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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Arrangements ausgetüftelt, die sich haarscharf an der Grenze der bankinternen Vorschriften bewegt hatten, oft genug haarscharf auf der anderen Seite dieser Grenze. Bis jetzt war immer alles gutgegangen. Hugh wußte, daß er sich auf Stephen Foxx verlassen konnte, und umgekehrt konnte sich Stephen auf Hugh verlassen. Wenn er ihn an die Strippe bekam, würde er ihm helfen, das stand fest. Wenn er allerdings Pech hatte, dann war Hugh gerade zu einem vierwöchigen Urlaub mit der Familie aufgebrochen.
    Es klingelte schon mal verdächtig lange. Stephen seufzte. Bitte, kein Urlaub. Das konnte er ihm nicht antun.
    Endlich nahm jemand ab. Die Stimme einer Frau, die ziemlich belemmert klang, meldete sich mit dem Namen der Bank. Stephen nannte seinen Namen und fragte nach Hugh Cunningham. Vielleicht war er ja nur gerade mal auf der Toilette.
    »Oh, Mister Foxx«, erkannte die Frau ihn, und jetzt erkannte er auch ihre Stimme: Es war Miss Garrity, Hughs altjüngferliche Kollegin, deren Prinzipientreue sie stets mühsam hatten umschiffen müssen. Sie schien heute nicht ihren besten Tag zu haben.»Ich fürchte, Sie können Hugh heute nicht sprechen…«
    Auch das noch.»Heute nicht?«hakte Stephen nach.»Was heißt das? Wann kommt er wieder?«
    »Ach«, sagte sie und dann noch einmal:»Ach.«
    »Miss Garrity, es ist wirklich außerordentlich wichtig, daß ich mit Hugh spreche. Könnten Sie mir bitte…«
    »Stephen«, seufzte sie, und irgendwie elektrisierte Stephen das, denn sie hatte ihn noch nie beim Vornamen genannt,»ich darf das eigentlich nicht erzählen, aber da Sie und Hugh so eng miteinander… nun, ich fürchte, Sie können… Hugh hatte heute morgen einen Unfall.«
    »Einen Unfall?«wiederholte Stephen blöde.
    »Ja«, schluckte sie.»Wir haben es gerade erfahren. Er war sofort… Die armen Kinder! Ich muß in einem fort an die Kinder denken.«
    Stephen starrte das Muster der Tapete an, grün und violett und gelb und weiß, und das Muster schien sich zu verändern, schien ein Gesicht zu zeigen und dann eine Landkarte und dann wieder ein Gesicht.»Hugh ist tot?«
    »Ein Tanklastzug, stellen Sie sich vor! Wie schrecklich. Wir sind alle ganz fassungslos. Fährt zur Arbeit wie jeden Morgen und dann… Ich weiß gar nicht, ob seine Frau schon informiert worden ist, ist das nicht schrecklich?«
    Sie redete noch weiter, aber ihre Worte verschmolzen zu einem sinnlosen, auf-und abschwellenden Gebrabbel. Hugh Cunnigham tot? Heute morgen — das hieß: vorhin? Stephen spürte unvermittelt Übelkeit. Ohne Hugh wäre sein erstes, sein großes Geschäft nicht zustandegekommen. Hugh Cunningham hatte mit ihm zusammen die Bankauskunft verfaßt, die sein kleines Unternehmen im denkbar günstigsten Licht darstellte, ohne direkt die Unwahrheit zu sagen, und die seine Auftraggeber bewogen hatte, das Risiko einzugehen.
    Und nun hatte ihn ein Tanklaster überrollt. Einfach so. Stephen hörte sich sprechen, sich irgend etwas zu der Stimme im Hörer sagen, brachte es fertig, sich zu bedanken und zu verabschieden und ließ dann das Handy, als sei es im Augenblick des Abschaltens tonnenschwer geworden, auf die Bettdecke herabsinken.
    Es war einfach nicht wahr, was er immer von sich geglaubt hatte. Daß er es geschafft hatte, weil er so unglaublich clever und ehrgeizig war, und daß er es ganz alleine geschafft hatte. Er hatte Glück gehabt, viel Glück, ohne Glück konnte niemand irgend etwas schaffen, und auch nicht ohne die Hilfe und Unterstützung anderer Menschen, und um da die richtigen zu treffen, brauchte man auch wieder Glück. Hugh Cunningham war so jemand gewesen, und daß er an ihn geraten war, verdankte er allein der Tatsache, daß sein Familienname mit F anfing. Hätte sein Familienname mit einem Buchstaben angefangen, der im Alphabet nach K kam, wäre Miss Garrity für ihn zuständig gewesen, und bei ihr hätte er mit seinen Sonderwünschen auf Granit gebissen.
    Eine ganze Bildergalerie tauchte vor seinem inneren Auge auf. Bob Daniels, der Leiter des Rechenzentrums in Madison, der ihm erlaubt hatte, nachts die Computeranlage zu benutzen, um die Programme aus Indien zusammenzusetzen und auf Bänder zu überspielen, die er dann fix und fertig zu seinem Kunden tragen konnte, so daß es aussah, als habe er eine große, professionelle Entwicklermannschaft im Hintergrund. Seine indischen Partner, die er nur von Fotos kannte. Allen voran Amal Rangarajan, der die Kernfunktionen des Systems geschrieben hatte und ihn mehr als einmal auf

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