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Das Jahr Des Werwolfs

Das Jahr Des Werwolfs

Titel: Das Jahr Des Werwolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zündet er eine zweite an, die ein Licht ausstößt, das so dunkelrot ist wie die Rosen, die an dem Lattenzaun um das neue Schwimmbecken wachsen.
    Jetzt erfüllt ein wunderbarer Pulvergeruch die Nacht, den der Wind verteilt und langsam davonträgt.
    Als nächstes fummelt er sich die flache Packung Knallfrösche heraus, und er hat sie schon geöffnet, als ihm einfällt, daß es eine Katastrophe wäre, wenn er sie anzündete — ihr Springen und Krachen und Knallen würde die ganze Nachbarschaft wekken: Feuer, Überschwemmung, Alarm! All das, und ein elfjähriger Junge namens Marty Coslaw
    wird wahrscheinlich bis Weihnachten in die Hundehütte gesperrt.
    Er schiebt die Frösche auf seinem Schoß nach oben und wühlt weiter fröhlich in seinem Paket herum. Er holt die größte Pyramide von allen heraus — eine Weltklassepyramide, wenn es je eine gab. Sie ist fast so groß wie seine geschlossene Faust. In einer Mischung aus Angst und Vergnügen zündet er sie an und schleudert sie fort.
    Rotes Licht, hell wie Höllenfeuer, erleuchtet die Nacht… und in diesem unruhig flackernden Licht sieht Marty, wie sich unterhalb der Veranda am Ende des Rasens die Büsche bewegen und teilen. Er hört ein Geräusch, das halb wie Husten und halb wie Knurren klingt. Die Bestie erscheint.
    Sie bleibt eine Weile unten am Rasen stehen und scheint Witterung zu nehmen … und dann trottet sie den Rasen hinauf zu der Stelle, wo Marty auf den Schieferfliesen in seinem Rollstuhl sitzt, die Augen schreckgeweitet, den Oberkörper ängstlich gegen die Lehne des Stuhls gedrückt. Die Bestie bewegt sich geduckt, aber offenbar geht sie auf den Hinterbeinen. Sie geht, wie auch ein Mensch gehen würde. Das rote Licht des Feuerwerkskörpers läßt ihre grünen Augen tückisch aufblitzen.
    Sie bewegt sich langsam, und ihre Nüstern bewegen sich rhythmisch. Sie wittert ihre Beute, und gewiß wittert sie auch, daß ihre Beute schwach und leicht zu erlangen ist. Marty kann das Untier riechen — sein Fell, seinen Schweiß, seine Bösartigkeit. Wieder knurrt die Bestie. Ihre dicken leberfarbenen Lefzen schieben sich zurück und geben die gewaltigen Zähne frei. Ihr Fell schimmert silbrigrot.
    Sie hat ihn fast erreicht — ihre Klauenhände, die auf so seltsame Weise menschlichen Händen ähneln, greifen nach seiner Kehle — da denkt der Junge an das Paket mit den Knallfröschen. Ohne recht zu wissen, was er tut, reißt er ein Streichholz an und hält es an die Zündschnur. Heiße rote Funken sprühen und versengen die feinen Härchen an seinem Handrücken. Der Werwolf zieht sich irritiert ein Stück zurück und stößt ein fragendes Knurren aus, das, wie seine Hände, fast menschlich wirkt. Marty wirft ihm das Paket mit den Knallfröschen ins Gesicht.
    Sie explodieren mit grellen Blitzen und lautem Krachen. Die Bestie heult laut auf vor Schmerz und Wut. Sie taumelt zurück und versucht, sich vor den Explosionen zu schützen, die ihr Feuer und brennendes Pulver ins Gesicht tätowieren. Als vier Frösche gleichzeitig mit einem donnernden Knall vor der Schnauze der Bestie zerplatzen, sieht Marty, daß eins ihrer funkelnden grünen Augen erlischt. Jetzt kreischt der Werwolf in wilder Qual. Brüllend greift er sich ins Gesicht, und als im Haus der Coslaws die ersten Lichter angehen, springt er über den Rasen und verschwindet im Gebüsch. Zurück bleibt nur der Geruch von verbranntem Fell, und vom Haus klingen ängstliche Schreie herüber.
    »Was war das?« ruft seine Mutter, und ihre Stimme klingt ein bißchen schroff.
    »Wer ist da, verdammt nochmal?« Der Tonfall seines Vaters ist durchaus nicht der eines guten Kumpels.
    »Marty?« Kates Stimme zittert, und in ihr liegt nicht die geringste Bosheit. »Marty, ist dir auch nichts passiert?«
    Großvater Coslaw verschläft den ganzen Vorfall.
    Marty lehnt sich in seinem Rollstuhl zurück, während die große rote Pyramide langsam ausbrennt. Ihr Licht hat jetzt die weiche und rosige Farbe eines Sonnenaufgangs. Er ist zu sehr mitgenommen, als daß er weinen könnte. Aber sein Schock ist nicht nur dunkle Angst. Zwar werden seine Eltern ihn am nächsten Tag zu seinem Onkel Jim und seiner Tante Ida nach Stowe in Vermont verfrachten, wo er bleiben wird, bis die Sommerferien zu Ende sind (die Polizei rät dazu, denn sie fürchtet, daß der Vollmondmörder noch einmal versuchen könnte, Marty anzugreifen und zum Schweigen zu bringen). Aber die tiefe Freude, die der Junge empfindet, ist stärker als der Schock. Er hat in

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