Das Jesusfragment
Schlüsselworte zu verbreiten, die das Überwachungssystem auslösen. Vor kurzem gab es sogar einen Anti-Echelon-Tag im Internet: Innerhalb von 24 Stunden haben Tausende von Personen Millionen von E-Mails geschickt, die die meisten dieser Schlüsselworte enthielten, um die NSA-Server zu überlasten, bis sie abstürzen.«
»Das ist doch Wahnsinn.«
»Ja. Vor allem, weil Echelon offensichtlich gar nicht so effektiv ist: Der amerikanische Geheimdienst konnte damit zum Beispiel den Angriff auf das World Trade Center nicht verhindern.«
Eine neue Nachricht von Sphinx erschien auf dem Bildschirm.
»Wir wechseln lieber zum IRC . Ist ruhiger.«
»Tut mir Leid, IRC kenne ich nicht.«
»Internet Relay Chat. Klassisch, aber wenn man den guten Server nimmt, hat man seine Ruhe. So ist Mitnick in den großen Zeiten berühmt geworden. Ist sicherer, als man glaubt. Vor allem die Server in Südamerika. Laden Sie sich das mIRC-Programm herunter. Loggen Sie sich beim Unired -Server in Chile ein. Ich habe da gerade die Verwaltung übernommen, ist bequem. Wenn Sie dran bleiben, identifiziere ich Ihre IP-Adresse und wir können in Ruhe reden.«
»Okay, bis gleich.«
Ich verstand kein Wort von diesem ganzen Kauderwelsch, aber Sophie klatschte in die Hände. Sie war völlig aufgedreht. Und ich hatte beinahe vergessen, dass ich müde war!
»Wissen Sie genau, was Sie da tun?«
»Im Augenblick riskieren wir nichts. Warten Sie, ich muss die Software herunterladen, die er erwähnt hat.«
»Machen Sie keine Dummheiten! Wehe, Sie machen meinen Computer platt, da sind alle meine Drehbücher drauf!«
»Sollen wir lieber meinen Laptop aus dem Auto holen?«, fragte sie und zog eine Grimasse.
»Nein, nein, machen Sie nur. Aber passen Sie bitte auf, das ist alles.«
Ich schaute ihr zu. Sie beherrschte den Umgang mit dem Internet meisterhaft. Mit drei Mausklicken fand sie das Programm, und wir warteten eine Viertelstunde, bis es vollständig auf meine Festplatte geladen war.
Gegen zwei Uhr morgens waren wir schließlich mit Unired, dem südamerikanischen Server, verbunden, wo uns die geheimnisvolle Sphinx geduldig erwartete.
»Bravo. Willkommen an Bord, Haigormeyer.«
»Danke. Also, was wissen Sie über Bilderberg?«
» Was ich Ihnen gleich sagen kann, ist, nehmen Sie sich sehr in Acht. Es wird viel Unsinn über Bilderberg verbreitet, weil er so geheim ist. Und rechtsextremistische Aufwiegler nutzen das für ihre größenwahnsinnigen Vorstellungen von einer Verschwörung. Also müssen Sie den angeblichen Enthüllungen der Faschisten misstrauen, von denen es überall nur so wimmelt. Aber Bilderberg existiert tatsächlich, leider.«
»Ich habe online nichts wirklich Interessantes gefunden.«
»Ist normal. Bilderberg will keine Aufmerksamkeit. Seine Hauptaktivität besteht in einer jährlichen Versammlung, auf der Politiker und andere selbsternannte Denker an einer Sitzung mit gegenseitiger intellektueller Masturbation teilnehmen!«
»Mit welchem Ziel?«
»Offiziell ermöglichen diese Versammlungen den Teilnehmern, sich über internationale politische und wirtschaftliche Perspektiven auszutauschen. Das ist auch zweifellos der Grund, weshalb sich vor allem Leute wie der Chef der IFRI dafür interessieren.«
»Was ist denn das schon wieder?«, fragte ich verzweifelt.
»Das Institut Français des Relations Internationales«, erklärte Sophie. »Es berät Politiker und Industrielle, wenn es um internationale Beziehungen geht.«
»Wie wird man Mitglied?«
»Haben Sie die Absicht, eines zu werden?«
»Haha.«
»Es gibt ein Bürgschaftssystem.«
»Aber wer hat das Ganze gegründet?«
»Die Gruppe wurde Anfang der fünfziger Jahre gegründet.«
»Kalter Krieg?«
»Selbstverständlich! Die erste offizielle Versammlung fand in Holland statt, im Hotel Bilderberg. Daher der Name. Anfangs wurde sie von Prinz Bernhard der Niederlande organisiert, aber 1976, nach dem Lockheed-Skandal, musste er seinen Platz für Rockefeller räumen. Der war natürlich von Anfang an dabei, aber eben nicht offiziell.«
»Worin besteht die eigentliche Bedeutung?«
»Wenn Sie eine Doku darüber vorbereiten, können Sie sich gratulieren. Großer, ganz großer Fisch. Die Organisation Bilderberg ist sehr eng mit zwei anderen Gruppen verbunden, die fast dasselbe Ziel haben.«
»Und das wäre?«
»Offiziell: die Einheit des Westen schaffen.«
»Und inoffiziell?«
»Den Einsatz einer Weltregierung vorbereiten.«
»Wenn es nur das ist …«
»Ich hatte Ihnen
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