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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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wölbte. Sie befreite mich von dem Belag und setzte sich auf mich.
    Unsere Koffer waren rasch gepackt.
    »Ich trage immer noch diese zu großen 50er-Jahre-Klamotten«, murrte ich. »Ich hab ja nichts dagegen, unzeitgemäß gekleidet zu sein, aber komisch wollte ich nie aussehen.«
    Sie küsste mich auf die Nasenspitze und behauptete, ich sähe in den Klamotten süß aus. Süß! Ich hatte mich noch nie als süß empfunden. Süße Männer – das kam mir irgendwie schwul vor. Aber wenn Doris mich süß fand, musste es wohl in Ordnung sein. Ja, doch, ich konnte mich damit anfreunden. Eine zarte Farbe auf meiner Wesenspalette. Natürlich wusste ich längst, dass ich nicht nur aus harter, der Welt die Stirn bietender Männlichkeit bestand – wenn auch meine Vorstellung von Männlichkeit sehr stark, wenn nicht sogar vollkommen, von den Kriegserzählungen meines Vaters, von Hollywood-Filmen und ein paar James-Dean- oder John-Wayne-Imitatoren wie zum Beispiel dem Klischee-Halbstarken Horst Gebhard aus unserer Nachbarschaft oder Charly Browning, der schon früh vom Weg abgekommene Kleinkriminelle aus Kansas City, geprägt worden war. Im Knast hatte man ohnehin keine andere Wahl, als eine vorgegebene Rolle zu spielen. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern, wie ich damals Geli und ihren Hippie-Freunden gegenüber aufgetreten war. Als cooler, geheimnisvoller Gangster?
    Im Büro, das ohne Herrn oder Frau Schmehle seltsam unschuldig wirkte, griff sich Doris das Telefon, faltete einen Zettel mit Telefonnummern auseinander und wählte. Ich ging aufs Klo und freute mich auf den ersten Schiss des Tages.
    Nachdem ich meinen Darm entleert und mir die Hände gewaschen hatte – weil ich ja jetzt eine Freundin und damit nicht nur eine moralische, sondern auch eine hygienische Verantwortung hatte –, jubelte sie mir schon, stolz auf ihre Power, zu: »Wir haben einen Job in Rottach-Egern am Tegernsee. Koch und Zimmermädchen, Doppelzimmer. Hotel
Großbauer
. Wir verdienen jeder fast einen Hunderter mehr als hier!«
    Erwartungsvoller Blick. Ich deutete, süß und verständnisvoll wie ich offenbar war, ihren Augenausdruck richtig und lobte sie. Doch das Lob war ehrlich gemeint. Mir gefiel ihre Power. Sie war überhaupt sehr patent – durchforstete das Büro, steckte einige Gegenstände ein und fand auch den Autoschlüssel. Wo Herr Schmehle seinen Ford Taunus 2000 geparkt hatte, wusste sie auch.
    »Kein Kassettenrekorder«, murrte ich enttäuscht. Aber ich saß am Steuer, erleichtert darüber, dass sie nicht zu den Menschen gehörte, die unbedingt selbst am Steuer sitzen wollen. Mich hatte das nämlich die ganze Zeit bis zur Abfahrt beschäftigt. Ich hatte Angst vor einem Streit, einem Kampf ums Steuerrad gehabt und mir schon überlegt, ob unsere Beziehung daran zerschellen könnte. Aber, wie gesagt, alles easy, sie legte glücklicherweise keinen Wert darauf, selbst zu fahren. Der zwei Jahre alte Wagen war gepflegt und vollgetankt.
    Doris sah mich erstaunt an. »Was, zum Geier, hätten denn Schmehles mit einem Kassettenrekorder anfangen sollen? Kostet Geld und macht Krach.«
    Wir grinsten uns komplizenhaft an.
    Lenkradschaltung. Auf der Autobahn trat ich das Gaspedal durch und freute mich, dass ich die nächsten Stunden einfach nur fahren durfte – mit einer Frau an meiner Seite. Die große Liebe? Äh, halt, stop, Moment mal, aber ja, könnte doch sein. Es gab so viele Eigenschaften, die ich an ihr mochte – ihre Fürsorglichkeit, die streichelnden Hände und die Wärme ihres Körpers. Ich hatte gar nicht gewusst, dass dieses wohlige Gefühl des Behütetseins noch in mir vorhanden war. Zu meinem Erstaunen fühlte ich mich mit ihr freier als zuvor, als ich auf mich allein gestellt gewesen war, als es keine Verpflichtungen gegeben hatte – was auch bedeutet hatte, dass ich für andere sozusagen nicht existent gewesen war. Die traurige Freiheit eines Unsichtbaren. Man muss bereit sein, ein Stück seiner Unabhängigkeit zu opfern, sagte ich mir – nein, nicht zu opfern, das ist der falsche Begriff, sondern aufzugeben wie wertlos gewordenen Ballast, den man nicht mehr benötigt, weil die Zweisamkeit eine höhere Existenzform ist. Ich lächelte versonnen vor mich hin.
    »Warum lächelst du?« Wahrscheinlich hatte sie mich schon längere Zeit aus den Augenwinkeln beobachtet, vielleicht waren durch ihren Kopf sogar ähnliche Gedanken gezogen.
    »Ach, nichts weiter. Ich freu mich nur, dass ich so locker mit dir in einem vernünftigen Auto

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