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Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Seine Zähne waren wie aus Holz. Er trug eine dicke Drahtbrille und einen dunklen Anzug mit dunkler Krawatte. Seine Haltung war fast schon militärisch stramm, und ich sagte mir, dass die Grüns es wahrscheinlich so gewünscht hatten.
    «Na gut. Kommen Sie rein.» Er hinkte ins Zimmer, mit seiner Hüfte schien etwas nicht in Ordnung zu sein. Ich schloss die Tür. «Also? Was ist? Was kann ich für Sie tun?»
    Medgyessi blickte sich sichtlich angetan um. «Schön hier, gnädiger Herr», sagte er. «Wirklich schön. Ich kann’s Ihnen nicht verdenken, dass Sie lieber hier wohnen als im Haus Ihrer Mutter. Zumal nach dem Zwischenfall bei der Beerdigung. Sehr bedauerlich, wirklich. Und ganz und gar fehl am Platz. Ich habe sie schon zurechtgewiesen, gnädiger Herr. Fünfzehn Jahre war ich Butler bei der Mutter des gnädigen Herrn, und das war das erste Mal, dass ich Klara so habe reden hören.»
    «Klara, sagen Sie?»
    «Jawohl, gnädiger Herr. Meine Frau.»
    Ich zuckte die Achseln. «Hören Sie, vergessen wir’s», sagte ich. «Besser gar nicht lange drüber reden. Ich weiß es zu schätzen, dass Sie hergekommen sind, um sich zu entschuldigen, aber es ist wirklich nicht so wichtig.»
    «Oh, ich bin nicht hier, um mich zu entschuldigen, gnädiger Herr», sagte er.
    «Nicht?» Ich schüttelte den Kopf. «Warum dann?»
    Der Butler lächelte ein komisches kleines Lächeln. «Die Sache ist die, gnädiger Herr», sagte er. «Ihre Mutter hat uns in ihrem Testament bedacht. Aber es ist schon eine ganze Weile her, dass sie das Testament gemacht hat, und, na ja, mit dem, was sie darin festgesetzt hat, hätten wir glücklich und zufrieden sein können, wenn nicht kürzlich die Schillingabwertung gewesen wäre. Natürlich wollte sie’s ändern, aber durch ihren plötzlichen Tod, na ja, ist sie einfach nicht mehr dazu gekommen. Deshalb sind wir jetzt in einer etwas verzweifelten Lage, meine Frau und ich. Was sie uns hinterlassen hat, reicht nicht, um uns zur Ruhe zu setzen, aber wir sind zu alt, um uns nach einer neuen Stellung umzusehen. Wir dachten, Sie könnten uns vielleicht helfen, gnädiger Herr. Wo Sie doch jetzt ein reicher Mann sind. Wir sind nicht habgierig. Wir würden gar nicht fragen, wenn Ihre Mutter das Testament nicht hätte ändern wollen. Sie können ja Dr.   Bekemeier fragen, wenn Sie mir nicht glauben, gnädiger Herr.»
    «Verstehe», sagte ich. «Nehmen Sie mir’s nicht übel, Herr Medgyessi, aber Ihre Klara klang nicht so, als ob sie meine Hilfe wollte. Im Gegenteil.»
    Der Butler zerknautschte seine Hutkrempe und stand jetzt endlich bequem.
    «Sie war nur ein bisschen durcheinander, der Herr, weiter nichts. Weil doch Ihre Mutter so plötzlich im Krankenhaus verstorben ist. Und auch, weil danach die Internationale Patrouille bei uns war und uns über Sie ausgefragt hat. Ob Sie zur Beerdigung nach Wien kommen würden und dergleichen.»
    «Warum in aller Welt sollte sich die Internationale Patrouille für mich interessieren?» Noch während ich das aussprach, fiel mir die Verfolgungsjagd auf dem Rückweg vom Zentralfriedhof ein. Jetzt sah es doch so aus, als hätte sich mein amerikanischer Fahrer geirrt. Als wäre die Internationale Patrouille hinter Erich Grün her gewesen und nicht hinter einem kleinen Schwarzhändler.
    Medgyessy lächelte wieder. «Das ist nicht nötig, gnädiger Herr», sagte er. «Wir sind nicht dumm, die Frau und ich. Dass wir nie was davon gesagt haben, heißt noch lange nicht, dass wir nichts davon wissen.»
    Ganz offensichtlich war da mehr gewesen als nur ein geschwängertes Mädchen. Viel mehr.
    «Also sprechen Sie nicht mit mir, als ob ich ein Dummkopf wäre, gnädiger Herr. Das hilft keinem von uns. Wir wollen ja weiter nichts, als Ihrer Familie zu dienen. Auf die einzige Art und Weise, wie wir’s jetzt noch können, da Sie ja wohl nicht in Wien bleiben werden, gnädiger Herr. Jedenfalls nicht offiziell.»
    «Wie glauben Sie denn, mir dienen zu können?», fragte ich geduldig.
    «Mit unserem Schweigen, gnädiger Herr. Ich wusste über die meisten Angelegenheiten Ihrer Frau Mutter Bescheid. Sie war sehr vertrauensvoll. Und auch ziemlich unvorsichtig, wenn Sie verstehen, was ich meine.»
    «Sie wollen mich erpressen?», sagte ich. «Warum sagen Sie dann nicht einfach, wie viel Sie wollen?»
    Medgyessi schüttelte ärgerlich den Kopf. «Nein, gnädiger Herr. Es ist keine Erpressung. Sie sollten es wirklich nicht so sehen. Wir wollen nichts, als der Familie Grün weiter zu dienen. Das

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