Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
für sein Land begangen hatte, waren dennoch Verbrechen. Und jemanden zu töten – auch wenn der Betreffende es verdient haben mochte –, war immer noch Mord. Wer dieses Geschäft erfolgreich ausübte, wurde zum Serienmörder, und wenn ein Agent nicht gerade das steinerne Herz eines Soziopathen besaß, musste das ständige Töten tiefe seelische Spuren hinterlassen.
Worauf es ankam, hatte er schon vor Jahren gegenüber Doug Case erläutert: Sich der Wahrheit zu stellen, konnte einen nur retten, wenn man auch versuchte, es besser zu machen. Das war sein Traum, der jedoch täglich von der Realität eingeholt wurde, von menschlichen Schwächen, moralischen Fallstricken und der paradoxen Tatsache, dass der Kampf gegen Gewalt oft neue Gewalt nach sich zog.
»Ja«, gab er schließlich zu. »Doug hat das Rehabilitierungsprogramm hinter sich.«
»Hab ich’s doch gewusst!«, rief sie triumphierend aus. »Der Phönix hat wieder zugeschlagen.«
»Doug war der Erste. Damals hab ich’s noch ganz allein versucht.«
Doug Case hatte in einem Punkt recht behalten: Janson hatte rasch festgestellt, dass er die Arbeit nicht allein schaffen konnte. Der Mann, der Institutionen nicht ausstehen konnte, musste selbst eine gründen. Er hatte Experten engagiert, um die Phoenix Foundation aufzubauen mit dem Ziel, ehemaligen verdeckten Einsatzkräften zu helfen, die seelischen Wunden ihres entmenschlichenden Dienstes zu verarbeiten. Ein umsichtiges Management der zur Verfügung stehenden Mittel, mutige Investitionen in Zeiten der Finanzkrise sowie eine gehörige Portion Glück machten es möglich, die Betreffenden so zu unterstützen, dass sie an Universitäten, im öffentlichen Dienst oder in verschiedenen behördlichen Einrichtungen Fuß fassen konnten. Aufträge wie dieser – die Rettung des ASC-Arztes – brachten das nötige Geld, um die verschiedenen Fachkräfte der Stiftung einschließlich der Computerexperten und Hacker zu bezahlen.
Keiner von ihnen kannte die ganze Geschichte. Jessica war eine Ausnahme und wusste mehr als die meisten.
»Doug ist ein besonders erfolgreicher Fall. Sicherheitsdirektor des größten Erdölunternehmens der Welt. In seiner spärlichen Freizeit ist er auch noch großer Bruder, Dad und Onkel in einem Resozialisierungszentrum für ehemalige Bandenmitglieder, die nach Schießereien im Rollstuhl gelandet sind. Zu Weihnachten kriegt jeder so einen Elektrosuperchair, wie er ihn hat.«
»Was hat er denn getan? Weswegen musstest du ihn retten?«
»Das musst du nicht wissen.«
»Natürlich muss ich es nicht wissen. Ich hätte nur ganz gern das Gefühl, mit offenen Augen in diesen Job zu gehen, vor allem, wenn es so weit kommen sollte, dass ich an den Füßen aufgehängt werde und zusehen muss, wie du gefoltert wirst, und darauf warte, selbst dranzukommen.«
»Komisch, dass du Folter erwähnst.«
»Was ist so komisch an Folter?«
»Doug Case war immer dagegen. Sogar strikt dagegen. Er glaubte, dass wir alle – Bürger, Soldaten, Geheimagenten – uns in einem Krieg gegen den Terror befinden. Gerade deshalb meinte er, wir dürfen nicht das Beste in uns zerstören – unsere Moralvorstellungen –, nur um uns zu wehren oder zu schützen. Wenn ein Unschuldiger stirbt, weil ein Terrorist nicht gefoltert wurde, so ist sein Tod nicht umsonst, sondern erinnert uns seiner Meinung nach an etwas Wesentliches.«
»Woran?«
»Unseren Anstand.«
»Die Jungs von Cons Ops müssen ihn geliebt haben.«
»Du erinnerst dich vielleicht«, erwiderte Janson trocken, »Consular Operations war kein Debattierclub. Er hat erst danach darüber gesprochen.«
»Nach was?«
»Nachdem er seinen Partner erschossen hatte, um ihn daran zu hindern, einen Gefangenen zu foltern, den sie in Malaysia geschnappt hatten.«
»Er hat einen eigenen Mann erschossen?«
»Mit zwei Kugeln in den Kopf.«
»Er hat einen Amerikaner erschossen? Herrgott, Paul. Kein Wunder, dass er im Rollstuhl sitzt. Wer hat’s getan?« Ihre Augen weiteten sich. »Du?«
»Rache ist nicht meine Art, Jessie. Das weißt du. Es gibt keine Rache. Nicht in dieser Welt.«
»Und?« Sie sah ihn durchdringend an. »Wer war’s dann?«
»Er selbst.«
»Wie bitte?«
»Doug ist vom Dach unserer Botschaft in Singapur gesprungen.«
»Selbstmord?«
»Das war seine Absicht. Doch der Körper tut nicht immer, was der Geist will. Er hatte zu viele Fallschirmsprünge hinter sich, um einfach so in den Tod zu stürzen. Sein Körper erinnerte sich daran, wie man fällt. Das
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