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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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genüßlich zurück und ließ die Eindrücke auf sich einströmen, die abendliche Stimmung über der Landschaft, die niedrige Silhouette der Stadt, die sich gegen die tief über dem Meer stehende Sonne wie ein Scherenschnitt abhob. Zusammen mit zahllosen anderen Autos hupten sie sich den Weg ins Zentrum frei, gestikulierten aus heruntergekurbelten Fenstern, wenn es nicht voranging, schoben sich durch Quergassen und schmale Straßen. Stephen sah sich um, verrenkte sich fast den Hals; sah planlos aufeinandergetürmte, schmutzigbraune Häuser, wie man sie nur in heißen Ländern bauen kann, mit Flachdächern oder Dachterassen, auf denen sich Wäsche an Leinen blähte oder, Symbole der Neuzeit, Sonnenkollektoren sich schräg dem Himmel darboten wie falsch aufgestellte schwarze Liegestühle, und darüber einen wild wuchernden Wald wahnwitziger Fernsehantennen, deren Empfängerdipole in alle Himmelsrichtungen wiesen. Er sah halbfertige Garagen, die voller Baumaterial lagen oder mit verrostetem Alteisen zugestellt waren, während die Autos daneben auf kargem, sandigem Niemandsland standen, zwischen dem bröckeligen Straßenrand, verstümmelten Dattelpalmen und der maschendrahtbewehrten Umzäunung des nächsten Grundstücks. Seit er in Tel Aviv gelandet und von Yehoshuah zum Ausgrabungslager gebracht worden war, war Stephen nicht mehr hier gewesen, und damals hatten ihn die neuen Eindrücke zu sehr überwältigt, als daß sie hätten haftenbleiben können.
    »Laßt uns den Dizengoff Boulevard rauf und runter laufen«, schlug Yehoshuah vor.»Und dann zum alten Hafen gehen; ich hab’ uns einen Tisch reservieren lassen in einem traumhaften Fischrestaurant. Stephen, magst du Fisch?«
    »Ich esse alles«, entgegnete Stephen.»Hauptsache, es schmeckt mir.«
    Sie fanden einen Parkplatz am Straßenrand und marschierten los, und mit jedem Schritt schienen sie tiefer einzudringen in eine Bannmeile der Sinnlichkeit, in ein vibrierendes Kraftfeld gieriger Lebenslust. Es roch nach wildem Jasmin und nach Bougainvillea, die auf den leeren Grundstücken wucherten, die immer wieder zwischen den Häuserreihen auftauchten wie ausgeschlagene Zähne in einem Gebiß. Es roch nach Abgasen und nach Orangenblüten, es stank stechend nach Benzin und doch im Grunde nur salzig-feucht nach Meer; lähmend und schwül kroch der heiße Atem des Meeres durch die Straßen und versprach durchgeschwitzte Hemden und Schlaflosigkeit.
    Je näher sie dem Zentrum kamen, desto wilder wurde die Mischung verschiedenster Baustile. Niedrige Villen, die aussahen, als wären sie direkt aus Wien oder Salzburg hierher versetzt worden, wurden überschattet von protzigen Hochhäusern, die wiederum umringt waren von mehrstöckigen, meersalzzerfressenen Anwesen im Bauhaus-Stil. Palmen säumten die Straßenränder oder intensiv duftende Eukalyptusbäume — und Menschen.
    Menschen, wohin das Auge schaute. Vornehm gekleidet oder lässig-modern flanierten sie die Boulevards auf und ab, saßen in den Straßencafes und Bars, von denen es Tausende zu geben schien, oder einfach, Bierdosen in der Hand, auf den Kotflügeln geparkter Autos, redeten durcheinander, gestikulierten, flirteten, lasen Zeitung oder schauten sich einfach nur um. Yehoshuah, Judith und Stephen ließen sich treiben, an hellerleuchteten Schaufenstern vorbei, in denen amerikanische Konfektionsmode ausgestellt war und hektische Videoclips über Bildschirme flimmerten, im Slalom um Tische herum, auf denen Backgammon gespielt wurde, und Stephen mußte grinsen, als er das Restaurant einer Imbißkette namens»MacDavid«entdeckte. Sie fanden den Weg zum Strand, wanderten die Strandpromenade entlang und lauschten dem Stakkato der Holzschläger, die für ein anscheinend sehr populäres Ballspiel Verwendung fanden, dem Rauschen der Wogen und den unverständlichen, aufgeregt klingenden Lautsprecherdurchsagen der Badeaufseher. In einer Strandkneipe tranken sie einen Cappuccino und aßen Wassermelone mit salzigem Schafskäse, und Yehoshuah erzählte Judith, wie er und Stephen sich kennengelernt hatten.
    »Zuerst war er nur ein Name unter einer Message in einem Usenet-Forum. Nicht einmal ein Name — eine E-MailAdresse. So was wie stephen-komisches rundes ZeichenMRT-Punkt-Maine-Punkt-COM.«
    »Und du warst ymenez-komisches rundes Zeichen-Rockfelf-Punkt-IL-Punkt-EDU«, grinste Stephen.
    Judith furchte die Stirn.»Was ist ein Usenet-Forum?«
    »Oh! Hallo! Willkommen im zwanzigsten Jahrhundert, liebes Schwesterlein. Schon mal was

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