Das Jesus Video
wollten sich nicht zu Strichen und Linien zusammentun oder gar zu einem Wort. Yehoshuah knurrte, tauchte die Watte länger ein, drückte fester auf. Seine Augen tränten schon von den aufsteigenden Dämpfen.
»Da!«sagte er und hob die Wattebäusche.»Kannst du das lesen?«
Stephen hatte nach dem Gestell mit dem Fotoapparat gegriffen.»Komm, laß uns fotografieren, was wir schon haben.«
»Gleich, gleich. Schau doch nur…«
»Ja, ich schaue ja.«Stephen beugte sich über das Blatt. Ließ beinahe das Gestell fallen.»Oh, mein Gott…«
In diesem Augenblick erlosch die UVLampe. Ohne jedes Geräusch, ohne jeden sichtbaren Grund. Sie erlosch einfach, und mit ihr der chemisch markierte Text auf dem feuchten Papier.
»Das darf doch nicht wahr…«Yehoshuah griff zornig nach dem Schalter, schaltete sie aus, schaltete sie wieder ein, vergebens. Nichts rührte sich mehr.»Verdammt.«
»Du hast es auch gelesen, nicht wahr?«fragte Stephen.
»Ausgerechnet jetzt«, ärgerte sich Yehoshuah, sprang auf und ging zu einem Schrank am anderen Ende des Raumes, zog Schubladen auf, schlug sie wieder zu.»Wie ich es gesagt habe. Keine Ersatzröhre weit und breit.«
»Yehoshuah«, fragte Stephen noch einmal.»Hast du es auch gelesen?«
»Das ist typisch für diesen Laden«, fuhr der fort, sich in Rage zu reden.»Schlamperei, wohin man schaut. Jeder nimmt nur raus, aber keiner denkt daran, Ersatz zu beschaffen. Und wir haben Sabbat! Wo sollen wir jetzt eine Ersatzröhre herkriegen?«
Stephen stellte das Kameragestell mit unüberhörbarem Poltern zurück auf den Tisch.»Yehoshuah!«
Der Freund hielt inne, und damit verrauchte auch der Zorn. Er blickte Stephen an und nickte dann.»Ja. Ich habe es auch gelesen.«
»Du hast es also auch gesehen?«
»Ja.«
Judith richtete sich wieder auf und sah die beiden Männer müde an.»Was ist los? Ihr seid ja so weiß wie Gespenster. Wie heißt denn nun das nächste Wort?«
Stephen beugte sich über die flache Schale, stützte sich auf seine ausgebreiteten Arme, als wöge sein Oberkörper plötzlich Tonnen, und sah hinab auf das graue, löchrige Papier. Wenn er lange daraufstarrte, konnte er sich einbilden, die geisterhafte Schrift aus seiner Erinnerung noch einmal erstehen lassen zu können.
»Lived«, sagte er.»Das nächste Wort war lived.«
18
Die Art des für das freizulegende Gebäude verwendeten Baumaterials hat großen Einfluß auf die Grabungstechnik.
Uns war relativ früh klar, daß wir es mit einfacheren Bauten zu tun haben würden, die aus Lehmziegeln oder Bruchgestein errichtet worden waren. Wir mußten also darauf bedacht sein, die nur schwer von der Schuttmasse zu unterscheidenden Mauerreste rechtzeitig zu erkennen und sie zu erhalten. Besonderen Wert legten wir darauf, auch die Fußböden innerhalb des Gebäudes ausfindig zu machen, da Funde, die direkt auf einem Fußboden gemacht werden (z.B. Keramik, Glas, Münzen, Skarabäen) die jeweilige Schicht eindeutig datieren.
Professor WilfordSmith Bericht über die Ausgrabungen bei Bei Hamesh WAHRSCHEINLICH HATTE DER Mann, der breit und mächtig in einem der Sessel saß wie der Herr der Welt, gewollt, daß die Besprechung der Ergebnisse der Sonartomographie hier in diesem klimatisierten Wohnwagen stattfand und nicht draußen an irgendeinem Klapptisch. Das war der Geldgeber der Ausgrabung, der oberste Boß, soviel hatte George Martinez inzwischen mitbekommen. Er trug einen makellosen dunkelgrauen Anzug mit einer seidenen Krawatte, die von einer goldenen Nadel mit einem Brillanten daran gehalten wurde, und eine makellose Frisur, und zu schwitzen war unter Garantie das letzte, was er wollte. Obwohl es an diesem Samstagmorgen für Georges Geschmack draußen noch recht angenehm war und hier drin fast zu kühl, in diesem Konferenzraum, der so weiß war, daß man glauben konnte, sich in einen Kühlschrank verirrt zu haben.
Das Vortragen der Ergebnisse war, wie immer, die Aufgabe von Bob Richards. George machte die Arbeit, und Bob strich die Lorbeeren ein, so war das nun mal. Heute früh störte es George nicht einmal. Er war froh, nichts sagen zu müssen. Dann bestand schon weniger Gefahr, daß er sich verplapperte.
Es war Gideon absolut ernst gewesen, das hatte man gespürt. Erst hatte George geglaubt, der stämmige Israeli wolle ihn auf den Arm nehmen; mal ausprobieren, was man einem dummen Mexikaner alles erzählen konnte. Hu, da war er aber zornig geworden! Ein zorniger Mann mit einer Uzi über der Schulter, mein lieber
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