Das Jesus Video
große Computerdatenbank.»Ich brauche jemanden, der etwas vom Höhlentauchen versteht.«
Ryan hatte Eliah und Willard fortgeschickt. Sie hatten die Durchsuchung abgeschlossen, aber nichts weiter von Interesse gefunden. Nun saß er allein in dem Auto gegenüber dem Apartmenthaus, hatte das Tagebuch neben sich liegen und die Notizen in der Hand, die er sich nach den Übersetzungen Eliahs angefertigt hatte.
Er hatte die ganze Zeit recht gehabt mit seinem Verdacht. Stephen Foxx und seine Freundin hatten schon am Freitag abend angefangen, den Brief zu entziffern. Am ersten Abend hatten sie gerade ein Satzfragment sichtbar gemacht, als die einzige UVLampe im Labor ihren Geist aufgegeben hatte. Am nächsten Tag, Samstagvormittag, hatte Yehoshuah in einem von Christen geführten großen Elektroge-schäft — das deshalb nicht der Pflicht zur Sabbatruhe unterlag — eine Ersatzlampe besorgt und danach auf eigene Faust weitergearbeitet. Er hatte den Satz vervollständigt und dann einen Test an dem zweiten Blatt unternommen, der aber zunächst mißlang: Im Gegensatz zum ersten Blatt wurde die fluoreszierende Markierungslösung von der Schrift auf dem zweiten Blatt nicht angenommen. Er kam dann auf die Idee, das Papier mit Chemikalien vorzubehandeln, die Polyethylen lösen konnten, das eventuell aus der Plastikumhüllung eindiffundiert war, und hatte zumindest an einigen Stellen Erfolg damit. Beinahe die erste Textstelle, die er lesbar gemacht hatte, hatte das Versteck der Kamera beschrieben.
Ryan starrte zu dem kahlen, unpersönlich wirkenden Mietshaus hinüber. Die tiefstehende Nachmittagssonne spiegelte sich in einigen Fensterscheiben. Hatte Eliah die Wahrheit gesagt? Der Israeli hatte ihn beim Übersetzen mehrmals fragend angeblickt, so, als erwarte er, daß Ryan ihm erklären würde, worum es hier eigentlich ging und wieso diese Tagebucheintragung so bedeutsam war. Natürlich hatte Ryan diese Blicke ignoriert. Sollte er sich denken, was er wollte.
Wenn Eliah korrekt übersetzt hatte, dann hatte Yehoshuah das Versteck der Kamera in seinem Tagebuch nicht genannt. Er hatte ausführlich beschrieben, wie entsetzt er gewesen war, wie er versucht hatte, sich darüber klarzuwerden, ob er es zulassen konnte, daß Stephen Foxx davon erfuhr. Der einzige, allerdings schon mehr als deutliche Hinweis war eine Stelle, an der er geschrieben hatte: Stephen erreicht immer alles, was er will. Ihm traue ich sogar zu, die Klagemauer aufmeißeln zu lassen.
Der Name des Höhlentauchers war John D. Harding, ein auf Hawaii geborener Amerikaner Anfang Vierzig. Auf der ganzen Welt war er gefragt als Wrack-und Höhlentaucher, Tauchlehrer und Berater bei schwierigen Unterwasserarbeiten. Stephen erinnerte sich dunkel, ihn einmal im New Yorker Clubhaus getroffen zu haben, aber das war ein großes Fest gewesen, und er erinnerte sich nur noch an einen bärenartigen großen Mann mit einem aschblonden Wikingerbart und den gewaltigsten Händen, die er je bei einem Menschen gesehen hatte. Im Moment war Harding in Mexiko, und Stephen erwischte ihn beim Frühstück. Im Hintergrund hörte er Stimmengewirr, offenbar saß eine ziemlich große Gruppe ausgelassener Leute zusammen, und ein Geräusch, das nur Meeresbrandung sein konnte. Stephen erklärte ihm so knapp wie möglich, was er vorhatte.
»Ein Gang unter Wasser, hmm?«brummte der Taucher.»Wie breit?«
»Einen Meter etwa.«
»Weißt du, ob er an irgendeiner Stelle eingestürzt ist oder sich verengt?«
»Nein, weiß ich nicht.«
Harding machte ein schmatzendes Geräusch, das sich anhörte, als pule er sich nebenbei Essensreste aus den Zahnlükken.»Bist du schon einmal getaucht? Mit Sauerstoff, meine ich?«
»Ja«, erklärte Stephen.»Einmal, am Great Barrier Reef. Es war ein Tauchkurs.«
»Hmm. Also gut, paß auf. Die kritischen Punkte, wenn du irgendwo reingehst, sind der Lungenautomatenschlauch und der Finimeterschlauch. Du solltest, wenn irgend möglich, ein Kompaktgerät mit kopfstehenden Flaschen und untenliegenden Ventilen nehmen. Achte darauf, daß sämtliche Schlauchverbindungen an den Tragegurten anliegen. Es sollte eine Vollgesichtsmaske dabei sein; laß dir keine normale Maske andrehen. Ich nehme immer einen» Divator «, aber andere Geräte sind auch okay.«
Stephen machte eifrig Notizen. Gleichzeitig wurde er das Gefühl von Unwirklichkeit nicht los. Würde er wirklich morgen in diesen Schacht steigen, um unterhalb der Altstadt eine halbe Meile durch einen wassergefüllten Gang zu
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