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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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unerwünschte Eindringlinge ansehen, was auf eine gewisse Hippie-Mentalität schließen lasse.
    »Na ja«, sagte ich, »das mag sein, aber wie Elvis auf andere Pelztiere reagiert, weiß ich nicht. Er war ja ein Streuner. Und letztens hat er eine Zwei-Zentner-Frau fast massakriert.«
    »Zwei Zentner?« Doris sah mich tadelnd an. »Jetzt wirst du fies. Wenn ich mich rech erinnere, wolltest du diese Frau ficken.«
    »Hä?«, riefen Bülent und Eddy unisono. Ich winkte beruhigend ab. »Es kam ja nicht dazu.«
    Wir sperrten den Killer-Kater erst mal in das mir und Doris zugedachte Zimmer.
    Schöne Wohnung. Klasse renoviert, behaglich eingerichtet, mit Bauernmöbeln im Esszimmer und in der Küche, rostigen Eisen-Skulpturen aus Teilen landwirtschaftlicher Geräte in der Diele und behaglichen Sesseln und Sofas im Wohnzimmer, dessen Wärme einem vermutlich steinalten Kachelofen zu verdanken war. Das Wohnhaus, erklärte Eddy, sei eine ehemalige Räucherkate aus dem 18. Jahrhundert, mit Eichenfachwerk. Das Wirtschaftsgebäude mit Tenne, Stall und Heuboden habe man in den 50er Jahren angebaut, und er habe daraus ein Tonstudio und einen Partyraum gemacht.
    Dann nahm er einen Topf mit Irish Stew vom Herd und stellte ihn auf den Tisch. »Ist mit Lammfleisch«, sagte er beruhigend zu Bülent, der den Eintopf mit äußerster Skepsis beäugte, aber nach einer Probe als essbar akzeptierte.
    Zu trinken gab es Mineralwasser und Rotwein, einen nach meiner Ansicht viel zu leichten, ja geradezu substanzlosen badischen Trollinger. Ich war zwar in einer Weingegend aufgewachsen, klar, Würzburg, überall Spitzenlagen, Würzburger Stein und so, hatte aber nie eine Beziehung zu dieser Version konsumierbaren Alkohols entwickeln können. Substanzloser Trollinger, dachte ich belustigt, das klingt verdammt professionell. Aber der etwas zu liebliche Wein war mir dennoch recht, denn Eddy hatte zuvor nebenbei erwähnt, dass er davon noch mindestens 15 Kisten hätte.
    »Lebst du hier alleine?«, fragte Bülent misstrauisch, vermutlich aus Sorge um meine Ehre. »Hast du keine Frau?«
    Eddy, der den Hintergrund der Fragen womöglich erahnt hatte, lächelte verstehend und sagte, er habe sich vor einiger Zeit von seiner Freundin getrennt und momentan nicht das geringste Bedürfnis nach einer engen Beziehung. »Die Trennung von einer Frau, die dir viel bedeutet hat …«, erklärte er langsam, mit sonorer Stimme, Bülent ein transzendentes Lächeln schenkend, »… ist jedesmal wie eine schwere Krankheit. Man erholt sich nicht so schnell davon, es bleiben tiefe Narben, und dennoch oder gerade deshalb blüht in solchen Stunden die Kreativität.«
    In der ersten Stunde wurde, wie von mir befürchtet, gnadenlos in Erinnerungen gewühlt, später kamen die Jahre nach der Trennung an die Reihe, und Bülent und ich waren nicht mehr als Statisten, auch wenn Eddy und Doris, der Höflichkeit halber, hin und wieder auf uns schauten, was erklärten und so taten, als würden sie uns einbeziehen. Na ja, sagte ich mir schicksalsergeben, kann ja nicht schaden, einiges über diesen Mann zu erfahren. Er wirkte ungemein selbstsicher, gab sich entspannt, sehr freundlich und unverstellt, war drei Jahre älter als ich, Rock’n’Roller bis ins Mark, stammte aus Hamburg und hatte Anfang der 60er Jahre eine Band gegründet, die Tramps. Sie waren sogar im
Star-Club
aufgetreten, bei einem Beat-Band-Wettbewerb, hatten jedoch einen schlechten Tag gehabt, weil der Schlagzeuger völlig besoffen gewesen war. Danach waren sie jahrelang durch Süddeutschland getingelt und vor allem in Clubs aufgetreten, deren Gäste überwiegend aus GIs bestanden hatten. Sie hatten damals bei den Amis einen guten Ruf gehabt, weil sie, wie Eddy, stolz und sympathisch errötend, erwähnte, die einzige deutsche Band gewesen sei, die den Rock’n’Roll
verstanden
hätte. Dann, in der Hippie-Zeit, als auch musikalisch die Sau rausgelassen worden war und sich zahllose Richtungen entwickelt hatten, war die Band zerbrochen, da jedes Mitglied in eine andere Richtung hatte gehen wollen – vom fetten Canned-Heat-Blues über indische Meditationsmusik und die Velvet-Underground-Schiene bis – allen Ernstes – hin zu Amon Düül. Eddy hatte sich in München niedergelassen und dort als Konzert-Veranstalter ziemlich gut verdient. Auf einem Blues-Festival bei Nürnberg, auf dem sich deutsche Blues-Bands wacker gegen einige schwarze Blues-Legenden wie Champion Jack Dupree und Buddy Guy zu behaupten versucht hatten,

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