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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Türöffnung traten, war, in eine Oase zu kommen. Die äußere Mauer des Klosters umschloß ein ungefähr rechteckiges Areal und wirkte wie die Umfriedung eines Gefängnisses, das alles Grün dieser Gegend inhaftiert hielt. Einen verrückten Moment lang schoß Stephen der Gedanke durch den Kopf, ob vielleicht deswegen draußen alles so kahl und leblos war.
    Es roch nach Gewürzen, nach feuchter Erde, nach Dung. In jeder Ecke des Klostergartens duckte sich ein verwitterter, niedriger Bau gegen die Mauer, jeder Fußbreit Boden dazwischen war in Beete aufgeteilt, auf denen die Mönche alles anbauten, was sie zum Überleben brauchten. Stephen erkannte Getreide, Zwiebeln, Bohnen und Rüben, dazwischen wuchs allerhand Grünzeug, das er nicht identifizieren konnte. Es sah alles mehr als kärglich aus, trotzdem gab es ein Beet, und nicht das kleinste, auf dem nur Blumen wuchsen!
    Insgesamt schienen es sieben Mönche zu sein, allesamt alte Männer, mager und zerbrechlich wie Trockenblumen. Vornübergebeugt standen sie zwischen den Beeten und äugten neugierig herüber, simple alte Holzkreuze an fasrigen Schnüren vor der Brust baumelnd. Und in all ihren Augen glomm dasselbe Feuer, das Stephen in den Blicken der beiden entdeckt hatte, die sie an der Tür empfingen: eine Glut, die viel zu heiß schien für die verbrauchten Leiber, ein Funke, der einen glauben lassen konnte, daß aus ihm ein nie verlöschendes Feuer werden würde, sobald er seine Hülle verließ.
    Doch in dem Moment, als Judith durch die Tür trat, veränderten sich die Blicke, wurden gierig, hungrig, beinahe wölfisch — um einen Herzschlag später umzuschlagen in bleierne Feindseligkeit, hinter der überwunden geglaubte Leidenschaften wieder mühsam hinabgepreßt wurden in dunkle, unerforschte Bereiche der Seele.
    Stephen musterte Judith seinerseits. Abgesehen davon, daß sie weibliche Körperkonturen aufwies und langes Haar trug, war sie in keiner Weise aufreizend gekleidet. Wahrscheinlich hätte sie Mea Shearim durchqueren können, ohne sich einen einzigen scheelen Blick einzufangen.
    Der Teufel soll alle diese Religionen holen, dachte Stephen verächtlich. Alle behaupten sie, einen lehren zu können, wie man richtig leben soll — aber schon mit der simpelsten Tatsache des Lebens und seiner wichtigsten Grundlage, dem Sex, werden sie nicht fertig.
    Nur bei einem der Mönche, der unwillkürlich Stephens Blick auf sich zog, erlosch das Leuchten der Augen nicht. Er stand da, ein schmaler alter Mann, ruhig auf die Schaufel gestützt, mit der er gearbeitet hatte, und sah ihnen mit einem freundlichen, offenen Blick entgegen, von dem Wärme und Willkommen ausging.
    »Ihr habt«, sagte der Mönch, der ihnen geöffnet hatte,»etwas gerufen über den Grund, aus dem ihr gekommen seid…«
    Stephen wandte sich ihm zu. Der Mann schien, seiner Aussprache nach, Engländer zu sein. Er hatte, obwohl er weit über sechzig sein mußte, ein glattes, vollmondrundes Gesicht, einen üppigen Kranz dunkler Haare und fast keinen Bart, und in der Art seines Auftretens und seiner Bewegungen lag etwas, das einen vermuten ließ, es mit dem Chef zu tun zu haben.
    »Ja, zunächst vielen Dank, daß Sie so freundlich waren, uns zu empfangen«, begann er und merkte, daß er unwillkürlich in eine Art der Gesprächsführung verfiel, wie er sie bei geschäftlichen Kontakten pflegte.»Mein Name ist Stephen Foxx, ich komme aus den Vereinigten Staaten. Meine Begleiter sind Judith und Yehoshuah Menez, zwei Archäologen aus Israel. Wir…«
    »Oh, verzeihen Sie.«Der Mönch streckte die Hand aus.»Wie unaufmerksam von mir. Wir bekommen so selten Besuch. Darf ich Ihnen meine Mitbrüder vorstellen?«
    Sie gingen von einem zum anderen, und er nannte ihnen die Namen der Mönche, allesamt lateinisch und schwer zu merken. Stephen behielt bloß seinen Namen, Gregor, und den Namen des Mönchs mit der Schaufel und dem unverdorbenen Blick, Felix. Abgesehen von Bruder Gregor schien er der einzige zu sein, der Englisch sprach.
    Allerdings wirkte er aus der Nähe, gelinde gesagt, ein wenig versponnen. Als Stephen ihm bei der Vorstellung höflich zunickte, erklärte Felix mit freundlicher Bestimmtheit:»Die Worte werden alt, aber die Wahrheit ist immer frisch wie ein neugeborenes Baby.«
    »Wie bitte?«machte Stephen verblüfft. Aber Felix lächelte nur, zwinkerte ihm zu und widmete sich wieder seiner Schaufel. Das machte er nicht ungeschickt, es war fast, als tanze er damit.
    Merkwürdige Vögel, dachte

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