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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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handeln, Helena? Sie? Mit mir? Eine Frau, die ich so respektiere. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?«
    »Sie haben alles richtig verstanden.« Die Frau blickte an ihm vorbei. »Der Ausnahmezustand geht … auf unerklärliche Veränderungen zurück, zu denen es in der Hexengemeinschaft gekommen ist. Eine verstärkte Aktivität. Auf ihre Aggressivität und den Zuwachs an Initiationen. Neue Hexen von enormer Kraft … lassen eine seltsame, im Grunde sogar unnatürliche Solidarität erkennen. Ist es nicht so?«
    Klawdis Gesicht blieb undurchdringlich, doch diese vermeintliche Gleichgültigkeit kostete ihn gewaltige Anstrengungen.
    »Ich bin nicht initiiert. Trotzdem bin ich eine Hexe, mein Inquisitor. Und ich bin eine durchaus belesene Hexe. Ich habe eine Vermutung, von der ich glaube, dass sie der Wahrheit ziemlich nahe kommt. Sie können mir natürlich sagen: Kein Bedarf, das weiß ich selbst … Dann werde ich beschämt gehen. Aber falls … falls Ihnen meine Überlegungen von Nutzen wären, warum sollten Sie dann nicht davon profitieren? Vor allem, da … sie aus reinem Herzen kommen und … nur unserer … guten Beziehung geschuldet sind. Das schwöre ich.«
    »Helena«, wiederholte Klawdi nachdrücklich und kratzte sich den Mundwinkel. »Die letzte Ballettpremiere soll bei den Zuschauern wahre Begeisterungsstürme ausgelöst haben. Stimmt das?«
    » Die Störche «, flüsterte die Frau. »Die herrlichen Störche … Wie viele Karten brauchen Sie? Für wann?«
    »Helena, wenn an meiner Stelle ein anderer Mann säße … und sei es nur mein Vorgänger … wissen Sie, was er mit Ihnen täte?«
    »Ihm hätte ich nicht gesagt … was ich Ihnen sage.«
    »Soll ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?«
    Ihre Mundwinkel hoben sich leicht. »Wahrscheinlich schon, mein Inquisitor.«
    Einen Moment lang sahen sie sich unverwandt in die Augen.
    »Sagen Sie es mir, Helena.«
    Die Frau sog die Luft scharf ein, bis das schwere Goldmedaillon im Ausschnitt des schwarzen Seidenkleides zitterte. »Die Mutterhexe. Hexen sind von Natur aus Einzelgängerinnen … Das gibt ihnen … besser gesagt, den Menschen, die Möglichkeit einer Koexistenz mit ihnen … wobei Krieg und bewaffnete Neutralität einander ablösen. Hexen sind eine Wolke aus einzelnen Wespen. Aber sobald die Mutterhexe auftaucht, ändert sich das. Dann wird aus der Wolke eine Familie. Ein einziger starker Organismus mit einer Vielzahl von Stacheln. Ein Schwarm … dann lässt sich der Krieg nicht mehr vermeiden … der grausam werden wird. Aber wenn man die Mutterhexe tötet, kommt alles wieder ins Lot.«
    Helena Torka holte tief Luft. Klawdi griff nach den Zigaretten, kämpfte einige Sekunden mit der Etikette, um sich, diese doch ignorierend, am Ende schweigend eine anzustecken.
    Die Frau lächelte verkrampft, kramte ihrerseits eine glänzende Schachtel aus der Tasche, klickerte mit dem Feuerzeug und zündete sich ebenfalls eine an. Sofort beruhigte sie sich wieder. Ihr Gesicht entspannte sich ein wenig, nahm einen milderen Ausdruck an, und auf ihre Wangen kehrte eine zarte Röte zurück.
    »Auch ich liebe … die alten Handschriften.« Klawdi beobachtete sein Gegenüber durch die sich langsam auflösenden Rauchschwaden. »Diese alten Manuskripte, die schaurigen Geschichten … Ihrer Ansicht nach handelt es sich bei der Entdeckung der Wespen, also nicht um eine Fälschung?«
    »Da bin ich mir ganz sicher.« Die Frau schloss kurz die Augen. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß. Was Sie damit anfangen, müssen Sie selbst entscheiden.«
    Klawdi erwiderte kein Wort. Er rieb sich das Kinn und tat einen tiefen Zug. »Ihre … Überlegungen haben nicht den Wert, den Sie mir angedeutet hatten. Ich fürchte, ich werde Sie enttäuschen müssen. Natürlich bin ich keine Hexe … aber ich weiß wesentlich mehr. Bedauerlicherweise.«
    Die Frau hüllte sich in Schweigen. Klawdi glaubte, die Zigarette in ihren Fingern erzittern zu sehen.
    »Trotzdem schätze ich Ihre Offenheit.« Er seufzte. Als er ihren Blick auffing, lächelte er schief. »Reichen Sie im Büro eine Liste ein. Mit den Namen Ihrer talentierten Hexen. Wir werden sehen, was wir tun können.«
     
    Als Ywha aufwachte, war sie von kaltem Schweiß bedeckt.
    Im Flur brannte das Licht. Als sie sich gestern Abend hingelegt hatte, hatte sie vergessen, es auszuschalten. Nun ja, ehrlich gesagt hatte sie es gar nicht ausmachen wollen. Jetzt lag sie da, eine fremde Decke bis ans Kinn gezogen, eingehüllt in den Geruch

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