Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
trotzdem hier und da die eine oder andere interessante Anekdote. So hatte es zum Beispiel in diesem Jahrhundert zwei dramatische Anschläge auf die muslimischen Bauten auf dem Tempelberg gegeben. Im Jahre 1969 hatte ein geistesgestörter australischer Christ namens Dennis Rohan die AI Aqsa-Moschee in Brand gesteckt und schwer beschädigt. Einige Jahre später wurde in letzter Minute eine Verschwörung extremistischer jüdischer Nationalisten aufgedeckt, die vorgehabt hatten, die Moscheen auf dem Tempelberg, allen voran den Felsendom, zu sprengen, um so das Gebiet freizumachen, auf dem der jüdische Tempel einst erbaut worden war, und so das Kommen des Messias zu beschleunigen.
    Stephen schüttelte unwillkürlich den Kopf. Die Welt schien besessen zu sein von dieser unnützen halben Quadratmeile Felsgestein.
    Dann stieß er, eher beiläufig in einem Nebenkapitel erwähnt, auf eine interessante Tatsache. Das Ausgrabungsgebiet, das südlich des Tempelbergs auf der anderen Seite der Hauptstraße begann, nannte man die Stadt Davids. Das hatte er gewußt. Was er nicht gewußt hatte — es hatte ihn bislang allerdings auch nicht interessiert -, war, woher dieser Name kam. Anfang des Jahrhunderts, so las er, hatte ein Angehöriger des französischen Zweigs der Familie Rothschild dieses Stück Land gekauft, um die wahre Begräbnisstätte König Davids zu suchen. Gefunden worden war sie aber nie. Unter den Briten hatte das ganze Gelände den Status einer archäologischen Fundstätte gehabt, deswegen war jede Bautätigkeit dort verboten gewesen. Als es jordanisches Territorium wurde, hatte man dieses Verbot nicht mehr beachtet und, Ruinen hin, Gräber her, eifrig gebaut. Nur das Gelände, das den Rothschilds gehörte, wurde als feindliches Eigentum verwahrt und blieb unberührt.
    Deswegen hatte Halil Saad die Zisterne gefunden, als er seinen Keller ausgeschachtet hatte. Sein Haus stand auf den Ruinen eines anderen Hauses, das zu Zeiten gebaut worden war, als das Gebiet zu Jordanien gehört hatte. Halil Saad hatte nur tiefer gegraben als der Vorbesitzer. Das Gelände insgesamt aber war Teil eines der ältesten Teile von Jerusalem überhaupt.
    Nur von einem Tunnel war nirgends die Rede…
    Es tickte in seiner Jackentasche. Das Telefon.
    »Yehoshuah?«meldete er sich, stellte das Buch zurück und setzte sich über die dicken grauen Läufer auf den Ausgang des Lesesaals zu in Bewegung. Die Bibliothekarin, die hinter einer Theke Aufsicht führte, musterte ihn mißbilligend, sogar äußerst mißbilligend.»Was gibt’s?«
    Zu seiner nicht geringen Überraschung meldete sich weder Yehoshuah noch Judith. Es war eine Stimme, die Englisch mit einem harten Akzent sprach und die er nicht auf Anhieb erkannte.
    »Mister Foxx? Hier spricht Peter Eisenhardt. Ich würde Sie gerne treffen. Möglicherweise, ähm, habe ich interessante Informationen für Sie.«
    Das Türschloß leistete ihnen nicht länger als zwanzig Sekunden Widerstand. Niemand hörte sie, niemand sah sie, als sie in die Wohnung von Yehoshuah Menez eindrangen. Gleich darauf schloß sich die Tür wieder, und alles sah aus wie vorher.
    Es war ein Einzimmerapartment mit einer Naßzelle, einem kleinen Ankleideraum und einem Balkon. Und alles sah aus, als seien schon Einbrecher vor ihnen dagewesen.
    »Was für eine Schweinerei«, murmelte Ryan vor sich hin, als er die Küchenzeile inspizierte. Der junge Archäologe schien nichts von modernen Reinigungsmitteln zu halten, sondern im Gegenteil bestrebt zu sein, seine Einrichtungsgegenstände ohne Umschweife in Fossilien zu verwandeln.
    Am Anrufbeantworter blinkte ein grünes Licht. Ryan kannte das Modell; das Licht bedeutete, daß Anrufe aufgezeichnet waren, die noch niemand abgehört hatte. Er drückte den entsprechenden Knopf.
    Es waren zwei Anrufe. Beim ersten Mal wurde mit vernehmlichem Rascheln gleich wieder aufgelegt. Der zweite Anruf war eine Nachricht in zeterndem Hebräisch, von einer Frauenstimme, die Ryan vage bekannt vorkam. Natürlich, die Mutter von Judith Menez, mit der er einmal gesprochen hatte. Yehoshuah war ja der Bruder.
    Aber der Inhalt der Nachricht interessierte ihn nicht, viel mehr interessierten ihn Datum und Uhrzeit der Anrufe, die während der Wiedergabe im Display des Gerätes angezeigt wurden. Demnach war Yehoshuah Menez seit Sonntagnachmittag nicht mehr in seiner Wohnung gewesen.
    »Woher haben Sie meine Nummer?«fragte Stephen verwundert, während sich die Tür zum Lesesaal geräuschlos hinter ihm

Weitere Kostenlose Bücher