Das Jesus Sakrileg 2
schon an den anderen Chrestianern satt gefressen. Ich konnte wenigstens dieser Langeweile noch eine Pointe entgegensetzen, damit dieses Schauspiel in Erinnerung blieb. Ich begnadigte sie auf Lucius‘ Wunsch, der persönlich hinuntereilte, um sie aus der Arena zu begleiten. Und dieser Pöbel lobte mich der Barmherzigkeit wegen. Wie wankelmütig sie sind. Gestern noch hassten sie mich und heute jubeln sie mir zu. Ach, wieso muss nur meine Künstlerseele sich mit der Politik beschäftigen?
Alles in allem war dieses Schauspiel ein Trauerspiel. Auf einer Skala von 10 würde ich für diese Inszenierung eine 4 geben, aber nur wegen meiner Schlusspointe.
Nicht mehr … ach, wünsche ich doch, dass ich den Brand gelegt hätte. Eine 10 hätte ich mir gegeben. Welch Schauspiel. Aber diese Chrestianer … Ich will mich nicht länger über diese Langeweile ärgern und Terpnus zu mir rufen. Er soll sehen, wie fleißig ich an der Lyra geübt habe.“
Und Eusebius von Caesarea schrieb in einem Fragment im Jahre 336 nach Christi, welches wohl seinem Werk „Vita Constantini“ zuzuordnen war, dass Kaiser Konstantin im Traum eine Frau erschienen ist, die ihm gesagt haben soll, dass er unter dem Banner der Christen diese vermeintlich verlorene Schlacht an der Milvischen Brücke, gewinnen würde. Daraufhin ließ Konstantin das Labarum anfertigen und siegte. Konstantin sollte Eusebius auch berichtet haben, dass er dem Traum so viel Bedeutung schenkte, weil er der Frau, die er im Traum sah, tags zuvor bei einem Ausritt begegnet war und ohne sein Zutun sei sein Pferd stehengeblieben. Die Frau soll ihm gesagt haben: „Höre, Kaiser. Du wirst die Schlacht gewinnen, wenn du unter dem Banner der Christen kämpfst. Dafür fordere ich ein, dass die Verfolgung meiner Glaubensbrüder ein Ende nimmt. Andernfalls wirst du in der Schlacht deinen Tod finden.“ Laut der Notizen Eusebius war die Frau verschwunden, ehe Konstantin reagieren konnte. Und als Konstantin dann von ihr träumte, war ihm klar, dass der Gott der Christen zu ihm gesprochen hatte. Kurze Zeit später wurde, unter der Federführung von Konstantin, das Toleranzedikt von Mailand erlassen, welches den Christen die langersehnte Religionsfreiheit garantierte.
Dass dieses Fragment nie den Vatikan verließ, wusste heute wahrscheinlich nur der Kardinal. Denn wer Eusebius Werk heute analysiert, wird nirgends die Begegnung Konstantins mit einer Frau finden, sondern, dass er im Traum Jesus begegnet sei. Papst Innozenz I selbst hatte im Jahre 406 n. Chr. dafür Sorge getragen, dass diese Passage aus dem Werk „Vita Constantini“ gelöscht und durch einen Jesus-Traum ersetzt wurde, um die Vormachtstellung Roms in der Kirche zu stärken.
In einem Brief des Abtes Alkuins, welcher ein enger Vertrauter Karl des Großen war, an Papst Leo III, datiert aufs Jahr 796 n. Chr., bat dieser Seine Heiligkeit, Einfluss auf Karl zu nehmen, damit keine weiteren Gräueltaten an den Sachsen verübt werden sollten. Er schrieb, dass er zwar von diesen wisse, aber erst durch eine Frau auf tragische Weise darauf aufmerksam gemacht worden sei. Diese Frau sei in sein Kloster gekommen, in den Armen ein vierjähriges Mädchen. Sie sagte ihm unter Tränen: „Wie groß ist dein Kaiser, Alkuin, dass er selbst Kinder abschlachtet? Sprach nicht Gott: Lasst die Kinder zu mir kommen, denn ihnen ist das Reich Gottes … hat dies Gott gewollt? ... unser Gott ist ein Gott der Barmherzigkeit. Wer den Glauben mit dem Schwert bringt, wird nie Einlass in das Haus Gottes finden. Jesus lehrte die Liebe, nicht das Schwert. Sag dies deinem Kaiser.“
Alkuins erwähnte im Brief, dass erst der Anblick dieses Kindes ihm wirklich die Augen geöffnet habe und er deshalb den Papst bat, auf Karl Einfluss auszuüben. Was Alkuin damals nicht wissen konnte: Leo III. war abhängig vom Wohlwollen Karls, da er selbst angegriffen wurde.
Der Chronist Cosmas von Prag besuchte auf Einladung Papst Urban II . im November 1095 nach Christus Clermont-Ferrand. Der Zeitzeuge schrieb von einer Frau, die wie aus dem Nichts auf der Synode von Clermont erschien und Papst Urban II. eindringlich bat, nicht auf die Bitte der byzantinischen Abordnung einzugehen und Jerusalem von den gemeinen Seldschuken gewaltsam zu befreien. Sie erklärte, dass die Seldschuken den Christen nichts antäten und dass dieser Kreuzzug vielen Hunderttausenden von Gläubigen mehr Leid als Nutzen bringen würde. Ein Leiden, welches über Jahrhunderte andauern würde.
Der Papst
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