Das Jesus Video
sogar zu seinem unergründlichen Plan, den Menschen gerade in diesem Zeitalter, das so sehr vom Fernsehen geprägt war, eine Videoaufnahme ihres Heilands zu schenken, um seine Kirche zu stärken und die Menschen zurück zum Glauben zu führen. Und wie anders hätte er das geschehen lassen können als auf diese wunderbare Weise?
George spürte sein Herz jäh schlagen. Aber… Was für Menschen war dieses Geheimnis enthüllt worden? Dieser Mann, der für einen einzigen Anzug mehr Geld ausgab, als man gebraucht hätte, um ein Dorf in Bangla Desh ein Jahr lang zu ernähren — in dessen geldgierige Hände sollte dieses einmalige Dokument gelangen? Was würde er damit anderes zu machen suchen als noch mehr Geld? Noch mehr Macht?
Natürlich — er würde die Aufnahme behalten. Niemand, der nicht Kunde seines Fernsehnetzes war, würde sie zu sehen bekommen. Und es würde plötzlich teuer, sehr teuer sein, Kunde zu werden. Er würde seine Kunden mit langfristigen Verträgen knebeln, und er würde sie zwingen, auch all seinen Schund über sich ergehen zu lassen.
Er würde die Worte des Herrn zwischen den zwei teuersten Werbeblöcken aller Zeiten ausstrahlen. Man würde endlose Kampagnen für Erfrischungsgetränke, Reinigungsmittel, Autoreifen, Slipeinlagen und Kaugummis ertragen müssen, um das Antlitz des Heilands schauen zu dürfen. Auf dem Berg Golgatha des Kommerzes würde Jesus erneut gekreuzigt werden, wieder und wieder — zuerst am Samstagabend zur besten Sendezeit, dann im Vorabendprogramm, und schließlich in der Kinderstunde, wenn Reklame für Barbiepuppen und He-Man-Figuren lief.
»George?«hörte er Bob fragen.»Ist dir nicht gut?«
Er schüttelte den Kopf, kam wieder zu sich.»Es geht schon«, sagte er.»War vielleicht ein bißchen viel Sonne gestern.«
Bob musterte ihn unsicher.»Kannst du mal einen Blick hierher werfen?«fragte er.»Würde mich interessieren, was du dazu meinst.«
»Ja«, nickte George matt.»Klar.«Er trat neben Bob an den Tisch, auf dem jemand die Bilder, die sie aufgenommen hatten, mit einem großen Lageplan verdeckt hatte. Dieser Plan war präzise gezeichnet, offenbar die Kopie eines amtlichen Dokuments. Und das, was darauf zu sehen war, kam George irgendwie bekannt vor.
»Das ist ein Aufriß des Tempelbergs von Jerusalem«, erklärte ihm der Mann im dunkelgrauen Anzug, und der Brillant auf seiner Krawattennadel funkelte.»Wie müßte man vorgehen, um ihn sonartomographisch zu durchleuchten?«
Stephen Foxx erwachte an diesem Morgen spät, und er fühlte sich, als sei ein Bulldozer über ihn gefahren. Und das lag nicht einfach daran, daß er kaum Schlaf gefunden hatte.
Am Sabbat gab es immer extra lange Frühstück, damit die Leute ausschlafen konnten. Selbstverständlich wurde am Sabbat nicht gearbeitet, und die Freiwilligen, die aus Israel stammten und nicht gerade am anderen Ende des Landes wohnten, nutzten die Gelegenheit, um nach Hause zu fahren. Mit dem Ergebnis, daß ohnehin praktisch nur die Nichtjuden im Lager zurückblieben, die am Samstag bereitwillig gearbeitet hätten und denen die Ruhe am Sabbat das eigenartige Gefühl verursachte, den Sonntag einen Tag zu früh zu begehen.
Es würde ein ruhiger Tag werden. Als Stephen am Küchenzelt ankam, waren auf etlichen Tischen Schachbretter aufgestellt, andere Helfer saßen mit Büchern und einer Tasse Kaffee irgendwo, wo es schattig war. In einiger Entfernung warfen sogar ein paar der Helfer eine knallgrüne Frisbee-scheibe im Kreis herum. Und er entdeckte an einem der Tische Judith, die genauso zerknittert aussah, wie er sich fühlte. Nun, vielleicht nicht ganz so. Selbst übernächtigt sah sie immer noch umwerfend aus. Stephen stellte sich drei randvolle Tassen Kaffee aufs Tablett und dann, eher aus rationalen Überlegungen als aus wirklichem Hunger heraus, noch eine Schüssel Cornflakes, und setzte sich zu ihr.
Eine Weile mampften sie schweigend. Dann, als Stephen die zweite Tasse in Arbeit nahm, meinte sie:»Und?«
Stephen stürzte einen großen Schluck des bitteren Gebräus hinab. Die machten den Kaffee sehr stark hier.»Und was? Was ich davon halte?«»Ja.«
»Keine Ahnung. Ich bin ziemlich geplättet, muß ich zugeben.«
Sie warf einen migränigen Blick umher. Es war niemand in der Nähe, der ihnen hätte zuhören können.»Vielleicht solltest du das nicht überinterpretieren. Du hast ganze vier Worte aus einem immerhin zweiseitigen Brief… Warte doch, bis du den ganzen Brief kennst.«
»Machen Archäologen das
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