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Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman

Titel: Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Aktentasche vor die Brust. Er sah meinen Büroeingang und schüttelte den Kopf.
    »Ich hab mich schon gewundert, was da für Geräusche waren.« Er schickte die Augenbrauen nach oben und die Mundwinkel nach unten. »Tut mir leid für Sie.«
    »Und warum haben Sie nicht nachgeschaut?«
    »Na, Sie sind lustig. Einbrechern sollte man sich nicht in den Weg stellen.«
    »Sie hätten die Polizei rufen können.«
    »Ach, wissen Sie, in diesem Haus stimmt ja vieles nicht.«
    »Wieso?«
    »Wir beide sind die letzten Mieter, sieht man mal von der Frau ganz oben ab.«
    »Was reden Sie da?«
    Er lachte. »Die Firmenschilder sind nur Tarnung. Der Hausbesitzer hat sie drangelassen. Die Firmen sind längst ausgezogen.«
    »Aber ich höre doch Geräusche aus den Büros.«
    »Das sind Leute, die angestellt sind, um solche Geräusche zu machen, so zu tun, als herrschte noch Betrieb. Sie lassen Telefone klingeln, reden mit imaginären Personen, klappern auf Computertastaturen. Und das Beste, die machen sogar richtig Mittagspause.«
    »Und was soll das bedeuten?«
    »Die täuschen Leben vor.«
    »Aber warum?«
    »Na ja, Sie wissen schon ...« Er zog die Schultern hoch, ließ sie oben, drückte seine Aktentasche noch fester an die Brust und stieg die Treppe hinab.
    »Es muss ja irgendwie weitergehen«, sagte er.
    Ich spähte vorsichtig in mein Büro. Alles stand noch an seinem Platz. Dann ging ich zurück ins Treppenhaus. Die Tür zum Pressebüro auf der gleichen Etage schloss sich in diesem Moment. Ich sah noch ein Stück weißen Stoffs. Ich hatte die beiden Journalisten lange nicht gesehen. Ich klingelte. Niemand öffnete. Ich legte mein Ohr an die Tür. Alles war still. Ich sah auf die Uhr. Büroschluss, aber ich hatte eben noch jemanden gesehen. Plötzlich sagte eine Frauenstimme hinter der Tür: »Wer ist da?«
    »Ich bin Gordon Paulson, der Mieter auf der gleichen Etage.«
    Sie öffnete die Tür einen Spalt weit. Es war eine junge Frau in einem weißen Unterkleid. »Sie sind es tatsächlich«, sagte sie.
    »Hatten Sie Zweifel, dass es mich gibt?«
    »Wissen Sie, neulich hat mich ein Kerl über sie ausgefragt.«
    »Wer war das?«
    »Keine Ahnung. Er war alt, etwas heruntergekommen, hatte einen Siebentagebart und roch nach Alkohol.«
    »Was wollte er?«
    »Ich sollte Sie beobachten.«
    »Wohnen Sie hier?«, fragte ich.
    Sie sah an sich herab.
    »Wo sind die beiden Journalisten hin?«
    »Verraten Sie mich nicht. Offiziell sind die beiden noch Mieter. Ich habe das Büro als Wohnung übernommen.«
    »Man hat bei mir eingebrochen.« Ich zeigte nach hinten auf meine Tür.
    »Ich habe es gehört. Ich dachte, es wären Handwerker im Haus. Und hat man Ihr Geld gestohlen?«
    »Ich habe noch nichts kontrolliert.«
    »Der Mann, der wollte, dass ich bei Ihnen schnüffle, meinte, Sie hätten viel Geld. Ich sollte herausfinden, woher.«
    »Wie wollten Sie das anstellen?«
    »Ich sollte Ihre Geliebte werden.«
    »Was? Für Geld?«
    »Klar.«
    »Und warum haben Sie es nicht getan?«
    »Würden Sie mich nehmen?« Sie öffnete die Tür weit, stemmte die Hände in die Hüften, drehte sich leicht. »Wie gefalle ich Ihnen?«
    »Vor vierzehn Tagen hätte ich Sie genommen.«
    »Bin ich so gealtert?« Sie hob die Hände vor den Mund.
    »Nein. Meine Situation hat sich geändert.«
    »Die Rote, was?«
    »Sie haben sie gesehen?«
    Sie nickte.
    »Ja, sie hat Ihren Job gekriegt.«
    Ich ging langsam rückwärts zu meiner zerstörten Tür. »Ich will mal prüfen, ob was fehlt.«
    Sie folgte mir. »Würden Sie mir sagen, woher Sie Ihr Geld bekommen? Der Mann hat gesagt, er kommt wieder und kauft mir die Informationen ab, die ich über Sie sammle.«
    »Ich arbeite als Grafiker. Ich entwerfe Schriften. Es bringt genug ein.«
    »Keine Anteile an Bergwerken? Goldminen? Der Mann meinte, so etwas könnte es sein. Danach sollte ich suchen.«
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    »Habe ich doch schon. Alt, müde.«
    Ich winkte ihr, mir in mein Büro zu folgen. Die Schubladen der Schränke waren offen, durchwühlt, aber es war nichts verstreut worden. Ich suchte nach einem Familienfoto. Das einzige, das ich nicht vernichtet hatte. Ich fand es. Es stammte von einem Geburtstag meines Vaters. Ich zeigte es der Nachbarin.
    »War es einer von denen?«
    Sie rutschte mit dem Zeigefinger auf dem Foto von Kopf zu Kopf. »Nein. Können Sie mir nicht irgendetwas verraten, was ich dem verkaufen kann? Es muss ja nicht stimmen, nur echt klingen.«
    Ich suchte nach einem Blancobriefbogen

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