Das Jesus Video
Mann. Nein, der hatte ihn nicht aufziehen wollen.
Aber verhört haben konnte er sich. Irgendwas falsch verstanden haben. Die Geschichte war einfach zu unglaublich.
Bob hatte die Aufnahmen, die Sotom 2 geliefert hatte, auf dem ganzen Tisch ausgebreitet, um sie erst einmal wirken zu lassen. Das machte er immer so. Sich wichtig machen, das konnte er wie kein Zweiter. Die Leute starrten immer diese Bilder an und verstanden um alles in der Welt nicht, was sie darauf erkennen sollten, und wenn sie schon dabei waren, zu verzweifeln, dann erhob Bob Richards endlich das Wort. Genau im richtigen Moment. Strich sich gelassen über das blonde, wellige Haar und begann zu erklären, in einem leichten, beiläufigen Plauderton, als läge ein Stadtplan auf dem Tisch, über den man allerlei Betrachtungen anzustellen hätte, und als sähe selbstverständlich jeder, was er meinte. Er sagte nie so etwas wie:»Dieser dunkle Fleck deutet auf Überreste einer Mauer in zehn Meter Tiefe hin.«So etwas klang bei ihm ganz anders, nämlich ungefähr so:»Diese Mauern dürften in etwa zehn Meter Tiefe verlaufen.«Und dann nickten sie alle, vergingen vor Ehrfurcht und sahen Mauern genau da, wo Bob Richards Zeigefinger über die graumelierten Fotos wanderte.
George staunte immer wieder, wenn er das miterlebte, und hatte sich lange Zeit geärgert über die Show, die Bob abzog. Mit den Ergebnissen, die er erarbeitet hatte! Aber seit er einmal seine Aufnahmen selber hatte präsentieren müssen und danach nur in ungläubige, skeptische Gesichter geblickt, ja am Ende sogar die Wirkungsweise der Sonartomographie hatte verteidigen müssen, war er zu der Auffassung gelangt, daß die überzeugende Präsentation eine ebenso bedeutende Kunst war wie die, die zugrundeliegenden Aufnahmen anzufertigen.
Er verfolgte, wie Bob die Aufnahmen dem grob gezeichneten Lageplan der Ausgrabungen zuordnete, der auf dem Tisch lag. Er deutete auf Mauern, wies auf Knochen hin, die noch nicht ausgegraben waren, und hielt sich lange mit Betrachtungen über verschiedene Gesteinsschichten auf. Das tat er immer, wenn es im Grunde nichts zu berichten gab. Und hier in Bet Hamesh gab es nichts zu berichten. Sie hatten gefunden, was sie zu finden erwartet hatten. Nichts weiter. Nada. Rausgeschmissenes Geld, mit einem Wort, und Bob Richards’ Aufgabe war es, zu verhindern, daß die Auftraggeber eben diesen Schluß zogen. Die Universität von Montana machte lukrative Geschäfte mit ihrem Sonartomographen und wollte keine unzufriedenen Kunden. Das war der Grund, warum Bob Richards mitgeschickt wurde.
»Also, ich sehe gar nichts«, beschwerte sich der fette Mann schließlich.»Diese Bilder sehen aus wie die Ultraschallaufnahmen bei meiner Frau, als sie schwanger war. Da habe ich auch nie etwas erkannt.«
Bob lächelte ihn gewinnend an.»Aber der Arzt Ihrer Frau hat sicherlich etwas darauf erkannt, oder?«
»Hmm, ja. Hat gesagt, es würde ein Junge.«
»Und wurde es ein Junge?«
»Ja.«
Alles lachte.
»Nun«, meinte Bob freundlich,»diese Bilder hier entstehen nach einem ganz ähnlichen Verfahren. Und ich sehe darauf, daß Sie eine ganze Menge Ruinen finden werden.«
Damit erntete er noch einmal anerkennendes Lachen. Sogar der fette Mann grinste schief.
Der Mann im dunkelgrauen Anzug war als erster mit dem Lachen fertig.»Was ist mit dem metallenen Kasten?«wollte er wissen.»Haben Sie den gefunden?«
»Der metallene Kasten.«Bob wandte sich um. George schüttelte den Kopf.»Nein, leider«, fuhr Bob dann fort,»so etwas haben wir nicht gefunden.«
»Sind Sie sicher?«bohrte der andere nach.
Bob nickte gemessen.»Hundertprozentig.«Niemand konnte dieses Wort derart im Brustton der Überzeugung aussprechen wie Bob Richards.
George sah auf, als sich der Professor unvermittelt nach hinten zu dem dicklichen Mann umwandte, der angeblich ein Schriftsteller war, und mit spitzen Ohren bekam er mit, wie er ihm zuraunte:»Ich habe doch gesagt, die Kamera ist nicht hier!«
Also doch. Die Kamera. Dieses Wort hatte George genau verstanden, und der strafende Blick, den der Sicherheitschef dem Ausgrabungsleiter zuwarf, war so gut wie eine Bestätigung. Also doch — diese Männer glaubten tatsächlich, daß irgendwo in Israel eine Kamera vergraben war, mit einer Videoaufnahme von…
George wagte kaum, es zu denken.
Eine Videoaufnahme von Jesus Christus!
Konnte das möglich sein? Freilich, vor Gott war nichts unmöglich. Nicht einmal eine Reise durch die Zeit. Vielleicht gehörte es
Weitere Kostenlose Bücher