort, das Dunkelheit oder Zeit oder Generation bedeuten konnte. Es ließ sich am besten mit Interregnum wiedergeben.)
Der Mann, der zwei Männer war, erhob sich von seinem Lager (Grab?) in der Unterwelt und war zornig über den Zustand des Landes. Er zerteilte die Erde des Tempels (kam aus dem Grab?) und machte sich wütend daran, die Drachen vom Berg zu vertreiben. Er hob seinen Stab, schlug gegen die Mauern und gebot den Familien, wieder in Freiheit zu leben; er gewährte dem Wanderer Nahrung und Unterkunft und beriet ihn und führte seine Hand an den Zeltstrick; er forderte seinen Verwandten auf, seinen Raum (Haus?) zu betreten und darin zu rasten; er arbeitete unablässig, um den Schaden, den das Land genommen hatte, wiedergutzumachen.
Als die Sonne wieder ruhig war, füllte der Mann, der zwei Männer war, den Brunnen (Zisterne) auf und reinigte den Himmel von allem Schmutz. Die Drachen flohen aus ihren schlimmen Nestern, und die Plage verschwand mit ihnen in einen anderen Teil der Welt. Der Mann sah zum Tempel auf und erblickte ein großes, helles, gelbes Licht, das den Himmel von einem Rand der Welt bis zum anderen erfüllte: Es war ein Zeichen und Versprechen der heiligen Propheten für den Mann, daß die Welt wieder neu erschaffen und friedlich war. Die Blumen blühten, und der Weinstock trug. Die Sonne war ruhig.
Der Mann, der zwei Männer war, ruhte auf seinem Lager unter der Erde (Grab?) und war zufrieden.
Brian Chaney sah zu den beiden anderen hinüber. Arthur Saltus las den fotokopierten Text gelangweilt durch; er schien sich davon nicht viel zu erwarten. Aber Major Moresby studierte ihn so eifrig, als habe er ihn heute zum erstenmal in der Hand.
Eines der drei Telefone klingelte.
Kathryn van Hise sprang auf, um den Anruf zu beantworten. Die drei Männer beobachteten sie.
Das Gespräch war nur kurz. Die junge Frau hörte aufmerksam zu, sagte mehrmals: »Ja, Sir«, und versicherte dem Anrufer, die Ausbildung verlaufe planmäßig. Dann wiederholte sie: »Ja, Sir«, und legte auf.
»Los, heraus mit der Sprache, Katrina!« forderte Saltus sie auf.
»Die Ingenieure haben die Erprobung abgeschlossen; das Fahrzeug ist jetzt betriebsbereit. Die ersten Tests mit Ihnen werden bald beginnen, Gentlemen. Mr. Seabrooke hat vorgeschlagen, daß wir uns aus diesem Anlaß den Tag freinehmen. Wir treffen uns nachmittags mit ihm am Swimming-pool.«
Arthur Saltus stieß einen lauten Schrei aus, sprang auf und lief zur Tür. Major Moresby raffte seine Papiere zusammen und folgte ihm bedächtig. Brian Chaney warf die Fotokopie der Schriftrolle in den Papierkorb, bevor er den Besprechungsraum verließ.
6
Brian Chaney tauchte prustend auf und kraulte zum Beckenrand. Er hielt sich dort fest und rieb sich die Augen, die von dem gechlorten Wasser brannten. Zwei seiner Gefährten planschten im Wasser hinter ihm, während der dritte – Major Moresby – im Schatten vor einem Schachbrett saß und geduldig auf einen Herausforderer wartete. Am Swimming-pool waren noch einige andere Liegestühle besetzt, aber niemand schien an einer Partie Schach interessiert zu sein.
Chaney sah sich nach den im Wasser Spielenden um und empfand leichte Eifersucht. Er kletterte aus dem Becken, ging zu seinem Liegestuhl und griff nach einem Handtuch.
»Tag, Chaney«, sagte Gilbert Seabrooke.
Der Projektleiter saß ganz in der Nähe unter einem bunten Sonnenschirm, hatte ein Glas in der Hand und beobachtete die Badenden. Dies war sein erster Auftritt.
Chaney ging auf ihn zu. »Guten Tag. Sie sind also das rote Telefon.« Sie schüttelten sich die Hände.
Seabrooke lächelte
Weitere Kostenlose Bücher