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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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grüßten vertraulich. Gutes Zeichen, nahm ich an. Am Tresen stand Leo, diesmal in weißem Disco-Anzug und schwarzem Hemd. Als er mich sah, strahlte sein unwirklich schönes, wenn auch leeres Schaufensterpuppen-Gesicht; schon stand er neben mir, reichte mir seine schlaffe Flosse und murmelte gar nicht cool, sondern aufgeregt in mein Ohr: »Hallo, Alter, alles klar? War doch geil gestern, was? Hör mal, äh, wenn du bei denen einsteigen kannst, wäre es geil, wenn ich irgendwie mit dir zusammen …, verstehst du? Ich hab dich ja mit denen bekanntgemacht, also nicht, dass du mir was schuldig …, nein, so mein ich das nicht, aber ich brauch unbedingt einen Job, um über die Runden zu kommen. Ich bin zwar – kein Scheiß – ein begnadeter Frauenaufreißer, hab aber noch keine mit richtig dicker Patte aufgerissen.« Sein breites Gigolo-Lachen legte die – oh ja, alle Achtung – makellosen Zähne frei.
    Swing. Irgendeine Big Band, vielleicht Benny Goodman. Ich stellte fest, dass ich immer noch Leos Hand wie einen Lappen hielt und befreite mich davon. Da ich viel zu nervös war, um das Gemurmel ertragen zu können, warf ich ihm einen Knochen zum Abnagen hin, die erstbeste Leerformel, die mir einfiel, so was wie ›mal sehen, was sich machen lässt‹, ohne den Gigolo anzusehen. War mir völlig wurscht, ob dem die Antwort schmeckte. Dann gab ich mir einen Ruck und steuerte den runden Tisch an.
    »Nimm dir einen Stuhl und setz dich zu uns.« Berti, jovial, ließ seine Hand einladend flattern, um sie gleich darauf hochzurecken. Sofort trippelte eine der Damen heran. Heidi-Schatz. »Jack Daniel’s auf Eis?« Sie wusste es noch, und ich fühlte mich geschmeichelt. Doch es kam noch viel besser. Atze warf grinsend und überaus lässig ein Bündel Banknoten auf den Tisch. »Der Rest von deiner Beute, 2 000 Dollar. Es waren tatsächlich 4 000, aber ich hab die Hälfte als Bearbeitungsgebühr behalten. Ist doch okay für dich, oder?«
    Verblüfft starrte ich abwechselnd auf die Scheine und auf Atze, durch meinen Kopf flatterte, aufgeschreckten Vögeln gleich, ein Schwarm unfertiger Gedanken. »Mein Geld?«
    »Deine Knete.« Atze weidete sich an meinem Gesichtsausdruck. »Steck’s lieber gleich ein, ehe sich’s einer der Gangster hier krallt.«
    Allgemeines Schmunzeln.
    »Wieso Dollars? Kann mich nicht erinnern, Dollars geraubt zu haben.«
    »Ist doch scheißegal. Was anderes hatten sie nicht im Haus. Entweder haben sie deine Asche schon verpulvert – dann stammen die Dollars aus ’ner anderen, wahrscheinlich ebenso trüben Quelle –, oder sie haben Kohle umgetauscht, um, was weiß ich, nach Goa oder Gomera abzuhauen.«
    Abermals allgemeines Schmunzeln.
    Während ich das Geld in meiner Jacke verstaute, bemühte ich mich, die in mir wabernde Erregung so gut wie möglich zu bemänteln und meine Bewegungen nicht fahrig, sondern lässig aussehen zu lassen; ein Schwall von Gedanken drängelte vor meinem Sprachzentrum in der Hoffnung, ausgesprochen zu werden, doch ich beschränkte mich vorerst auf ein gestammeltes Dankeschön, dann schob ich ein »Atze, das find ich verdammt korrekt von dir« hinterher.
    Die anderen rissen einige Witze in der Art von »Atze ist zu gut für diese Welt« und »Atze braucht dringend ein paar gute Taten für später, fürs Jüngste Gericht«, und Berti Drossel lächelte kühl, hob sein Glas und sagte: »Bevor hier noch weiter rumgesülzt wird, lasst uns anstoßen. Das ist wieder einer dieser angenehmen Tage. Ich spreche natürlich nicht vom Wetter. Das wird die nächsten Wochen beschissen bleiben.«
    Begeisterte Zustimmung. Berti hatte wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen.
    »Wie ist das abgelaufen?« Ich schob Atze meinen Kopf entgegen. Der winkte gelangweilt ab. »Kein Thema. In fünf Minuten war alles gelaufen. Die Fotze war sofort einsichtig, aber die beiden Rocker hatten uns offenbar nicht richtig eingeschätzt. Ich weiß auch nicht, für wen sie uns hielten – für Gerichtsvollzieher oder Staubsaugervertreter, keine Ahnung. Jedenfalls werden sie sich in den nächsten Tagen nur unter Schmerzen bewegen können. Der Schlampe hab ich übrigens in deinem Namen einen Arm gebrochen.«
    Entsetzen durchsprudelte mich. »Was hast du?«
    Atzes Lachen klang souverän und frei. »Das war ein Scherz, Hansi. So’n Scheiß mach ich doch nicht. Ich hab sie nur gefickt. Hab ihr nicht wehgetan, ich schwör’s dir.«
    War das jetzt auch ein Scherz?, fragte ich mich, verzog aber vorsichtshalber den

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