Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
innerhalb der Höhle.
Das Gesicht war so ziemlich der einzige Körperteil dieses armen Teufels, der heil geblieben war. Seine Augen waren geschlossen: Flannigan hatte ihm genug Morphium aus der Erste-Hilfe-Ausrüstung der Amber Dawn gegeben. Wenn man nur das Gesicht betrachtete, sah man einen einst sehr stattlichen Achtundsechzigjährigen mit graumeliertem Schnurrbart und dichtem, schwarz gefärbtem Kräuselhaar, mit großen Elefantenohren und einer schmalen portugiesischen Nase, einer markanten Kieferpartie und dem Doppelkinn und den runden Wangen eines Mannes, der gutes Essen schätzte. Flannigan konnte sich schwer vorstellen, dass Ferdinand Poe sein genussvolles Leben aufgegeben hatte, um eine Revolution anzuführen. Es war fast so absurd wie die Tatsache, dass er selbst Gefangener der Rebellen war.
»Wenn er stirbt, bist du der Nächste!«, drohte der Sohn.
»Fick dich!«, gab der Arzt zurück, der nichts mehr zu verlieren hatte. Er konnte sagen, was er wollte. Sie würden ihm kein Haar krümmen, solange der Alte nicht ins Gras biss. Wenn das passierte, würde sein zorniger Sohn ihn erschießen, auch wenn sie noch so dringend einen Arzt für ihre Dutzenden Verwundeten benötigten. So wie er die armen Narren abknallen würde, die draußen an Bäume gefesselt waren. Der Doktor würde ihnen jedenfalls keine Träne nachweinen. Die Kerle hatten die Amber Dawn angegriffen und alle an Bord erschossen. Sie hatten es nicht anders verdient.
Merkwürdig war nur, dass Ferdinand Poes Sohn Douglas seinen eigenen Soldaten vorwarf, eigenmächtig und ohne Befehl gehandelt zu haben. Terry Flannigan hatte keine Ahnung, was da vor sich ging. Er wusste nur, dass der Anführer des Überfallkommandos, dieser südafrikanische Irre, der Janet ermordet hatte, verschwunden war, bevor die anderen festgenommen und an Bäume gefesselt worden waren. Poe hatte hundert Mann losgeschickt, um den Dschungel zu durchkämmen und ihn zu erschießen. Doch Flannigan hatte den Mann auf dem Schiff und während des gefährlichen Marschs durch Sümpfe und Urwald beobachtet. Es hätte ihn gewundert, wenn sie den Dreckskerl erwischten.
Douglas Poe nahm die Hand seines Vaters und spürte, wie er bei der Berührung zusammenzuckte. »Ich dachte, Sie haben ihm Morphin gegeben!«, rief Douglas vorwurfsvoll.
»Ich hab Ihnen gesagt, Sie sollen ihn nicht anrühren«, erwiderte der Arzt. »Wenn ich ihm noch mehr gebe, fällt er ins Koma. Sie haben hier in der Höhle keine Vorkehrungen, um einen Patienten im Koma zu beobachten.«
»Aber wann …?«
Terrence Flannigan griff zu einer Antwort, die so alt war wie Hippokrates: »Er braucht Zeit.«
Douglas Poe zog seine Pistole aus dem Oberschenkelholster, wirbelte herum und stürmte aus der Höhle. Die gefesselten Soldaten reckten die Hälse, als sie ihn kommen sahen. Sie zerrten an den Stricken, die sie an die raue Baumrinde fesselten. Ein Mann schrie auf. Ein anderer stöhnte. Ihr Sergeant wandte sich in ruhigem Ton an Poe: »Douglas, Kamerad, wir haben nur getan, was du uns befohlen hast.«
»Ich hab euch nicht befohlen, sie zu töten.«
»Doch, das hast du. Du hast selbst gesagt, wir sollen die Mannschaft des Ölsuchschiffs umbringen und das Schiff versenken.«
»Das hab ich nie gesagt.«
»Douglas, Bruder. Ich hab dich mit meinen eigenen Ohren über Funk gehört.«
»Lügner. Ich hab nicht über Funk mit dir gesprochen.«
»Ich hab gehört, wie du zu Sergeant Major van Pelt gesagt hast: »Erschießt sie. Versenkt das Boot.«
»Ihr habt alles zerstört, wofür sich mein Vater eingesetzt hat. Ihr alle!«, rief Douglas wütend. Er schritt von einem Baum zum anderen und fuchtelte mit der Pistole vor ihren Gesichtern. »Mein Vater wollte mit der Ölgesellschaft verhandeln, damit sie uns helfen, unser ruiniertes Land wieder aufzubauen. Und was macht ihr? Ihr bringt ihre Leute um.«
»Du hast Sergeant Major van Pelt die Mannschaftsliste gegeben.«
»Das hab ich nicht!«
»Er hat’s mir gesagt.«
Douglas Poe hob seine Pistole, hielt dem Sergeant den Lauf an die Schläfe und drückte ab. Danach schritt er von Baum zu Baum und erschoss auch die anderen. Innerhalb von dreißig Sekunden war es vorbei. Terry Flannigan verfolgte die Szene angewidert und schockiert. Er fragte sich, ob er stark genug war, um zu flüchten, so wie der Südafrikaner.
Die Île de Forée war etwa fünfzig Kilometer lang und dreißig Kilometer breit. Die Aufständischen hatten das Hochland im Zentrum der Insel fest in der Hand. Das
Weitere Kostenlose Bücher