Das Jesus Video
rigoroser Zielstrebigkeit durch die abweisende Felslandschaft, schnitt quer durch Felsrücken und überquerte kleine Schluchten und Vertiefungen auf aufgeschütteten Wällen. Zeitweise liefen Hochspannungsleitungen parallel zur Straße, und da, wo es doch einmal Sand gab, herangeweht aus dem Sinai, zogen feine gelbe Schleier quer über die Fahrbahn.
Die Stelle, an der sie von der Straße heruntermußten, war nicht leicht zu finden. Das erste Mal bogen sie zu früh ab, was sie erst bemerkten, als sie nach mehreren Kilometern Holperpiste an eine Kreuzung kamen, die nach der Karte da nicht hätte sein dürfen und an der ein verrosteter Wegweiser mit zwei ganz falschen Ortsnamen stand. Die richtige Abzweigung einige Kilometer weiter war kaum als solche zu identifizieren, und die Piste, auf die sie führte, auch nicht: Sie bestand aus kaum mehr als zwei Fahrrillen voller Löcher, die aussahen, als sei vor zwanzig Jahren einfach einmal ein schweres Baustellenfahrzeug munter querfeldein gefahren. In den Abschnitten, in denen die Fahrbahn von der umgebenden Wüste nicht zu unterscheiden war, hatten hilfreiche Hände große Steine rechts und links der Fahrspur ausgelegt, und ab und zu trug einer dieser Steine einen weißen Farbklecks. Aber wer immer dafür verantwortlich war, er war ziemlich lustlos und inkonsequent zu Werke gegangen.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit, mit der sie vorankamen, sank drastisch. Sie fuhren an einem schroffen schwarzgrauen Bergrücken von majestätischer Größe entlang, und in der Ferne waren einige Kamele zu sehen, die wahrscheinlich den steinigen Wüstenboden nach Eßbarem absuchten, aber Stephen hatte nur Augen für die Fahrpiste und ihre majestätischen Schlaglöcher. Was hatte es das Schicksal doch gut mit ihm gemeint, als es ihm beizeiten ein geländegängiges Fahrzeug zugespielt hatte! Mit dem kleinen Fiat wären sie hier draußen verloren gewesen.
Ab und zu hielten sie an, um etwas zu trinken. Weitab von der Straße und allen anderen Spuren der Zivilisation begann die Wüste ihnen ihre Bedingungen aufzuzwingen, und eine davon war, wie Judith erklärte, regelmäßig Wasser zu trinken, und zwar noch ehe man Durst verspürte.
»Eins ist sicher«, meinte Stephen, als sie so neben dem Wagen standen, in einem Meer brütender Hitze, die Wasserflasche kreisen ließen und sich die Beine vertraten,»wenn es dieses Kloster und diese Mönche tatsächlich gibt, dann gehen sie jedenfalls nicht sehr oft ins Kino.«
Niemand lachte. Es war auch nur ein Versuch gewesen, die erdrückende, ehrfurchtgebietende Wucht der Landschaft ringsumher abzuwehren, die einem den Atem nahm und das Gefühl gab, ganz klein und verloren zu sein, völlig auf die Gnade höherer Mächte angewiesen.
Sie verfuhren sich noch ein paarmal, verpaßten kaum kenntliche Abzweigungen, endeten in Schluchten ohne zweiten Ausgang, kehrten immer wieder um und versuchten es aufs neue, bis sie endlich das Kloster sahen.
Es lag in einer kleinen Schneise, unterhalb zerklüfteter Felsen, die wie steinerne Finger himmelwärts ragten, und sah mit seinen Mauern aus dunkelgrauem Stein tatsächlich aus wie eine Ruine. Einst hatte es an der Seite wohl einen Turm gegeben, aber das Bauwerk war eingestürzt und nie wieder aufgerichtet worden. Öde, schießschartenartige Öffnungen schauten tot auf sie herab. Nichts und niemand schien da oben zu leben. Weglos und verloren hing der düstere Bau auf seinem Felsensattel wie ein rettungslos zerfressenes Gebiß.
»Vielleicht sind sie alle längst ausgestorben«, meinte Yehoshuah.»Ich meine, wer hätte das schon bemerkt?«
Stephen nickte.»Man erwartet irgendwie Warnschilder, auf denen Vorsicht! Ende der Welt in fünfhundert Metern! steht.«
Sie fuhren mit dem Jeep hügelan, bis er auf dem losen Geröll ins Rutschen kam und es nicht mehr weiterging. Dann ließen sie ihn stehen, nahmen auf Judiths Drängen noch einmal einen tiefen Schluck aus den Wasserflaschen und machten sich daran, den Rest des Berges zu Fuß zu erklimmen. Dieser Rest erwies sich als weiter und höher, als es zunächst den Anschein gehabt hatte, und vor allem als wesentlich anstrengender. Nach kürzester Zeit hingen ihnen die Kleider tropfnaß vom Schweiß am Körper, ihre Lungen gingen wie die Blasebälge, und der Herzschlag wollte ihnen schier den Schädel sprengen. Das dunkle, düstere Gestein unter ihren Füßen hatte die Sonnenhitze eines ganzen Tages gespeichert und brannte ihnen fast die Schuhsohlen durch.
Warum mache ich das
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