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Das Jesus Video

Das Jesus Video

Titel: Das Jesus Video Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Grunde nichts an. Er trat sich sorgfältig die Schuhe ab, schloß die Tür hinter ihnen und betrat den Besprechungsraum, als Kaun schon breitbeinig am Tisch saß.
    »Soll ich Kaffee machen?«fragte Eisenhardt.
    Der Industriemagnat machte eine unwillige, wegwerfende Handbewegung.»Ach was. Lassen Sie uns zur Sache kommen. Was haben Sie sich überlegt?«
    »Okay.«Eisenhardt wandte sich seinen großen Papierbögen und den Stichworten zu, die er darauf vermerkt hatte. Er atmete tief durch und spürte plötzlich, daß er sich unter Druck fühlte. Jetzt galt es. Wenn er jetzt nur Gesichtspunkte brachte, die den beiden auch schon eingefallen waren, würde er heute abend wahrscheinlich bereits wieder in einem Flugzeug nach Hause sitzen.
    »Ich, ahm, habe einige Punkte aufgeschrieben, an denen man ansetzen könnte«, begann er. Pause. Niemand sagte etwas, alles lauschte. Verdammt, er war so etwas nicht gewohnt. Das war ja beinahe eine Prüfungssituation. Er griff nach einem der Filzstifte und deutete damit auf das oberste Stichwort.»Zeitreise. Was weiß man heute über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit von Zeitreisen? Finden zur Zeit irgendwo auf der Welt Forschungen statt, die zu einer Entdeckung führen könnten, die Zeitreisen ermöglicht? Das wäre ein Punkt, zu dem ich in meiner Eigenschaft als Science FictionSchriftsteller relativ unverdächtig Nachforschungen anstellen könnte.«Er musterte Kaun, dessen Brauen sich unwillig furchten.
    »Haben Sie solche Nachforschungen noch nie unternommen?«fragte er.»Nein.«
    »Aber Sie haben doch schon etliche Romane geschrieben, in denen es um Zeitreisen geht.«
    Eisenhardt nickte.»Das ist richtig. Aber das kann man tun, ohne sich um physikalische Gesetze zu kümmern. Eigentlich dachte ich bisher sogar, man kann das nur tun, wenn man sich nicht um physikalische Gesetze kümmert.«
    Kaun dachte einen Moment nach, sagte aber nichts dazu. Statt dessen fragte er:»Wen wollen Sie fragen? Und was nützen uns diese Informationen im Endeffekt?«Die Fragen kamen wie Peitschenhiebe.
    »Den Anfang würde ich bei einem Wissenschaftsjournalisten machen, mit dem ich eng befreundet bin. Er ist es gewohnt, daß ich ihm die seltsamsten Fragen stelle, und er hat einen unvergleichlichen Überblick über die Szene der aktuellen Wissenschaft, weiß, wer wo woran forscht und so weiter. Wenn ich über diesen Weg gehe, wird niemand etwas anderes denken, als daß ich Informationen für einen neuen Roman sammle.«
    »Und der Nutzen?«
    »Wenn wir wüßten, wann der Zeitreisende starten wird und welche physikalischen Randbedingungen für die Zeitreise gelten, dann könnten wir weitreichendere Schlüsse aus unserem Fund ziehen. Bis jetzt gehen wir davon aus, daß die Zeitreise irgendwann erfunden werden wird, solange es die Firma SONY noch gibt, und daß sie nur in einer Richtung funktioniert, nämlich in Richtung Vergangenheit. Angenommen, es würde sich herausstellen, daß Zeitreisen grundsätzlich in beide Richtungen funktionieren müssen — dann wüßten wir, daß der Tote dort begraben liegt, weil das Unternehmen schiefgegangen ist.«
    Die Miene des Unternehmers verfinsterte sich. Derlei Hypothesen waren ihm sichtlich zuwider.»Okay. Und weiter?«
    »Weiter«, fuhr der Schriftsteller fort,»sollten wir versuchen, den Toten selbst zu identifizieren. Wenn es sich bei ihm tatsächlich um einen Menschen dieses Jahrhunderts handelt, kann man vielleicht anhand der Knochendaten oder der zahnärztlichen Befunde herausfinden, wer es ist.«
    »Und dann?«
    »Behalten wir ihn im Auge.«
    Kaun schnaubte unwillig.»Diese Identifizierungsversuche laufen bereits, bis jetzt allerdings ohne Ergebnis. Gut, wir müssen behutsam vorgehen, damit niemand Verdacht schöpft, aber ich habe nicht das Gefühl, daß uns das weiterbringen wird.«
    Eisenhardt sah ihn forschend an.»Haben Sie schon einmal überlegt, daß möglicherweise Sie es sein werden, der ihn in die Vergangenheit schickt?«
    »Ich?«Das hatte gesessen. Der Rückflug heute abend war gestrichen, soviel stand fest. Die Augen des Medienmagnaten wurden immer größer, und man konnte förmlich sehen, wie sich seine Gedanken durch unwegsames, noch nie zuvor betretenes Gelände wühlten.»Sie meinen, daß ich…? Ah. Das könnte sein, nicht wahr? Nein, das habe ich noch nicht überlegt. Stimmt.«Das hatte ihn wirklich verblüfft. Er lächelte sogar, und mit viel Phantasie konnte man so etwas wie Anerkennung in diesem Lächeln entdecken.
    Der Professor runzelte

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