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Das Jahr der stillen Sonne

Das Jahr der stillen Sonne

Titel: Das Jahr der stillen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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Stimmen erhoben, aber wir haben keinen Anlaß, uns noch heute Sorgen wegen ihrer Warnungen zu machen.«
    »Aber die Stimmen dieser biblischen Propheten klingen doch recht streng, recht beunruhigend«, wandte Seabrooke ein.
    »Ich kann den Zerfall der Vereinigten Staaten voraussagen«, erwiderte Chaney gelassen. »Bekomme ich dafür einen Orden?«
    Seabrooke starrte ihn an. »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meine, daß in zehntausend Jahren alles zu Staub zerfallen sein wird. Nennen Sie mir eine einzige Nation, die seit Beginn unserer Zivilisation, seit fünf oder sechs Jahrtausenden existiert!«
    »Ja, natürlich …«
    »Nichts ist ewig. Auch die Vereinigten Staaten nicht. Mit etwas Glück existieren sie so lange wie Jericho.«
    »Wie lange wäre das?« fragte Seabrooke gespannt.
    »Jericho ist die älteste Stadt der Welt«, erklärte Chaney ihm. »Sie ist unzählige Male niedergebrannt, zerstört und wiederaufgebaut worden, aber sie wird seit mindestens sechstausend Jahren ständig bewohnt. Vielleicht haben die Vereinigten Staaten ebensoviel Glück.«
    »Hoffentlich!« rief Seabrooke aus.
    Chaney nickte. »Lassen Sie diesen biblischen Unsinn«, riet er ihm, »und befassen Sie sich mit aktuellen Problemen. Machen Sie sich Sorgen wegen der amerikanischen Tendenz zum Rechtsradikalismus, wegen der Hippie-Jagden der letzten Zeit und wegen eines schwachen Präsidenten, der nicht einmal seine eigene Partei unter Kontrolle hat.«
    Seabrooke gab keine Antwort.
     
    Brian Chaney rückte seinen Liegestuhl etwas nach vorn, um Kathryn van Hise besser sehen zu können. Er war nicht der einzige, der sie vom Beckenrand aus bewundernd anstarrte. Chaney wandte sich schuldbewußt ab, als er merkte, daß Seabrooke ihn amüsiert lächelnd beobachtete.
    »Das ZVF ist also betriebsklar?« fragte Chaney, bevor der andere etwas sagen konnte.
    »Seit heute morgen«, bestätigte der Projektleiter. »Wir haben jahrelang konstruiert, gebaut und getestet. Jetzt beginnt die praktische Arbeit.«
    »Warum haben die Vorbereitungen so lange gedauert?«
    Seabrooke sah ihm ins Gesicht. »Durch das Fahrzeug sind bereits neun Männer umgekommen, Chaney. Hätten Sie etwa der zehnte sein wollen?«
    »Nein, natürlich nicht!«
    »Unsere Ingenieure haben das Fahrzeug immer wieder getestet, bis auch die letzten Zweifel beseitigt waren. Wären noch welche geblieben, hätte das Projekt beendet und das Fahrzeug verschrottet werden müssen. Wir hätten alle Zeichnungen, Unterlagen und Notizen vernichtet, so daß keine Spur des Fahrzeugs zurückgeblieben wäre.« Seabrooke machte eine Pause. »Sie kennen doch den Grundsatz, daß zwei Gegenstände nicht zur selben Zeit denselben Raum einnehmen können?«
    »Das ist eine elementare Tatsache.«
    Seabrooke nickte. »Sie ist so elementar, daß unsere Ingenieure sie anfangs übersehen haben. Neun Männer sind gestorben, weil das Fahrzeug im gleichen Augenblick, in dem es gestartet war, an seinen Ausgangspunkt zurückkehrte und dort den gleichen Raum einzunehmen versuchte.« Er zögerte kurz. »Die Folgen können Sie sich vielleicht vorstellen: Das Laboratorium war ein einziger Trümmerhaufen. Der Ingenieur in dem Fahrzeug und acht seiner im Labor arbeitenden Kollegen waren auf der Stelle tot. Das war eine unglaubliche Katastrophe, ein unbegreifliches Versehenaber es ist passiert. Einmal.«
    Seabrooke machte eine Pause, bevor er fortfuhr: »Wir haben einige Lehren daraus gezogen. Wir haben das Labor explosionssicher wieder aufgebaut und das Fahrzeug umkonstruiert, so daß es einen gewissen Sicherheitsfaktor automatisch berücksichtigt. Mit diesen einundsechzig Sekunden sind wir zufrieden.«
    »Ich habe sie schon mehrmals mitgezählt«, stellte Chaney fest. »Jede Reise kostet mich also eine Minute meines Lebens? Oder verliere ich auch die Zeit, die ich in der Zukunft verbringe?«
    »Nehmen wir einmal an, Sie würden um Punkt zwölf Uhr starten«, antwortete Seabrooke, »und kämen einundsechzig Sekunden später zurück, dann wären Sie tatsächlich nur um diese Zeit gealtert. Wie lange Sie in der Zukunft bleiben, spielt keine Rolle; Sie könnten zehn Jahre dort bleiben und kämen trotzdem eine Minute nach Ihrem Start wieder an. Wenn wir das nicht genau wüßten, würden wir gleich aufgeben.«
    »Danke«, sagte Chaney. »Wie schützen Sie Ihre Männer jetzt?«
    »Durch Stahlbetonwände und Fernbeobachtung. Die Ingenieure arbeiten nebenan, sind aber durch zwei Meter Stahlbeton von Ihnen getrennt. In ihrer Zentrale haben sie

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