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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Parkbank gesessen hätte. Jessica Jones ist die einzige festangestellte Mitarbeiterin der Explorer’s Society — und man kann die Uhr nach ihr stellen.«
    Sie hockten zu dritt auf dem Doppelbett in Yehoshuahs und Stephens Zimmer und beobachteten die Wanduhr, deren Zeiger gerade auf dreiviertel fünf sprangen.
    »In New York ist es jetzt dreiviertel zehn Uhr morgens«, fuhr Stephen fort.»In diesem Augenblick betritt Jessica Jones das altehrwürdige Haus der Society an der Upper Westside, in der Nähe der 75sten Straße, von dessen mahagonigetäfelten Clubräumen aus man einen traumhaften Blick über den Hudson River genießt. Sie hat gerade das monumentale Hauptportal aufgeschlossen und nimmt nun die Post aus dem Briefkasten. Dann geht sie zum Aufzug, von dem die Legende behauptet, er sei die erste Mutprobe für alle, die sich um eine Mitgliedschaft bewerben. Und man muß diesen Aufzug gesehen haben, um sich eine Vorstellung davon zu machen, wie heruntergekommen ein Aufzug aussehen kann. Eine wirkliche Herausforderung für wirkliche Abenteurer. Miss Jones stellt sich dieser Herausforderung jeden Morgen.«
    Vor ihm lagen ein Block und ein Kugelschreiber, außerdem ein Stapel Fotokopien, die Yehoshuah mitgebracht hatte. Eine Karte lag ausgebreitet, die den Tempelberg und die Altstadt darum herum in einem ziemlich detaillierten Maßstab zeigte; in gelber Farbe war der Verlauf des Tunnels eingezeichnet, wie ihn Yehoshuahs und Judiths Vater in seiner viele Jahre alten wissenschaftlichen Arbeit postuliert hatte, und in roter Farbe hatten sie den Verlauf des Tunnels eingezeichnet, den der Sonartomograph entdeckt hatte. Ab einer bestimmten Stelle, etwa fünfzig Meter südlich der Tempelmauer, verliefen beide Linien deckungsgleich.
    Die Zeiger der Uhr erreichten den nächsten Teilstrich.
    »Zehn Minuten vor zehn Uhr«, fuhr Stephen in seiner Schilderung fort.»Miss Jones schließt die Tür zum Büro auf, legt die Post in den Eingangskorb und schaltet den Computer ein. Dann nimmt sie eine große Gießkanne mit abgestandenem Wasser und geht damit durch alle Räume, um die Blumen zu gießen, insbesondere die exotischen Pflanzen in den Clubräumen, die besonders aufmerksamer Pflege bedürfen. Jede einzelne dieser Pflanzen hat ein Mitglied von einer Expedition mitgebracht, manche sind außerordentlich wertvoll. Aber zu den ausgeprägten hegerischen und pflegerischen Talenten von Miss Jones gehört auch, daß sie einen» grünen Daumen «besitzt. Ihr ist noch keine Pflanze eingegangen.«
    Er hatte den beiden nichts von dem Treffen mit Eisenhardt erzählt. Er hätte nicht sagen können, warum. Wahrscheinlich, weil er selber noch nicht recht wußte, wie er es einordnen sollte.
    Sie betrachteten die gelben und die roten Linien. Der rot eingezeichnete, tatsächliche Tunnelverlauf bog zweimal relativ stark ab und führte dann an der Innenseite der westlichen Mauer entlang nach Norden. Der gelb eingezeichnete Tunnelverlauf war im Prinzip nichts anderes als eine Verlängerung der Richtung, die der Schacht am Anfang nahm, und diese Linie hätte direkt zu der Zisterne in der Mitte der südlichen Hälfte des Tempelbergs geführt.
    Die Zeiger der Uhr schlichen, als bewegten sie sich durch Sirup. Judith runzelte mißbilligend die Stirn, daß er sich so anstellte wegen der paar Minuten, aber Stephen wußte genau, daß er, wenn er auch nur eine Minute vor zehn anrief, lediglich den Anrufbeantworter an die Strippe bekommen würde.
    Endlich war es fünf Uhr. Von draußen war ein Gongton zu hören, irgendwo lief wohl ein Radio. Zehn Uhr an der amerikanischen Ostküste. Stephen nahm sein Mobiltelefon auf.
    »Zehn Uhr. Miss Jones hat sich gerade an ihren Schreibtisch gesetzt und den Anrufbeantworter abgeschaltet. Sie konsultiert in diesem Augenblick den großen, ledergebundenen Terminkalender, und danach wird sie darangehen, die Post zu bearbeiten.«Er rief die Nummer der Explorer’s Society aus dem Nummernspeicher seines Telefons ab und lauschte den Wählgeräuschen.
    Miss Jones hob nach dem zweiten Läuten ab, und die Art, wie sie sich meldete, war perfekt wie immer:»Guten Tag, hier ist die Explorer’s Society, New York. Sie sprechen mit Jessica Jones.«
    Stephen nannte seinen Namen, und sie erinnerte sich sofort daran, daß er sich gerade in Israel aufhielt. Was sie für ihn tun könne, wollte sie wissen.
    »Miss Jones, ich möchte Sie bitten, einen Blick in Ihre Kar-tei zu werfen«, erklärte Stephen. Die Kartei war natürlich eine immens

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