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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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nur auf ein Zeichen von Unsicherheit, auf eine undichte Stelle.
    Erst mal nur Gebrumme und Gegrunze. Endlich bequemte sich ein breit gebauter Älterer, der sein gewelltes Silberhaar noch auf die altmodische Art mit Pomade verkleisterte, zu einer Antwort, leicht von oben herab, was mich nicht störte, gehörte ja zur Imagepflege, denn der Pomadisierte schien hier der King zu sein. Seine Stimme war rauh und ein wenig gurgelnd, so ’ne Schnaps- und Tabakstimme. »Du hast also den Knochenbrecher ausgeknipst?«
    Bedauernd schüttelte ich, die Unterlippe vorschiebend, den Kopf. Das Bedauern war in diesem Moment echt. Oh ja, in diesem Augenblick wünschte ich, der Knochenbrecher wäre von mir persönlich ausgeknipst worden, mit einem sauberen Schuss zwischen die Augen. Das hätte zwar meine Alpträume noch intensiver gestaltet, würde mir aber jetzt das Rückgrat enorm stärken. Bloß keine Scheiße labern, sagte ich mir, dann bist du unten durch. »Das waren die Bodyguards eines arabischen Bordell-Besuchers. Allerdings muss ich gestehen, dass ich das Timing organisiert habe. Der Knochenbrecher wollte uns plattmachen, weil ich ihm in München einen Kerzenleuchter übergezogen und ihm dann zehn Maschinenpistolen abgenommen habe. Uzi. Und da dachte ich, es könne von Vorteil sein, ein paar Profis im Rücken zu haben. Eigentlich hatte ich mit Rudi ganz in Ruhe reden wollen, aber der Penner hat volle Kanne die Tür eingetreten. Bei arabischen Bodyguards ist da bekanntlich gleich die Ehre im Spiel. Die haben’s ja so mit der Ehre, die braungebrannten Jungs.«
    Ob ich den Eindruck, das Thema sei mir nicht allzu wichtig, erweckt hatte, konnte ich leider nicht erkennen, weil die Burschen ja Profis waren und deshalb ihre Empfindungen immer gut gesichert in eines der vielen Verliese in ihren Köpfen sperrten. Immerhin schien mein Bericht keine üblen Gefühle entfacht zu haben, denn erst mal schmunzelten alle – unverbindlich, logo, um keinen Fehler zu machen –, bis ein Lachanfall den Alten zucken und nicken ließ, zur Erleichterung der anderen, die eindeutig mehr als nur schmunzeln wollten und nun ungehemmt mitlachen durften.
    Kaum hatte der Grauhaarige seine Hand in die Kneipenluft gestreckt, stand schon eine der Damen vor ihm.
    »Heidi-Schatz, gib dem jungen Mann was zu trinken, sei so nett!«
    Jack Daniel’s, alles klar, und nun die Zigarette – immer wieder ein Erlebnis. Der Alte neigte sein Ohr zu mir, ohne mich dabei anzusehen und meinte natürlich mich, als er wie zu sich selbst sprechend murmelte: »Hast’n Puff gehabt, hörte ich. Bankraub, hm? Sieben Jahre? Auch andere Sachen? Ich spreche nicht von Ladendiebstahl oder Kindern ihre Bonbons wegnehmen.«
    »Klar, ich meine, na ja, nix Dolles.« Über meinen Status in dieser Runde machte ich mir keine Illusionen. Leo, na gut, aber dass er noch eine Stufe unter mir angesiedelt war und dort vermutlich den Rest seines Lebens verbringen würde, änderte nichts an meiner Position. »Früher hab ich Nobelschlitten auf Bestellung geklaut, Mercedes, Porsche, Jaguar und so«, antwortete ich, da mir nichts Besseres einfiel. Die erste Lüge. Ich musste vorsichtig sein.
    »Verstehe. Und warum hast du den Puff dichtgemacht?«
    »Nach der Schießerei haben meine beiden Angestellten gekündigt.«
    »Hä? Du hast sie einfach gehen lassen?«
    »Ich bin ein freundlicher Mensch.«
    »Natürlich. Mit Freundlichkeit kommt man weit im Leben.« Ungeniert zwinkerte der Alte in feixende Gesichter. »Ein freundlicher Mensch also. Da bist du an unserem Tisch in bester Gesellschaft. Was machst du in Hamburg außer freundlich sein?«
    »Zur Zeit liege ich meistens auf dem Bett und beobachte den täglich größer werdenden Feuchtigkeitsfleck an der Zimmerdecke.«

»Aber deswegen bist du nicht nach Hamburg gekommen.«
    Mein Blick huschte über die Gesichter. Es kam mir vor, als hätte ich sie alle schon im Knast getroffen. War natürlich nicht so, aber jeder aus dieser Runde verkörperte einen bestimmten Typus, dem man in jedem größeren Knast begegnete. Der freundliche Typ war allerdings nicht darunter. Nun, ich verzog den Mund zu einem lakonischen Grinsen, dann erzählte ich ihnen von Geli, von den 60 000 Mark, die ich mir wiederholen wolle.
    Die Erwähnung einer konkreten fünfstelligen Geldsumme rief bei solchen Leuten Reflexe hervor, die zwar nicht so extrem ausfielen wie die des Pawlow’schen Hundes, doch eine gewisse Unkontrolliertheit war zu erkennen: Zungen strichen über Lippen,

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