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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Professor WilfordSmith auf. Der alte Archäologe klang ungeduldig, gereizt.»Kann ich jetzt anfangen?«
    »Moment. Ja, alle Kameras laufen. Bitte, Professor!«
    Pause. Dann begann der Professor für die Kameras zu dozieren.»Wir haben hier das Skelett des Mannes, den wir für einen Zeitreisenden halten. Zumindest gibt es im Augenblick keine andere Hypothese, die die offensichtlichen Anachronismen erklären könnte, die wir an dem Skelett entdecken. Auffallend ist zunächst, daß der Schädel drei tadellose Plomben an den hinteren Backenzähnen aufweist, während etliche weitere Zähne auffallend schadhaft sind oder völlig fehlen. Das erklären wir uns so, daß die Zahnplomben vor der Reise des Mannes in die Vergangenheit eingesetzt wurden, während Zahnerkrankungen, die später in seinem Leben auftraten — als er schon in der Vergangenheit lebte -, nicht mehr in adäquater Weise behandelt werden konnten.«
    Der Professor begann, einen Arbeitsplan aufzustellen, den Shimon Bar-Lev auf einem Notizblock mitschrieb.»Zunächst muß das Material, aus dem die Plomben bestehen, genau analysiert werden. Bei der Bewertung der Ergebnisse ist zu berücksichtigen, daß dies die ersten zweitausend Jahre alten Amalgamplomben sind, die wir kennen. Wahrscheinlich verändert sich die Zusammensetzung durch Diffusion des darin enthaltenen Quecksilbers. Möglicherweise läßt sich dennoch ermitteln, ob es sich um ein bestimmtes, heutzutage von Zahnärzten verwendetes Produkt handelt.«
    Rascheln. Jemand hustete und erntete einen verweisenden Blick des Aufnahmeleiters.
    »Desgleichen werden wir noch einmal das gesamte Gebiß so genau wie möglich vermessen. Mit Hilfe der Zahndaten könnte es gelingen, festzustellen, wer der Tote ist.«
    Kaun stand mit verschränkten Armen im Hintergrund und beobachtete, was geschah. Das Skelett da liegen zu sehen und zu verfolgen, wie die beiden Archäologen es untersuchten, beunruhigte ihn mehr, als er zugeben mochte. Sich vorzustellen, daß der Mensch, zu dessen Körper dieses Skelett gehört hatte, in diesem Augenblick irgendwo auf der Welt lebte, atmete, sich vielleicht auf seine tollkühne Reise vorbereitete!
    Er sah zu Eisenhardt hinüber. Auf der Herfahrt hatte er ihn gefragt, wie ein und dasselbe Skelett sozusagen zweimal existieren könne. Der deutsche Science FictionSchriftsteller hatte ihn nur verwundert angesehen und ihm dann, als sei das das Selbstverständlichste der Welt, erklärt, daß das ja gerade der Witz bei einer Zeitreise sei: daß man gewissermaßen eine Schleife auf dem Zeitstrahl drehe.
    »Wir haben hier ferner einen sauber verheilten Bruch am linken Schienbein, den wir erst vorhin bei der Aushebung des Grabes bemerkt haben. Diesen Knochen werden wir röntgen; eventuell enthält er noch eine Knochenschraube oder ein anderes Implantat. Wenn wir Glück haben, wurde ein numeriertes Implantat verwendet, so daß wir über die Seriennummer die Identität des Toten ermitteln können.«
    Die Lebenslinie eines Menschen, die normalerweise mit dessen Geburt beginnt und mit seinem Tod endet, erfuhr im Fall des Zeitreisenden eine Art Schnitt. Irgendwann in naher Zukunft würde sie, im Augenblick der Zeitreise, abrupt und spurlos abbrechen, um in ferner Vergangenheit, aus dem Nichts kommend, sich in das Gewebe der Welt der Zeitenwende einzufügen. Aus historischer Sicht hatte das spätere Leben, das Alter und der Tod dieses Unbekannten bereits vor zweitausend Jahren stattgefunden, waren lediglich die paar Jahre bis zu seiner Zeitreise noch ungelebt. Aber von seiner persönlichen Warte aus würde der Zeitreisende das natürlich ganz anders erleben. Er würde die Zeitreise unternehmen und danach — was für den Rest der Welt ein Davor war, ein Zweitausend-Jahre-Davor — in eine altertümliche Welt gelangen, in der er seine Mission erfüllen und danach bis ans Ende seiner Tage leben würde.
    »Kommen wir zum Beutel. Es scheint sich bei der äußeren Umhüllung um Leinen zu handeln, aber wir werden die Fasern einer exakten Analyse unterziehen. Interessant auch die Frage, welche Farbe der Stoff hatte und ob es sich um eine Farbe handelt, die um die Zeitenwende bereits zur Verfügung stand. Könnte eine der Kameras näher herankommen? Ich werde jetzt den Plastikbeutel öffnen, der in dem Beutel steckt, und das sich darin befindliche Gebrauchsanleitungsheft herausnehmen.«
    Judith erwachte, als jemand wie wild an ihrer Schulter rüttelte, und hatte das Gefühl, gleichzeitig von einem fünf Meter

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