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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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Dich zu irgendwas gezwungen?«
    »Sie sollten sich die Hände waschen, nachdem Sie mit mir zu tun hatten«, presste sie hervor. »Und die Wohnung … desinfizieren lassen. Damit so ein dreckiges Wesen wie ich … keine Spuren hinterlässt.«
    Eine Weile lang schwieg Klawdi wie vor den Kopf geschlagen.
    Dann ging ihm ein Licht auf. Sie knabberte noch immer an der Beleidigung, die ihr der zynische Tschugeist an den Kopf geworfen hatte. Und an der Demütigung, dass Klawdi sie gehört hatte – ohne darauf zu reagieren, ohne sich im Geringsten darüber zu wundern.
    »Ywha, du kleiner Dummkopf! Warum hörst du auf den? Er ist doch nur ein Tschugeist!«
    Normalerweise weigerte sich seine Zunge, dieses Wort überhaupt auszusprechen, weshalb er auch jetzt kurz stockte – was sich jedoch höchst vielsagend ausnahm.
    »Er …« Ywha rieb sich die feuchten Augen. »Weshalb hat er das getan? Dieser Scheißkerl! Seine Rache hatte er schließlich schon! Aber nein: Er musste mir auch noch in den Rücken spucken! Mit Gift! Tschugeister sind doch alle gleich! Sie quälen jeden. Was die mit den Njawken machen! Ich habe das mal gesehen. Ihren Reigen! Den Ring! Mit penibler Sorgfalt bringen sie die Njawken um! Gut, die Njawken sind keine Menschen, aber die sind noch schlimmer. Warum erlaubt man ihnen das? Denn alles, was sie tun, ist legal! Geht es denn wirklich nicht anders?! Die Njawken schreien … Aber dann kommt ein Plastiksack, mit Reißverschluss, es riecht nach Veilchen … oder wie Veilchen, jedenfalls widerlich …«
    Klawdi kniff sich in die Nase, reflexhaft, automatisch, denn er wollte den Geruch nicht riechen, der nur in seiner Erinnerung existierte.
    Ywha verstummte. Ihre feuchten Wimpern flogen geschwind auf und ab, als wären es Flügel. Klapp, klapp …
    Er drehte sich um und ging in die Küche. Dem Kühlschrank entnahm er eine Flasche Bier, öffnete sie und trank direkt aus der Flasche einen tiefen Zug. Den Geschmack nahm er nicht wahr – er wollte einzig und allein diesen Geruch vergessen. Und den Gedanken an den Sack vertreiben, aus Plastik und in schmutzigem Grün. Mit einem Reißverschluss …
    »Habe ich was Falsches gesagt?«
    Ywha stand in der Küchentür. Mit trockenen Augen. Aufmerksam und angespannt. Bemerkenswert! Denn Klawdi war felsenfest davon überzeugt gewesen, in seinem Gesicht hätte nicht ein Muskel gezuckt. Offenbar hatte er sich getäuscht. Er hatte sich verraten. Wodurch nur?
    »Nein, Ywha, es ist alles in Ordnung. Ich kann nur … Veilchen nicht ertragen.«
    Sie biss sich auf die Lippe. »Verzeihen Sie.«
    »Was?«
    Sie blickte ernsthaft drein. Traurig und sogar ein wenig mitleidig. »Ich dachte, ich hätte Sie an etwas Schreckliches erinnert. Es wird nicht wieder vorkommen. Verzeihen Sie.«
     
    (Djunka. Mai)
    Nachdem er zwei Stunden durch die nächtlichen Straßen gestreift war, befand er sich in einem Zustand krankhafter Verwirrung. Der Rausch war relativ schnell vergangen und an seine Stelle ein widerlicher, gemeiner Schmerz getreten. Sobald er auf das letzte halbe Jahr seines Lebens zurückschaute, schaffte er es nur mit Mühe, den Kopf nicht gegen die nächste Mauer zu knallen.
    Mehr als einmal hatten ihn wie wild Autos angehupt, und die Fahrer, denen er vor den Wagen gelaufen war, hatten geflucht und ihm mit Fäusten gedroht. Mehr als einmal hatte Klawdi an das glückselige Nichtsein gedacht, das so einfach unter den Rädern dieser dummen Raser zu finden war. Zuletzt hatte er den Gedanken an Selbstmord als so erstaunlich angenehm empfunden, dass er sich eine heftige Ohrfeige verpassen musste. Was für eine hysterische Geste!
    Nachdem der Schmerz des Schlages vergangen war, realisierte Klawdi, dass sich der Wunsch, Hand an sich selbst zu legen, quasi zu einer Krankheit ausgewachsen hatte. Er war zu einer Idee geworden, die ihn nicht mehr losließ. Eine Art Abschiedsgeschenk jenes Abgrunds, in den er sich dann doch nicht gestürzt hatte.
    Aber immer noch stürzen konnte. Klaw ballte die Fäuste, bis sich die Fingernägel in die Handteller bohrten.
    Djunka.
    Du bist doch Djunka, nicht wahr?
    Lange blieb er im Hauseingang stehen, und die wenigen Liebhaber nächtlicher Spaziergänge, die das Haus betraten oder verließen, schauten besorgt zu dem seltsamen, reglosen Jungen hinüber.
    Später rief er den Fahrstuhl, und irgendwo zwischen dem zehnten und dem vierzehnten Stock fielen ihm die Leere unter dem dünnen Fahrstuhlboden und die beiden massiven Zugstränge ein, die – wie er vorhin

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