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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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einem Hoffnungsschimmer im verkaterten Gesicht: »Wenn ich endlich an die Kohle rankomme, könntest du doch hier einziehen. Du müsstest nicht arbeiten, wir könnten in Saus und Braus leben, mit dem Buick rumkurven, Platten hören – lauter solche Sachen …«
    Ich hatte nicht vorgehabt, Doris zu erwähnen. Es fiel mir einfach so aus dem Mund: »Ich bin verliebt. Da ist so ’ne Arbeitskollegin. Sie wohnt im Zimmer nebenan.«
    Angewidert erhob sich Fred, ging zum Fenster und starrte hinaus. »So ’ne Schlampe, die sich von jedem besteigen lässt? Du bist nicht verliebt. Du willst deinen Schwanz in ihre Dings stecken. Nach zwei Monaten verschwindet sie in eine andere Stadt, ins nächste Hotel, und macht dort die Beine breit.«
    Ich stand ebenfalls auf. In meiner Stimme schwang Verärgerung. »Ach, was weißt du denn. Ich hab keine Lust, mit dir über Frauen zu reden.«
    »Du hast ja damit angefangen. Meinetwegen brauchen wir nicht über Frauen zu reden. Obwohl ich nichts gegen Frauen habe. Was ich allerdings nicht leiden kann, ist so’n falsches Biest, das mir aus Langeweile oder Bosheit den Freund ausspannt. Ich wette, du hast ihr von uns erzählt – und schwups! hat sie dich an ihre klebrige Muschi gelassen.«
    »Mach’s gut, Fred.« Ich schnappte mir meine Jacke und ging.
    »Hey, Mann, warte doch! Seh’n wir uns nächste Woche?«
    »Räum hier erst mal auf!«, rief ich über die Schulter zurück.
    Im Hotel hatte es gerade Abendbrot gegeben. Den berüchtigten Wurst- und Käseaufschnitt mit Fleischsalat, Gewürzgurken, Margarine und dünnen Brotscheiben. Frau Schmehle diskutierte mit einer aufgebrachten Abordnung der Gäste.
    »Wenn wir noch einmal vergammelte Wurst vorgesetzt kriegen, ist hier aber die Kacke am Dampfen!«
    »Was faseln Sie denn da für einen Blödsinn? Die Wurst ist in Ordnung! Wir essen sie doch auch, mein Mann und ich!«
    »Ob Sie aus Geiz vergammelte Wurst fressen, interessiert uns nicht!«, brüllte der infarktgefährdete Herr Volkmann aus Hanau. »Wir verlangen frische Wurst! Den Schweinefraß können Sie sich in den Arsch schieben!«
    »Mein Gott, sind Sie ordinär!« Frau Schmehle schüttelte sich. Und da trat ihr Mann aus der Küche, mit Schaum vor dem Mund und einer doppelläufigen Schrotflinte in den Händen.
    Und zack wurde in Herrn Volkmanns Brust der Infarkt ausgelöst. Er brach stöhnend zusammen.
    Außer dem Krankenwagen erschien auch die Polizei, vermutlich von Herrn Momberger verständigt, der nun den Beamten kettenrauchend die Situation erklärte und ihnen ein paar Scheiben Wurst in die Hände drückte – »fürs kriminaltechnische Labor«.
    Alle Gäste außer Herrn Volkmann, der soeben abtransportiert worden war, drängten sich, eine unruhige, unberechenbare Masse, um die beiden Polizisten, schrieen ihnen ihre Klagen in die Ohren und zerrten sogar an ihren Uniformen. Die beiden fühlten sich unwohl. Scheißeinsatz. Sie starrten auf die zahnlosen Münder und schienen die Befürchtung zu hegen, man wolle
sie
statt der Wurst vertilgen.
    »Gehen Sie zurück! Wahren Sie Abstand!«
    Doch die Masse war in Rage. Noch weiter aufgesperrte Mäuler, aus denen Laute gurgelnd und dröhnend entwichen, Augen, in denen Wut flammte. Die Beamten ließen die Wurst fallen, und einer, Wehner, zog nervös die Pistole.
    Herr Momberger zündete sich eine neue Zigarette an, hustete nach dem ersten Zug den Schleim aus den Bronchien, dann sagte er, obwohl an sich die modische Tendenz zu antiautoritärer Gesinnung verdammend, mit fester Stimme: »Diese Dame da, Frau Schmehle, hat uns als Kommunisten bezeichnet! Unter den Gästen dieses Hauses befindet sich kein einziger Kommunist! Und bitte nehmen Sie die Wurst mit! Sie gehört ins Labor.«
    Alle, mich eingeschlossen, waren entsetzt. Selbst das Ehepaar Schmehle schnalzte gemeinsam mit den Zungen. Über sich selbst hinauswachsend, blies Herr Momberger Rauch in die spannungsgeladene Luft und forderte die Beamten auf, das Betreiberehepaar zu verhaften.
    »Warum?«, fragte der Polizist Wehner – und hinter seinem scheinbar harmlos fragenden Blick blitzte Verschlagenheit auf. »Warum soll ich die beiden verhaften? Weil Herr Schmehle, der einen Waffenschein besitzt, sich und seine Frau gegen einen Mob verteidigt hat? Soll das Gericht entschieden, ob die Drohung mit einer vorgehaltenen, geladenen Schrotflinte der Verhältnismäßigkeit entsprach?
    Die beiden Beamten hatten ihre Selbstsicherheit wiedergefunden. »He, Sie da!« Der Bulle Wehner hatte mich, den

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