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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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trat einen Schritt zur Seite – und wäre beinah mit einem jungen Mann zusammengestoßen, der über der hautengen schwarzen Kleidung lässig eine Fellweste trug.
    Der Tschugeist betrachtete sie mit gelangweiltem, irgendwie gummiartigem Blick, der mal vorschnellte und Interesse bekundete, dann wieder teilnahmslos wegglitt, als sei er ein Gartenschlauch, dessen geschmeidiger Wasserstrahl abriss. Gebannt stand Ywha da, unfähig, die Sohlen ihrer abgetragenen grauen Turnschuhe vom Asphalt zu lösen.
    So sind sie alle. Erst stürzen sie sich auf dich, dann rümpfen sie die Nase. Tschugeister wittern Hexen, interessieren sich jedoch nur für Njawken. Jeder Tschugeist konnte in Ywhas Innerem lesen, machte aber glücklicherweise kein Aufhebens davon.
    Der Tschugeist wandte sich von ihr ab. Es spielte keine Rolle mehr, wie viele untote Frauen er heute endgültig getötet hatte, denn im Augenblick hielt er ein Hochglanzmagazin in Händen, auf dessen Cover pralles rosafarbenes Fleisch das Leben pries, lockendes Fleisch, dessen Ruf taub machen konnte.
    Ywha drehte sich um und schleppte sich mit schweren Beinen davon.
     
    Das kleine Antiquariat war geöffnet. Ywha fasste allerdings nicht den Mut, das Geschäft zu betreten, und suchte stattdessen die Telefonzelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf. Sie wählte die Nummer der Inhaberin, drückte die Gabel aber sofort wieder herunter. Anschließend rief sie mit fest zusammengebissenen Zähnen bei den Mytezes an, um den hallenden, triumphierenden Klingeltönen lange zu lauschen.
    In Nasars Stadtwohnung nahm ebenfalls niemand ab. Mit eingezogenem Kopf überquerte Ywha schließlich den Rosenplatz, erreichte einen kleinen Park, setzte sich und streckte erschöpft die Beine aus.
    »Heiße Sandwiches?«
    Sie zuckte zusammen.
    Unmittelbar vor ihr stand ein kleiner Karren mit einem grellfarbenen Behälter, aus dessen geöffnetem Deckel Dampf aufwölkte. Den Wagen schob ein etwa vierzehnjähriges Mädchen. Unter ihrer langen, ausgelassenen Jacke lugte der Saum eines dunklen Kleides hervor, das an eine Schuluniform erinnerte.
    »Heiße Sandwiches«, rief das Mädchen mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »Mit Tomaten und Zwiebeln … Nur fünf Taler.«
    Ywha klimperte mit dem Kleingeld in der Tasche. Ein Gedanke, der sie völlig gleichgültig ließ, kam ihr in den Sinn und schlich sich wieder davon: Morgen würde sie vielleicht überhaupt kein Geld mehr haben. Nicht einmal für ein Sandwich …
    Aus irgendeinem Grund hatte das Mädchen keine Eile weiterzuziehen. Es stand da und sah zu, wie Ywha kaute. Ob sie auf Lob wartete?
    »Die Sandwiches sind ausgezeichnet.« Ywha zwang sich zu einem freundlichen Lächeln.
    »Du … du bist die Füchsin, die mit den Hühnern leben will«, erklärte das Mädchen völlig ernst. »Und du hoffst, dass sie dich nicht durchschauen.«
    Ywha schwieg. Der Bissen blieb ihr im Hals stecken.
    »Eine Füchsin isst keine Hirse!«, hielt das Mädchen ihr überlegen vor. »Das wirst du schon noch sehen … irgendwann.« Dann hantierte sie geschäftig an ihrem Karren herum. »Auf Wiedersehen …«
    Ihre Hand bohrte sich schmerzhaft in Ywhas Schulter. Daraufhin verschluckte sie sich. Schon im nächsten Augenblick war das Mädchen fort, wobei es den Karren mit einem derart trauervoll-siegreichen Blick vor sich herschob, als handle es sich bei ihm um den Katafalk auf einer Militärbeerdigung.
     
    Als er in die Stadt einfuhr, meldete sich am Armaturenbrett mit einem stechend roten Blinklicht der Notruf. Obwohl Klawdi nicht nach dem Telefonhörer griff, krampfte sich seine Brust in schlimmer Vorahnung schmerzlich zusammen. Also doch …
    Am Platz des Siegreichen Sturms parkten immer viele Autos; heute versperrte ein schnittiger weißer Maxik mit seinem kecken Hintern die Durchfahrt, sodass sich Klawdi zu seinem Verdruss gezwungen sah, die Sirene einzuschalten.
    Nachdem er oben in seiner Wohnung angekommen war, studierte er nachdenklich den Inhalt des Kühlschranks; dann schlug er die Tür zu, setzte Teewasser auf und machte es sich mit dem Telefon bequem.
    »Nieder mit dem Abschaum, Patron.« Obwohl die Stimme seines Stellvertreters professionell rau war, hörte Klawdi klar und deutlich einen Hauch echter Erleichterung heraus. »Ich habe Sie gesucht, Patron …«
    »Nieder mit dem Abschaum, Hljur. Was gibt's?« Klawdi streckte sich auf dem Sofa aus, ohne die verstaubten Schuhe auszuziehen.
    »Eine Epidemie, Patron. Pestfälle in Rjanka

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