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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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sowieso egal, weil die Elfe in diesem Moment ihre Möse am Bein ihres ebenfalls schwarzgewandeten und überdies auffallend pickligen Freundes rieb und ihm ihre Zunge ins Maul schob. Ekelhaft. An einem Tisch wurde ein Stuhl frei. Und schon saß ich zwischen total bekifften Typen, die von Dingen schwärmten, die mich nicht mal im Vollrausch begeistern würden. Der eine stellte sich ein Leben als Schäfer in der Heide vor, fand die Vorstellung geil, die Schafe eigenhändig zu scheren und ihre Wolle selbst zu verarbeiten, fühlte sich magisch zur Natur hingezogen, sagte allen Ernstes, sein einziges Streben sei, sich mit Mutter Erde zu verbinden. Sein Freund hingegen, Verehrer von Stanislaw Lem und Isaac Asimov, strebte dem Weltall zu, suchte überall und zu jeder Zeit den Kontakt mit Außerirdischen und war davon überzeugt, dass ihn eines Tages ein extraterrestrischer Raumschiff-Kommandant zu einer Reise durch die Galaxis einladen werde. Die einzige Frau am Tisch, sehr korpulent, aber dank niedlicher Grübchen in den Wangen, erotischer Lippen und der gigantischen Brüste unter einem elastischen T-Shirt, für mich, den Betrunkenen, in diesem Moment eine Sex-Priesterin – ach was, viel mehr, eine Göttin, die Venus, die meine sexuellen, teilweise abgründigen Wünsche auf übersinnliche Weise erfüllen würde, sprach auch erfrischend locker vom Ficken, von klitoralem und vaginalem Orgasmus und überhaupt von sexueller Befreiung und so, dass ich, innerlich stöhnend, vor Geilheit erschauernd, ihre Worte, den Klang ihrer Stimme gierig in mich aufsaugte – bis sie, satt lächelnd, verkündete, sie sei momentan so dermaßen stark, also volles Rohr, in einen Typen verknallt, dass sie komischerweise null Bock auf andere Männer hätte. Ja, super, hätte sie auch gleich sagen können. Ich fand’s volles Rohr scheiße, bedachte sie im Stillen mit ein paar ultraharten Beleidigungen, hatte mich aber selbstredend damit abzufinden, was mir relativ leicht fiel, da kurz darauf mein Tischnachbar, der mich, eindeutig mit einer Prise Wahnsinn im Blick, angeglotzt hatte, schließlich anfing, mich auszufragen – nicht etwa fordernd, misstrauisch, indiskret oder so, ganz und gar nicht, einfach nur interessiert, wenn auch mit diesem unangenehmen Glotzen, also glasig, mit hervorquellenden Augen, starr, wahrscheinlich harmlos, vollgesogen mit Alkohol und anderen Giften. Ich hatte nichts Besseres vor und befand mich ohnehin in der Stimmung, aller Welt mitzuteilen, wer ich eigentlich war. Die Musik fand ich ätzend, als Background für meine Erzählung nahezu beleidigend, Sirtaki, Gott bewahre, war aber nicht zu ändern und wurde von mir demütig hingenommen, da mich die Leute hier offenbar akzeptierten. Ich redete mich also laut und deutlich in eine Art von Ekstase, kippte mein ganzes Leben auf den Tisch, den Rock’n’Roll, das Autoknacken, den Banküberf all, die Jahre im Knast, die verlorene Beute, flocht, nicht etwa kühl berechnend eingesetzt, sondern momentan hochemotional und daran glaubend, systemkritische Sätze ein, vermied jedoch solche abgenagten Begriffe wie
Schweinesystem
oder
Fascho-Bullen
. Anschließend labte ich mich am positiven Feedback. Als die Korpulente, eine Hand auf meinem Knie ablegend, meine Untaten scharfsinnig als eine
radikale Version der Auflehnung
bezeichnete, hätte ich sie auf der Stelle besteigen können. Lüstern hoffte ich, ihre Hand würde sich, das Knie, den Schenkel streichelnd, weiter in Richtung – na ja – Penis bewegen. Zart zuerst, dann zunehmend kräftig werdend, glomm und bald schon flammte in mir die Hoffnung, dieses dralle, ziemlich betrunkene, in irgendein langweiliges Arschloch verliebte, doch grundsätzlich der freien Liebe zugeneigte Objekt meiner Begierde würde mich nicht nur interessant, sondern auch und vor allem erotisch finden.
    »Das Dreckstück hat dich um 60 000 Mark gelinkt?«, schrie der Glotzaugen-Typ fassungslos. Er vereitelte dadurch vorerst meine Annäherung an das Ziel meiner Geilheit – ich hätte ihm gern eine reingehauen –, doch daraufhin loderte seine Empörung hell auf, griff, einem Buschfeuer gleich, auf die anderen Tische über, erfüllte bald den ganzen Raum, und schon war ich umzingelt von Besoffenen, Bekifften und, wie ich annahm, Manisch-Depressiven, die sich gerade in der manischen Phase befanden, auf jeden Fall freuten sich alle, in Hans Lubkowitz, dem Opfer staatlicher Terrorjustiz, einen Märtyrer gefunden zu haben. Auch der Mann hinterm Tresen gab sich

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