Das Jesus Video
nachmittags. Ausgenommen Freitag und Samstag, da schließt es schon um zwei Uhr nachmittags.«
»Ah«, machte der Millionär.
Hinter einer niedrigen Balustrade tauchte eine Gruppe Jugendlicher auf, die lautstark im Bereich des Haupteingangs herumalberten. Ein paar hüpften auf die Absperrung und winkten lebhaft zu ihnen herunter.
»Sie wollen allen Ernstes unsere Fundstücke untersuchen während all diese Leute im Haus herumlaufen?«Die Art, wie Kaun das Wort Leute aussprach, ließ es so klingen, als habe er eigentlich dieses Ungeziefer sagen wollen.
»Es besteht keine Gefahr. Das Publikum hat keinen Zutritt zu den Laborbereichen. Die meisten wissen nicht einmal, daß es hier so etwas gibt.«
»So. Ich sage, laßt uns alles einpacken und in die USA in ein privates Labor bringen, wo wir alles unter Kontrolle haben.«
Der Professor schwieg einen Moment, sah nur zum Himmel empor und blinzelte in die grelle Sonne.»Dazu brauchten Sie eine Genehmigung der israelischen Behörden.«
»Die bekomme ich schon.«
»Das sind keine Dummköpfe. Sie müßten ihnen die Funde zeigen.«
Kaun grunzte verdrossen.»Ja, ja. Schon gut.«Er gab seinen Leuten den Wink, auf den sie gewartet hatten.
Der Professor ging mit den Schlüsseln voraus, und die Männer mit den stählernen Kisten folgten ihm durch kühle Gänge, deren Wände aus hellen Ziegeln gemauert waren, an weißlackierten Stahltüren vorbei, und schließlich in einen geräumigen Laborraum mit langen Tischen voller Lupen und Mikroskope und langen Wandregalen voller Chemikalienflaschen. Kaun sah sich mürrisch um. Das sah für ihn alles wenig vertrauenerweckend aus. Als sei die Ausstattung aus den sechziger Jahren übriggeblieben.
Ryan stand plötzlich breitbeinig im Raum.»Die Türschlösser sind absolut unzureichend«, ließ er sich lautstark vernehmen. Er wies auf die graue Stahltür, die direkt in den Laborraum führte.»Das hier mache ich Ihnen mit einer Haarnadel in dreißig Sekunden auf. Ein Witz. Wir müssen unbedingt…«
»Halten Sie die Luft an, Ryan«, bellte ihn Kaun schwarzgallig an.»Und kommen Sie mir erst wieder unter die Augen, wenn ich bessere Laune habe.«
»Aber Sir, das ist…«-
Kaun kreischte beinahe.»Alle, die sich von halbwüchsigen Collegejungs an der Nase herumführen lassen, haben heute Sendepause! Haben Sie mich verstanden, Ryan?«
Ryans Gesicht blieb ausdruckslos. Allenfalls hätte man ein leichtes Zusammenziehen der Augen beobachten können, wenn man ihn scharf beobachtet hätte. Er sagte nichts mehr, nickte gehorsam, machte kehrt und verschwand.
Einen Moment herrschte betretene Stille. Kaun drehte sich einmal um sich selbst.»Was ist los? Baut die Kameras und die Lampen auf!«
Yehoshuah erwachte mit einem verquollenen Gefühl im Gesicht. Außerdem war es zu hell und zu heiß im Zimmer. Und er hatte noch seine Sachen vom Tag zuvor an. Was war nur los? Er erinnerte sich dumpf, zur Tür hereingekommen und aufs Bett gefallen zu sein… Was für ein Brummschädel! Er schleppte sich zum Waschbecken, drehte das kalte Wasser auf und hielt den Kopf darunter, bis er keine Luft mehr bekam. Und natürlich kein Handtuch am Haken. Mit klatschnassem Kopf tappte er durch die Wohnung, öffnete Schranktüren und Schubladen, bis er schließlich ein Handtuch fand, das er sich um den Kopf wickeln konnte.
Auf dem Bettrand sitzend und sich die Haare rubbelnd dämmerte ihm, welch segensreiche Einrichtung eine Entlüftungsanlage war in einem Labor, in dem man mit leicht verdunstenden Chemikalien arbeitete. Ihm war übel. Sie mußten sich gestern abend regelrecht vergiftet haben. Sein ganzer Körper fühlte sich krank an. Frische Luft, das war es, was er jetzt brauchte. Er riß ein Fenster auf, aber herein drang nur der heiße, stickige Brodem eines Sommernachmittags in Jerusalem.
Während er hinaussah auf die Stadt, die golden im Sonnenlicht flimmerte, fiel ihm alles wieder ein, was gestern geschehen war. Was Unglaubliches geschehen war. Belastendes.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch, stapelte achtlos auf die Seite — und auf andere Stapel -, was darauf herumlag, und zog sein Tagebuch aus dem Bücherregal.
»Licht!«rief jemand. Knackende, knisternde Geräusche waren zu hören, dann tauchten Halogenscheinwerfer auf hohen, wacklig aussehenden Gestellen den Laborraum in gleißend helles Licht. Auf den Monitoren der Videokameras verschwand die Schwärze und machte einem Schwarzweißbild der Szenerie Platz.
Die Mikrofone fingen die Stimme von
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