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Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Das Jahrhundert der Hexen: Roman

Titel: Das Jahrhundert der Hexen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Dyachenko , Marina Dyachenko
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des Waschmittels, den die saubere Bettwäsche verströmte. Sie lauschte, wie sich ihr hämmerndes Herz allmählich beruhigte.
    Draußen herrschte undurchdringliche Dunkelheit. Das Bett schien ein nicht enden wollendes weißes Feld zu sein, eine Ebene unter fest gefrorenem Schnee. Ywha fühlte sich wie eine zufällige Wanderin, die in einer Schneewehe erfroren war. Und tatsächlich fror sie – allerdings kam diese Kälte von innen.
    Sie stand auf. Bibbernd zog sie sich den Pullover über den nackten Körper. Dann trat sie ans Fenster.
    Im Nachbarhaus brannte ein einziges Licht. Wer war da in tiefer Nacht noch wach? Ein Dichter? Ein Kranker? Oder eine Babysitterin?
    Als sie sich an ihren Traum erinnerte, zuckte sie zusammen. Obwohl er eigentlich nicht schrecklich gewesen war. Von einer Jugendlichen in einem kurzen Kleid und einer ausgelassenen Jacke hatte er gehandelt, die sich über einen Wagen mit heißen Sandwiches beugte und etwas aus einem bunt bemalten Metallkübel holte.
    In diesem Augenblick war Ywha zitternd aufgewacht. Sie wollte gar nicht wissen, was genau das Mädchen für sie zubereitet hatte; das durfte ruhig ihr Geheimnis bleiben.
    Sie schaltete das Licht an. Es war vier Uhr morgens, die mieseste Zeit des Tages. Schlimmer hätte es sie nicht erwischen können. Ein kleiner Fernseher, nur dazu da, um vom Bett aus etwas ansehen zu können, flackerte gehorsam auf. Die Nachrichten des Tages wurden wiederholt, Clips mit hüllenlosen Schönheiten wechselten sich mit Werbespots ab. Ywha setzte sich auf den Rand des Bettes und umfasste die nackten Knie. Was, wenn das Mädchen mit den Sandwiches sie selbst hier entdeckte?
    Na, wenn schon, dachte sie trotzig. Warum bauschte sie das so auf? Früher oder später würde sie sich halt entscheiden müssen. Zwischen Nasar und …
    Der Gedanke verweigerte ihr seine Fortsetzung. Warum kam sie ausgerechnet auf Nasar? Jedes Mal wenn sie an ihn dachte, landete sie in einer Sackgasse der Sehnsucht. Besser, sie vergaß ihn ganz. Glücklicherweise war der Kopf ja rund, so konnte sie immer in die Richtung denken, in die sie ihn drehte.
    Mit aller Gewalt vertrieb Ywha das gequälte, gummiartige Grinsen von ihrem Gesicht, das ihre Lippen schmerzen ließ. Sie kroch wieder unter die Decke. Letzten Endes war dieses Bett doch prächtig. Riesig, gerade hart genug und solide wie eine Zitadelle. Ein Tummelplatz für die Phantasie …
    Sie biss sich auf die Lippe. Seit gestern verfolgte sie das unangenehme Gefühl, die Dritte im Bett zu sein. Manchmal sah sie sogar fremde Kleidung, die achtlos auf den staubigen Flokati geworfen worden war. Ihre Vorstellung bereicherte ein Berg seidiger Unterwäsche, der für ein ganzes Dutzend üppiger Damen gereicht hätte. Auch der schwarze Hausmantel des Großinquisitors, der an ein mittelalterliches Gewand erinnerte, fehlte nicht. Dazu noch …
    Genauer sah sie gar nicht hin, denn nun folgte eine Schwelle, vor der ihre Phantasie schaudernd zurückwich.
    Ob sie es wirklich schaffte, sich jene Hexe in dem braunen Kleid als Schülerin an der Tafel vorzustellen, sobald sie, Ywha, panische Angst verspürte?
    Und warum versuchte sie nicht, sich den Großinquisitor nackt vorzustellen? Schließlich sind doch unter der Kleidung alle nackt. Und die Falten eines Schrecken gebietenden Gewandes verbergen sowohl das Relief athletischer Muskeln als auch kraftloses, schlaffes Fleisch. Und auch …
    Den nervösen Clip im Fernseher löste ein neues Bild ab, die Musik verstummte. Ywha fuhr zusammen.
    »Eben! Hexen! Seit einer Woche höre ich nichts anderes mehr, alle reden nur noch von Hexen!«
    Das Gesicht des Mannes war gepixelt. Er saß auf einer Parkbank, hinter ihm pickten Tauben im Gras etwas auf, während unmittelbar vor ihm ein rundes schwarzes Mikrofon in der Hand von jemandem aufragte. Die Stimme des Mannes klang affektiert und gleichzeitig herrisch. Der Halter des Mikros stellte ihm leise eine Frage.
    »Die Herren Inquisitoren …«, jetzt nahm die Stimme einen sarkastischen Ton an, und Ywha vermutete, dass sich die Lippen hinter dem Sichtschutz boshaft verzogen, »… haben bereits vor vier Jahren unter meiner Federführung ein uneingeschränkt erfolgreiches Experiment durchgeführt. Ich kenne die Frau, ich weiß, wo sie wohnt … Nein, verehrte Journalisten, das werde ich Ihnen noch nicht mitteilen. Aber falls die Oberste Inquisition auch weiterhin jeden Anstand vermissen lässt, werde ich Ihnen eine Kopie des Befehls Nr. 240 – vom Großinquisitor selbst

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