Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman
rosafarbenen Kunststoff über die Platten, ließ ihn etwas härten und zog ihn ab.
Als er mich sah, pfiff er die Melodie einer Feuerwehrsirene. Dann sagte er: »Damit du nicht auf dumme Gedanken kommst, das könnte der Beginn einer Karriere gewesen sein: Wenn du mit der Schule fertig bist, wirst du Mathematik und Jura studieren.«
Ich antwortete nicht, betrachtete die rosafarbenen Abdrücke der Platten.
»Vor allem Jura«, sagte er, »könnte sich als sehr praktisch erweisen.«
Für mich war klar, dass es genau diese Fächer nicht sein würden. Denn mit meiner Mündigkeit wollte ich so schnell wie möglich das Haus verlassen und nichts mehr von dem tun, was er sich vorstellte.
24
Weit hinter uns, über dem jungen Birkenwäldchen, stieg die schwarze Rauchwolke von Salinas brennendem Auto in den Himmel. Die Wolke hatte die Form eines kleinen Atombombenpilzes. Der Rauch war weithin zu sehen. Wir hörten die Sirene der Feuerwehr näher kommen. Salina sprang über einen Graben und verkroch sich hinter einem Busch. Sie winkte mir, schnell zu folgen. Ich sprang gerade noch rechtzeitig zu ihr und duckte mich. Ein Wagen der freiwilligen Feuerwehr fuhr mit Blaulicht zur Kiesgrube.
»Warum hast du das getan?«
»Der Wagen war geklaut.«
»Ich meine, das alles?«
Wir kletterten zurück auf die Straße. Sie klopfte schon wieder an sich herum. Diesmal hatte sie wirklich Flecke auf ihrem Overall. Sie fluchte, wischte mit den Handschuhen über ihre Schuhe. »Ich muss mich waschen, und zwar dringend.«
»Ich will eine Antwort: Warum wolltest du mich umbringen?«
Sie zog die Handschuhe aus und kontrollierte ihre ausgeblichenen Finger. Dann sah sie mich an, presste die Lippen aufeinander und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Keine Antwort.
Ich erinnerte mich an das letzte Dorf und marschierte ungefähr in dessen Richtung quer über ein Feld. Salina folgte mir. Auf der anderen Seite war eine breitere Straße zu erkennen. Ich hoffte, dort einen Autofahrer anhalten zu können. Wir erreichten die Straße. Es kam kein Wagen. Ich bezweifelte auch, dass uns jemand mitgenommen hätte. Salina trottete stumm hinter mir her. Ich sollte sie wohl besser vor mir gehen lassen.
»Hast du noch irgendwelche Waffen bei dir?«
Ich blieb stehen. Sie wollte immer noch nicht mit mir sprechen, ging an mir vorbei.
»Du hattest nicht vor, mich zu deinem Vater zu bringen, nicht wahr?«
Nach ein paar Metern versuchte ich es erneut. »Ich wollte deinen Vater sprechen, damit er mir etwas über seinen Vater erzählt, unseren gemeinsamen Großvater. Solange ich unter seinem Einfluss stand, hat er mich gequält. Ich will jetzt herausfinden, warum er das getan hat.«
»Geben Sie sich keine Mühe«, sagte sie.
»Wollen wir nicht Du sagen?«
»Wenn ich etwas gelernt habe, seit ich denken kann, dann, dass diese Familie eine Gefahr ist. Jeder von ihnen. Sie lügen, betrügen und tarnen sich hinter Freundlichkeiten und Geschenken. Und gerade Sie! Jetzt wollen Sie mich von Ihrer Harmlosigkeit überzeugen. Aber ich weiß, Sie haben eine Ausbildung zum Mörder. Haben Sie nicht sogar versucht, Ihren Bruder umzubringen?«
»Sagt man das?«
»Sie sollen ihn bewusstlos geschlagen und dann unter den Wagen Ihres Vaters geschoben haben, damit er ihn überfährt. Typisch.«
»Das war ein bisschen anders ...«
Sie zischte: »Lassen Sie es sein. Ich glaube Ihnen sowieso nichts. Kein Wort.«
»Und was hast du eben versucht? Was war das?«
»Meine Absicht war nur, einen Mörder aus der Welt zu schaffen.«
»Als mein Bruder sein Bein verlor, war ich etwa acht oder neun Jahre alt. Ein Mordversuch in diesem Alter! Gut, mit Sicherheit hat mich mein, nein, unser gemeinsamer Großvater zu einer Form der Gefühllosigkeit erzogen. Aber wann soll ich wen ermordet haben, bitte?«
»Woher soll ich das wissen? Sagen Sie es mir.«
»Jetzt habe ich einen Grund, jemanden umzubringen. Dich. Wie wäre es, wenn ich dich zuerst vergewaltige und anschließend erwürge? Nur damit ich nicht aus der Übung komme.«
»Ich erwarte die ganze Zeit nichts anderes von Ihnen. Aber vorher möchte ich mich waschen.«
»Vielleicht hast du recht, und die ganze Familie besteht nur aus Verbrechern. Dein Vater muss es besser wissen als ich. Er gehört als Sohn von William Godin viel mehr dazu als ich. Und du gehörst auch dazu. Das hast du ja eben mit deinem Mordversuch an mir bewiesen. Ich dagegen bin ein Paulson, kein Godin. Vater unbekannt laut Geburtsurkunde.«
Wir marschierten eine
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