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Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Titel: Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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hast es ihm schon erzählt?«
    »Ja, vorhin.«
    »Und?« In meiner Frage liegt alle Hoffnung an die Vernunft dieses Schleimers.
    »Hab ich doch schon gesagt. Er meint, dass meine Eltern eben noch über mich verfügen können und dass wir ihre Entscheidung respektieren müssen. Aber wenn ich mich trotzdem weiter mit ihm treffen will, dann würden wir sicher einen Weg finden.« Sie sagt das mit großem Stolz in der Stimme, aber ich kann es nicht mehr hören!
    »Was willst du nun machen?«, frage ich. Ich hoffe immer noch, dass sie zur Vernunft kommt. Ich bete, dass sie die Gelegenheit nutzt, um mit diesem Wahnsinn aufzuhören. Ich will, dass sie normal lebt, ganz normal, wie eben Mädchen so leben. Ob sie das spüren kann? Ich merke, wie sich meine Stirn in Falten legt und ich sie flehend ansehe. Wie Leo, wenn er will, dass ich mit ihm spiele.
    »Ich wollte dich bitten, ob du mir helfen kannst.« Manu sieht mich beschwörend an. Meine Augen sind zwei Fragezeichen. »Ich darf dich besuchen. Ich könnte ihnen sagen, dass ich bei dir schlafe oder dass wir uns zum Hausaufgabenmachen treffen. Ich habe das in letzter Zeit schon manchmal so gemacht, wenn die Luft brannte. Bloß jetzt würden sie bestimmt zur Kontrolle anrufen, und dann müsstest du mich in Schutz nehmen und so tun, als wäre ich bei dir.«
    Fehlt nur noch, dass sie mich anfleht: Du bist doch meine Freundin …
    »Du bist doch meine Freundin«, kommt es da prompt.
    »Du auch«, antworte ich. Mehr kann ich nicht sagen. Sie ist meine Freundin.
    Ich blicke Manu an. Sie sieht aus wie damals am zu gefrorenen See. Ihre Augen sind verweint, sie hat rote Flecken im Gesicht. Sie ist übermüdet und bleich.
    »Du bist auch meine Freundin«, sage ich noch einmal.
    Und da umarmt sie mich stürmisch, hält sich an mir fest. Ich habe meine Seele verkauft. Oh, wenn ich könnte, würde ich schreien. Wie soll das nur gutgehen? Ich mach mir nichts vor. Was da eben gelaufen ist, war ein beschissener Handel. Lüge gegen Freundschaft. Das war der Deal. Und ich mache mich schuldig. Ich lass mich auf was ein, was völlig bekloppt ist. Aber sie ist meine Freundin.
    Danach sieht es ziemlich leer aus in meinem Kopf. Ich sitze stumm da. Ich will nach Hause. Aber Manu lauert noch auf etwas. Sie ist noch nicht bereit zu gehen, wirkt unruhig.
    »Du musst die Schule wechseln?«, frage ich und versuche, wieder Boden unter den Füßen zu finden.
    »Ja, so wie du. Nur aus einem anderen Grund.«
    »Werden deine Eltern in der Schule Bescheid sagen?« Fliegt jetzt alles auf? Nichts hoffe ich mehr und habe zugleich Riesenpanik.
    »Nein! Ich habe sie angefleht und gedroht, ich bringe mich um, wenn sie das tun. Das ist kein Spaß. Ich mache Schluss, wenn sie mich und Graf bloßstellen.«
    Manu ist wahnsinnig. Ist das Leben wirklich so wenig wert? Oder ist Graf so wertvoll? Oder ist das etwa die Liebe, die alles so durcheinanderbringt? Manu droht nicht zum ersten Mal mit Selbstmord. Aber ist das deswegen weniger schlimm? Ich denke an Mella. Die tut das nicht, obwohl sie auch schon heftigen Katzenjammer hatte und die Liebe mit ihr manchmal ganz schön Achterbahn fährt.
    »Du bist verrückt«, sage ich dann doch.
    »Kann sein. Verrückt vor Liebe«, gibt sie schnippisch zurück. »Ich brauche keine Belehrungen, auch nicht von dir.«
    »Aber meine Hilfe brauchst du?«
    Wir stehen kurz vor einem Streit. Ich kriege wieder eine Streitpanikattacke. Ich versuche Manu abzulenken und frage: »Weißt du schon, auf welche Schule du kommst?«
    »Ich geh auf die Mittelschule in die Zehnte und danach aufs Wirtschaftsgymnasium. Ist alles schon geregelt.« Sie ist von diesem Schulwechsel völlig ungerührt. »Deswegen mache ich mich nicht verrückt. Dann sehe ich ihn zwar nicht mehr jeden Tag, aber wir können uns so viel besser treffen, wo ganz anders und ohne ständige Beobachtung. Ist auch für ihn ungefährlicher.«
    »Ach, Manu.« Ich sehe ihr geradewegs in die Augen. »Du bist total übergeschnappt.«
    Ich versuche, alle Angst aus meiner Stimme zu nehmen. Ich will nicht, dass sie mich hier stehen lässt. Ich will nicht, dass sie sich was antut. Ich will, dass sie meine Freundin bleibt. Bloß wie soll das gehen? Ich bin plötzlich ganz müde. Ich könnte auf der Stelle einschlafen und mich von hier wegträumen. Weit weg.
    Manu holt mich aus meinen Überlegungen zurück in die Wirklichkeit. »Meine Eltern sind an allem schuld, Tine. Die drehen am Rad, ich muss mich fügen«, sagt sie abschließend.
    Sie bestellt

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