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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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schloß.
    »Aus der Adreßdatei Ihres Laptops.«
    »Und warum wollen Sie mich treffen?«
    »Ich muß mit Ihnen reden. Ich glaube, es ist wichtig.«
    Stephen konnte es immer noch nicht so recht fassen. Was um alles in der Welt konnte der Schriftsteller von ihm wollen?»Mister Eisenhardt, Sie wissen, daß Kaun mich sucht. Ich muß davon ausgehen, daß Ihr Anruf ein Manöver ist, mit dem er mich fangen will.«
    Er sprach leise. Ein Mädchen, das an den Verweiskatalogen arbeitete, die hier draußen aufgestellt waren, sah irritiert zu ihm herüber. Wenn sie hier nach Literatur für was auch immer suchte, mußte er davon ausgehen, daß sie verstehen konnte, was er sagte.
    »Bitte, vertrauen Sie mir«, bat Eisenhardt.»Kaun weiß nichts von diesem Anruf. Ich handle auf eigene Faust.«
    »Kaun läßt wahrscheinlich jedes Gespräch abhören, das Sie führen, ist Ihnen das klar?«
    »Ich rufe nicht vom Lager aus an. Ich bin in Jerusalem in einer öffentlichen Telefonzelle, und meine Telefonchips gehen rapide zur Neige. Bitte, lassen Sie uns einen Treffpunkt ausmachen. Wo Sie wollen.«
    Stephen überlegte angestrengt. Wenn es stimmte, was der Schriftsteller sagte, dann bestand die Chance zu erfahren, was Kaun gerade vorhatte. Außerdem, mußte er sich eingestehen, war er neugierig, aus welchem Grund Eisenhardt anfing, gegen seinen Auftraggeber zu intrigieren.
    »Also gut«, sagte er.»Wo sind Sie gerade?«
    »Ich bin in der Amerikanischen Bibliothek«, drang Eisenhardts Stimme aus dem winzigen Druckkammerlautsprecher des Ohrhörers.»In einer der Telefonzellen im Eingangsbereich.«
    Stephen hätte beinahe aufgelacht. Das wurde ja immer verrückter!
    »Moment bitte«, bat er dann, drückte den Mute-Knopf, so daß das Mikrophon blockiert war, und ging rasch die paar Schritte zur Treppe hinüber, von der aus man hinab in die Halle sehen konnte. Tatsächlich, da stand Eisenhardt, in einer der Telefonkabinen. Er war damit beschäftigt, einen Token nach dem anderen in den hungrigen Automaten zu füttern. Ein Handy anzurufen, das war fast so, als telefoniere man mit Amerika.
    Stephen ging hinter einer der Betonsäulen in Deckung und löste die Stummschaltung wieder.»Wie sind Sie denn da hingekommen?«
    »Ryan hat mich hergebracht. Ich habe gesagt, ich müsse Literaturrecherche betreiben. Er holt mich heute abend wieder ab. Ich weiß nicht, ob Ihnen der Name etwas sagt — Ryan ist der Sicherheitsbeauftragte…«
    »Doch«, unterbrach Stephen ihn.»Der Name sagt mir etwas.«
    »Ach so, ja«, meinte Eisenhardt verlegen.»Heute nacht. Bitte, können wir uns treffen? Egal wo, nur müßten wir uns jetzt rasch einigen.«
    Auch ein Trick, um den anderen zu einer Entscheidung zu zwingen, dachte Stephen.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, sagte er.»Ich komme zu Ihnen.«
    »Gut.«Eisenhardt klang erleichtert.»Das ist natürlich am einfachsten. Und, ähm, wann?«
    »In einer halben Stunde.«
    »Gut. Danke. Ich… ich werde einfach hier warten. Sie wissen, wo die Bibliothek ist?«
    Stephen mußte schmunzeln.»Ja«, erwiderte er.»Ungefähr jedenfalls.«
    »Gut. Also, dann bis in einer halben Stunde.«
    »Bis in einer halben Stunde.«Stephen drückte den Knopf, der das Gespräch beendete, steckte das Telefon ein und beobachtete dann aus seinem Versteck heraus, was der Schriftsteller tat.
    Was ihn natürlich am meisten interessierte, war, ob er es mit einer Falle zu tun hatte. Angenommen, Eisenhardt hätte sich nun von dem Telefon abgewandt und irgend jemandem bestätigend zugenickt, oder gar ein positives Zeichen gegeben — den Daumen nach oben oder dergleichen -, dann hätte er mit Sicherheit gewußt, daß sie auf ihn lauerten. Aber der Deutsche tat nichts dergleichen. Er legte den Hörer auf, kramte seine restlichen Telefonmünzen zusammen und schob sie in die Tasche. Dann stand er da, sah sich scheu um und wirkte ziemlich verloren dabei.
    Hmm. Wirklich eigenartig. Fast schon zu eigenartig. Ob es wirklich Zufall war, daß der Schriftsteller ihn von hier aus angerufen hatte? Stephen sah auf die Uhr. Eine halbe Stunde hatte er noch Zeit, sich alles zu überlegen.
    Er ging zurück in den Lesesaal, trat an die großen Fenster und spähte hinab auf die Straße. Parkten irgendwo Autos, in denen Männer saßen, ohne auszusteigen? Standen verdächtige Gestalten in schwer einsehbaren Ecken? So sehr Stephen seine schwärzeste Phantasie auch bemühte, er konnte nirgends etwas entdecken, das seinen Argwohn bestätigt hätte. Er sah eine vielbefahrene

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