Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
noch arbeiteten, die Kellner, die dem Rest das Essen servierten. Sogar der gutaussende Takler hatte eine Pause eingelegt und seinen Mast verlassen.
Mittagessen. Und dann nichts wie weg hier.
Sie eilte zu ihrem Auto.
16
Jessica Kincaid blieb zwei Meter vor dem Audi stehen und öffnete ihre Handtasche. Sie zog eine Marlboropackung heraus, öffnete sie, schüttelte frustriert den Kopf, zerknüllte die Schachtel, drehte sich um und ging zurück zum Hafengebäude. Die zerknüllte Packung warf sie in einen Abfalleimer an der Tür.
Das Terminalgebäude war dank der Klimaanlage angenehm kühl und lud die Passagiere ein, die vielen Geschäfte zu besuchen. So wie der Schalter der Fantasy-Linie waren auch die meisten Läden über Mittag geschlossen. Diejenigen, die offen hatten, waren praktisch menschenleer, bis auf die gelangweilten Verkäufer.
Jessica ging zur Toilette. Drinnen hörte sie einen Händetrockner dröhnen. Gut, dass er funktionierte: Sie würde ihn gleich brauchen. Sie durchquerte die hallende Lobby und betrat ein Geschäft, in dem sie eine Schachtel Marlboro und ein Feuerzeug kaufte. An der Kasse fragte sie nach einer Kühlkompresse und fand sie zwischen dem Verbandsmaterial. Sie kaufte die Kompresse und eine spanische Zeitung und ging dann auf die Damentoilette. Die Frau, die sich die Hände getrocknet hatte, kam gerade heraus.
»Perdón.«
»No hay problema.«
Jessica vergewisserte sich, dass alle Kabinen leer waren und sie allein in der Toilette war. Rasch stopfte sie etwas Zeitungspapier als behelfsmäßigen Stöpsel in den Abfluss des Waschbeckens und füllte das Becken zur Hälfte mit kaltem Wasser. Entgegen dem Warnhinweis – in fünf Sprachen aufgedruckt –, den Beutel der Kühlkompresse nicht zu öffnen, riss sie ihn auf und schüttete das Ammoniumnitrat ins Wasser, um es aufzulösen. Sie tauchte ein Blatt Zeitungspapier in die Lösung, ließ es abtropfen und hielt es vor den Händetrockner. Der warme Luftstrom zerriss ihr das Papier in den Händen. Sie versuchte es noch einmal, hielt das feuchte Papier etwas weiter weg und ließ es trocknen. Das trockene Papier war jedoch so spröde, dass es in ihren Fingern zu zerbröseln drohte. Um das zu verhindern, legte sie es auf ein frisches Blatt Zeitungspapier und faltete es zu einem Rechteck, etwa dreißig Zentimeter lang, drei Zentimeter breit und einen Zentimeter dick.
Sie steckte es in ihre Tasche, verließ rasch die Damentoilette und schritt durch die Halle und auf den Pier hinaus. Langsam schlenderte sie zu ihrem Auto, blickte sich um wie eine Touristin, öffnete die Marlboropackung und klopfte eine Zigarette heraus.
Auf den Booten sah sie niemanden, der sie hätte beobachten können. Auch in den geparkten Autos schien niemand zu sitzen. Und auf dem Kreuzfahrtschiff war ebenfalls kein Mensch zu erkennen.
Sie überblickte die Umgebung, als müsste sie ein Scharfschützenteam einsetzen. Ein paar Schützen würde sie auf den Palmen postieren, einige auf den Hausdächern dahinter, einen auf einem Lastwagen, der auf der Überführung stand. Für sich selbst würde sie den Leuchtturm am äußeren Hafendamm wählen. Eine große Entfernung, bei der man vor allem den Wind berücksichtigen musste.
Wären Scharfschützen hier postiert gewesen, wäre sie bereits tot. Doch dann hätte sich auch kein schwerer Kerl in ihrem Auto verstecken müssen: Sie hatte es daran erkannt, dass der Wagen eine Spur tiefer lag als vorher.
Sie war eine Frau; es konnte sich um irgendein Schwein handeln, das sie vergewaltigen wollte. Doch verdammt wenige Vergewaltiger konnten einen Audi aufbrechen, ohne den Alarm auszulösen. Und dass das Auto noch dastand, bewies, dass der Typ, der drinnen hockte, es nicht stehlen wollte. Er wartete auf sie.
Ihr war noch etwas aufgefallen, eher unterbewusst, als sie aus dem Terminalgebäude gekommen war, ein winziges Detail, das ihre Aufmerksamkeit geschärft hatte: Der Takler auf der Segelyacht hatte die Steigklemmen an dem Tau gelassen, an dem er hochgeklettert war. Um sie zu holen, brauchte er zusätzliche Steigklemmen, was irgendwie unsinnig war – es sei denn, er hatte es sehr eilig gehabt, zum Beispiel, um ihr Auto zu knacken.
Zweifellos ging es um den Schiffsarzt. Dr. Flannigan war der Grund, warum sie nach Cartagena gekommen war. Der Typ im Audi musste aus dem gleichen Grund auf die Varna Fantasy gewartet haben. Irgendwie hatte er herausgefunden, dass sie ebenfalls mit dem Arzt zu tun hatte.
Die Bullen konnte sie jedenfalls
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