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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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hatte einen Herzschlag lang das makabre Gefühl, die Toten sprächen, riefen vergebliche Warnungen an die Nachgeborenen… Er drehte sich zur Seite, um den Eindruck abzuschütteln.»Weiter«, sagte er.
    Eisenhardt spürte zunehmende Nervosität in sich aufsteigen, ein Gefühl, das ihn fatal an das Lampenfieber erinnerte, das er vor öffentlichen Auftritten zu haben pflegte, Lesungen etwa oder Interviews. Wenn es je einen Zeitpunkt gegeben haben sollte, an dem es notwendig geworden war, Foxx zu warnen, dann jetzt. Offensichtlich war er aufgebrochen, um die Spur zu verfolgen, die er hatte und Kaun nicht, und ganz sicher ahnte er nicht, daß Kaun wußte, wohin er sich gewandt hatte.
    Er verließ den Wohnwagen, in dem sich die Wissenschaftler unermüdlich berieten. Ohne ein Wort der Erklärung. Kaun war längst verschwunden, und zuletzt war es nur noch wie Wortmüll um ihn herumgebrandet, belanglose Debatten, Stammtischgespräche, eine Kneipe für nichtrauchende Antialkoholiker.
    Er suchte Ryan.
    Er fand ihn an seinem Auto stehend, einen bestiefelten Fuß feldherrnmäßig in die offene Wagentür gestellt, das Telefon am Ohr. Auf dem Dach hatte er eine Karte von Israel ausgebreitet. Es klang alles hochdramatisch, mindestens wie der Sechstagekrieg.
    Eisenhardt blieb in einiger Entfernung stehen und wartete. Was für eine eigenartige Situation! Das Lager ringsum lag leer und verlassen, eine Bühne nach Ende der Vorstellung die Zelte zusammengelegt, die Geräte zum größten Teil in Kisten verpackt — und dieser Mann stand mit seinem kleinen roten Auto mitten darin und kommandierte eine unsichtbare Armee.
    Als einen Moment lang Ruhe herrschte, trat er näher und machte sich bemerkbar. Fragte so behutsam wie möglich an, ob es irgendeine Möglichkeit gäbe, wie er, Eisenhardt, noch einmal in die Amerikanische Bibliothek kommen könne, denn ihm sei da etwas eingefallen, das sich eventuell lohnen würde zu überprüfen…
    »Ah, Mister Eisenhardt«, sagte Ryan, nahm den Fuß vom Bodenschweller und wandte sich ihm zu, als habe er auf ihn gewartet.»Ich soll Ihnen einen Gruß von Mister Kaun ausrichten. Ihr Engagement ist vom heutigen Tag an beendet. Bitte packen Sie, jemand wird Sie zum Flughafen nach Tel Aviv fahren.«
    Der Schriftsteller starrte den Mann mit den stählernen Augen so fassungslos an, als habe der ihm einen Eimer eiskalten Wassers über dem Kopf geleert.»Aber…«Abserviert. Der Millionär hatte es nicht einmal für nötig befunden, es ihm selber zu sagen. Ganz zu schweigen von Verabschieden oder gar Bedanken.»Aber wieso denn…«
    Ryan musterte ihn mitleidlos.»Mister Kaun hatte den Eindruck, daß Sie in letzter Zeit nur noch wenig zur Lösung der Situation beigetragen haben. Und, offen gestanden, ich konnte ihm da nicht widersprechen.«
    Eisenhardt öffnete den Mund, aber die Gedanken schössen in seinem Kopf so aufgescheucht hin und her, daß ihm nichts einfiel, was er hätte sagen können. Und zugleich breitete sich ein bleiernes, elendes Gefühl in seiner Brust aus. Versagt. Auf seltsam verdrehte Weise fühlte er sich schuldig, den Erwartungen nicht genügt zu haben, die man an ihn gestellt hatte. Ja, es stimmte. In den letzten Tagen war ihm nichts Schlaues mehr eingefallen. Kaun hatte ihn hergeholt, damit er die ur-alte Kamera für ihn finden sollte, und nicht nur, daß er sie nicht gefunden hatte, er machte sogar gemeinsame Sache mit dem, der Kauns Plan durchkreuzt hatte.
    Ryans Telefon summte, und er nahm wieder seine Feldherrnpose ein. Im Grunde war ja auch alles gesagt.
    Die Verfolger fuhren einmal dicht auf, nah genug, um sich anhand des Kennzeichens zu vergewissern, daß sie den richtigen Wagen verfolgten, und ließen sich dann weit zurückfallen. Es war ein geradezu amateurhaft auffallendes Auto, das sich der Collegejunge aus Maine, USA, ausgesucht hatte. Es war bis zum Horizont einwandfrei auszumachen.
    »Wir haben jetzt Be’er Sheva passiert«, meldete der Mann auf dem Beifahrersitz.»Er fährt weiter in Richtung Eilat.«
    »Okay. Bleiben Sie dran, und halten Sie weiter maximalen Abstand.«
    »Roger.«Zu seinem Kollegen am Steuer sagte er, nachdem er die Verbindung wieder beendet hatte:»Weißt du was? Am Ende stellt sich heraus, daß die drei einfach einen Badeausflug ans Rote Meer machen.«
    Dann hatte er die Erwartungen also nicht erfüllt. Na und? Eisenhardt pfefferte die Schlafanzüge in seine Reisetasche. Das war doch nicht sein Problem. Der Medientycoon hatte geglaubt, es mit einem

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