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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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vergangene Tag, ein Sonntag, war aber auch echt verdammt stressig gewesen. Nachmittags zwei Busse mit Kaffeetrinkern und Tortenfressern der gierigsten Sorte, abends ein weiterer Bus mit vierzig Gästen im Restaurant. Echte Knochenarbeit, schweißtreibend, stundenlang keine Gelegenheit für eine Zigarette.
    Kellner und Kellnerinnen waren sich heute über die Tische hinweg einig: ›Die Scheißrentner knausern mit Trinkgeld, die Scheißköche stecken wieder einmal bis zum Hals in der Scheiße, und der ohnehin miese Fraß ist eigentlich nicht zum Verzehr geeignet!‹
    Mich ließ dieser Vorwurf kalt. Ich gab einen Dreck auf Berufsehre und musste überdies den Kellnern Recht geben, was mir nicht schwerfiel.
    Aber jetzt auf einmal Protest von Helmut und Robert, die aus undefinierbarem Grund vor Berufsehre zu platzen schienen. Ein ganz neuer Zug an ihnen. Sie blähten sich augenblicklich zu unerwarteter Größe auf. Als hätten sie seit Stunden auf einen Grund zur Empörung gewartet. Das war nicht die weltweit übliche Service-gegen-Küche-Kabbelei. Ich spürte die Hasspartikel um mich herum. Durch den Aufenthaltsraum des Hotels
Großbauer
strich der Hass, vermischte sich mit dem Zigarettenrauch und der mit Alkohol- und Schweißmolekülen angereicherten Luft, setzte sich überall fest wie toxischer Niederschlag.
    Na ja, kurz und gut: Helmut, der möglicherweise in diesem Moment die Aussichtslosigkeit seines Balzens erkannt hatte (nie wieder Hennessy!), erhob sich theatralisch und versuchte mit vorgerecktem Kinn und an die Hüfte gedrückter Faust so was ähnliches wie eine Mussolini-Pose. Rhetorisch versiert, donnerte er in den Raum: »Scheiß-Kellnerpack, plattfüßige Kriecher!«
    Robert, der ebenfalls aufgestanden oder vielmehr aufgesprungen war, nickte seinem Kampfgefährten anerkennend zu und hatte leider auch eine Message, die es nach seiner Meinung wert war, in den Raum gebrüllt zu werden: »Fick dich, Adriano, fick dich, Heike, fick dich, Moni!«
    Schwups sprang Adriano auf. Er war immerhin Südländer und damit der Leidenschaft unterworfen. Zu allem Überfluss stammte er auch noch aus Sizilien, war also quasi zwangsläufig gezwungen, die extrem temperamentvolle Variante zu bieten. Während er nun wild gestikulierte, die Augen rollen und Blitze schleudern ließ und die Brust vorreckte, brüllte er: »Du Sau, du, willste du mich ficke mit deine kleine
cazzo
?
Porco dio
! Du biste Dreck! Iche ficke dich in deine Scheißearsche,
stronzo

    Betretenes Schweigen. Die einen schwiegen, weil sie sich von dieser Eruption gleichsam überrollt fühlten, Doris und ich schwiegen aus Ekel vor dieser überzogenen, ja kitschigen Vorführung sizilianischer Unsachlichkeit.
    Dann sagte einer der Azubis verunsichert, mit vibrierender Stimme, aber tapfer: »Ich glaube nicht, dass Robert gesagt hat, er wolle dich ficken. Er hat nur gesagt ›fick dich‹. Nach meiner Ansicht bedeutet das, du sollst dich selbst …«
    Adriano runzelte die Stirn, versuchte nachzudenken, geriet dabei jedoch noch mehr in Rage, durchbohrte den Azubi mit Blicken und schrie: »Verdammte Scheiße, was weißte du vom Ficke? Ich bin nichte schwul, aber meine
cazzo
stehte auf Kommando! Und iche kann seine Arsche ficke! Immer! Iche kann alte Fraue ficke, alte Mann, egal, alles,
porca Madonna

    Unterdrücktes Kichern. Heike starrte ihn für einen Moment, zu gleichen Teilen irritiert und angewidert, an, wandte ihr Gesicht zu Robert, schmachtend, mit den Augen um Verzeihung bittend. Aber Robert war in diesem Augenblick in erster Linie ein von Kellnern beiderlei Geschlechts attackierter Koch – und somit stand Heike für ihn in den Reihen der Feinde. Heike stand aber nicht. Sie saß vielmehr zwischen Robert und Adriano, die sich über ihren Kopf hinweg anbrüllten und kampflustig ihre Unterkiefer vorgeschoben hatten.
    »In Sizilien hast du wahrscheinlich alle Esel der Umgebung gefickt!«, brüllte Robert, blickte sich triumphierend um, vermutlich, weil er diesen Spruch originell fand. Daraufhin kippte ihm Adriano seinen Rotwein ins Gesicht, so schwungvoll, dass sich ein Teil über Heike ergoss, die sofort hochschnellte und den Temperamentvollen ohrfeigte. Der Sizilianer schlug zurück. Ganz klar im Affekt. Und bereute es noch in derselben Sekunde. Natürlich zu spät. Schon landete Roberts Faust in seinem Gesicht, Heikes Schuhspitze knallte gegen sein Schienbein und ließ ihn stöhnend in die Knie gehen.
    Außer Doris und mir beteiligten sich jetzt alle an der

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