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Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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formulieren, worin der Unterschied liegt.
    »Wenn du nicht aufmachst, geschieht ein Unglück«, schrie Martin. »Das ist deine letzte Chance.«
    Katia hob den Kopf, wollte etwas sagen, aber ich legte einen Finger auf ihre Lippen.
    »Die Lippen sind bei Mann und Frau nicht unterschiedlich«, flüsterte sie.
    »Doch«, flüsterte ich zurück, »besonders deine.«
    Katia war eine geborene Lächlerin, ihre Mundwinkel bogen sich von Natur aus nach oben.
    »Meine letzte Warnung!«, schrie Martin. »Du wirst es bereuen!«
    Mit den Fäusten ließ er noch einen Trommelwirbel auf das Türblatt los, dann hörte ich seine Zimmertür klappen. Immerhin hatte er erreicht, dass Katia meine Hände, die sich nach ihren Brüsten streckten, zur Seite schob und nur noch Schularbeiten machen wollte.
    Wir passten gut zusammen. Sie verzieh mir schnell, wenn ich grob war oder keine Rücksicht auf sie und ihre Wünsche genommen hatte, was eigentlich fast immer der Fall war. Trotzdem hatten wir nie Streit oder Auseinandersetzungen, wie ich es von anderen Paaren kannte. In den Unterrichtsfächern ergänzten wir uns. Da, wo sie schlechter war, war ich gut und umgekehrt. Obwohl keiner von uns richtig schlecht war. Im Grunde benötigten wir die gegenseitige Unterstützung beim Lernen nicht.
    Wir waren gerade mit unseren Schulaufgaben fertig geworden, als es an der Haustür klingelte. Jemand sprach mit einer dunklen Stimme auf meine Mutter ein. Auch die hellen Töne meines Bruders waren zu hören. Dann kamen schwere Schritte die Treppe hinauf. Mutter verlangte, ich solle die Tür sofort öffnen. Zu dritt standen sie im Flur: Meine Mutter mit einem Polizisten in Uniform und hinter ihnen mein Bruder, der grinsend die Faust an die Nase hob.
    Der Polizist fragte, ob er in mein Zimmer gehen könne. Ich nickte, gab den Weg frei. Katia ging zurück, lehnte sich ans Fensterbrett. »Was ist los?«, fragte ich meine Mutter.
    »Es ist etwas gestohlen worden«, sagte sie. »Ein ferngesteuertes Auto, und der Händler sagt, es war einer von euch.«
    »Einer von uns?«
    Meine Mutter nannte das Geschäft und den Namen des Inhabers. Ich kannte den Laden, er lag ein paar Straßen entfernt. Ich war aber lange nicht mehr dort gewesen.
    »Ich bin aus dem Alter raus«, sagte ich. »Der da sammelt solche Sachen.« Ich zeigte auf Martin.
    Mein Bruder versuchte, wütend zu gucken, aber ihm gelang nur ein Grinsen. Ich wusste, dass er eine Zeit lang von seinem Taschengeld kleine Modellautos gekauft und sie gesammelt hatte. Einmal hatte er mir eines stolz gezeigt und gesagt, er hätte es gestohlen.
    Der Polizist bückte sich und griff unter mein Bett. Er zog den bunten Karton eines Rennwagenmodells hervor. Er öffnete ihn. Der Wagen war noch original verpackt.
    »Und was ist das?«, fragte er.
    »Keine Ahnung.« Ich hob die Schultern. »Auf jeden Fall gehört es mir nicht.«
    »Schon mal gut, dass du das zugibst.«
    »Ich habe es nicht gestohlen.«
    »Sondern gekauft?«
    »Nein. Ich hab damit nichts zu tun. Ich weiß nicht, wie das unter mein Bett kommt. Martin spielt mit solchen Sachen.«
    Mein Bruder verschwand in seinem Zimmer.
    »Dein Bruder Martin«, sagte der Polizist, »hat auch so ein Auto?«
    Tatsächlich kam in diesem Moment mein Bruder mit einem identischen Rennwagen aus seinem Zimmer.
    »Hier«, sagte er, »das ist meiner. Als ich ihn kaufte, hast du gesagt, du willst auch unbedingt so einen haben, aber dein Taschengeld war schon alle. Ich wollte dir erst etwas leihen. Hätte ich gewusst, dass ...«
    »Das stimmt doch gar nicht. Ich hab diesen Wagen nicht gestohlen. Und ich sehe den zum ersten Mal.«
    Der Polizist schüttelte den Kopf. »Ich nehme den jetzt mal mit. Das ist ja keine Lappalie, dazu sind solche Autos viel zu teuer. Wenn der Händler seine Anzeige nicht zurücknimmt, und so sieht es aus, dann müssen wir die Sache weiterverfolgen.« Er holte ein kleines Notizbuch heraus, schrieb sich meinen Namen und mein Geburtsdatum auf.
    Meine Mutter sah mich an und sagte: »Ich glaube, du hast ein Problem. Vielleicht ist es das Beste, ich rufe Großvater an.« Sie begleitete den Polizisten wieder die Treppe hinab.
    Mein Bruder verschwand mit seinem Wagen. Katia räumte ihre Schulsachen ein.
    »Ich habe damit wirklich nichts zu tun«, sagte ich.
    »Gordon, der Polizist hat das Ding unter deinem Bett gefunden! Mehr Beweise braucht es nicht.«
    »Du meinst, ich komme da nicht raus?«
    Sie nickte.
    Martin klopfte und streckte den Kopf durch die Tür. »Es gäbe da

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