Das Jesusfragment
sie.
Ich begann mich zu fragen, was sie von mir wollte. Mein Herz klopfte zum Zerspringen.
»Damien! Sphinx ist online! Kommen Sie schnell! Er hat geantwortet.«
Sphinx. Der Typ aus den Foren. Keineswegs das, was ich mir vorgestellt, was ich mir erhofft hatte. Ich schüttelte den Kopf, um wach zu werden.
»Ich komme«, rief ich und stand auf.
Ich schlüpfte unbeholfen in meine Hose und ging in ihr Zimmer hinüber.
»Schläft er um diese Zeit denn nicht?«, fragte ich und setzte mich neben Sophie.
»Vielleicht ist er gar nicht in Frankreich, dann ist bei ihm vielleicht Morgen …«
»Für welche Zeitung arbeiten Sie?«
»Hey, er benutzt keinen Internetjargon. Der Typ scheint Rücksicht auf mich zu nehmen. Ich habe einmal ein Gespräch zwischen zwei Hackern verfolgt und kein Wort verstanden. Also, spielen wir ihm gegenüber mit offenen Karten?«
Ich zuckte die Schultern.
»Ich weiß nicht. Es ist spät, ich habe gerade keine gute Idee. So lange Sie ihm nichts über meinen Vater sagen, lasse ich Sie machen, Sie sind der Profi!«
Sie schob ihren Stuhl zum Schreibtisch, holte tief Luft, rieb sich die Hände und begann zu tippen. Sie fühlte sich so wohl wie ein Fisch im Wasser.
»Ich arbeite für Canal Plus.«
»Welche Sendung?«
»90 Minutes .«
»Warum Haigormeyer?«
»Was redet er da?«, fragte ich verwundert und schaute Sophie an.
»Das ist mein Pseudonym bei ICQ. Haigormeyer . Unter diesem Namen bin ich dort eingeloggt. Ich denke, er wird gerade versuchen, mich zu identifizieren.«
»Kleine Anspielung auf Watergate. Alexander Haig gehörte zur Nixon-Administration und Cord Meyer war CIA-Agent. Haig oder Meyer? Das sind die beiden Personen, die ich für die geheimnisvollen Informanten der Journalisten bei der Post hielt.«
»O.K. Der berühmte Deep Throat. Witzig. Haben Sie die Doku über den Fall Robert Boulin gemacht?«
»Nein, das war ein anderes Team.«
»Und was haben Sie gemacht?«
»Zuletzt etwas über angereichertes Uran.«
Fast eine Minute lang blieb der Bildschirm leer. Sophie wartete. Ich war sehr angespannt. Was für eine seltsame Atmosphäre. Ein Gesprächspartner, über den man nichts wusste und den man nicht sah. Ich war derartige Unterhaltungen nicht gewohnt.
»Was tut er, verdammt noch mal? Redet er nicht mehr mit uns?«
»Warten Sie. Vielleicht führt er mehrere Gespräche gleichzeitig, oder …«
»Sophie de Saint-Elbe , ja ?«
»Genau das habe ich mir gedacht. Er hat inzwischen Nachforschungen angestellt.«
»Er ist sehr schnell!«, rief ich aus.
Sie nickte.
»Ich bevorzuge Haigormeyer.«
»O.K. Was wollen Sie über den Bilderberg wissen? Machen Sie eine Doku?«
»Sagen wir mal so, im Augenblick mache ich mich kundig. Ich weiß im Grunde nicht viel darüber, mich interessiert alles, was Sie wissen.«
»Und warum sollte ich Ihnen antworten?«
»Wenn ich etwas finde, informiere ich Sie als Ersten online. Ich bin hinter einer großen Sache her. Im Augenblick kann ich nicht viel darüber sagen, aber ich verspreche Ihnen, dass ich Sie informiere, wenn ich etwas gefunden habe. Ist das okay für Sie?«
Ich warf Sophie einen missbilligenden Blick zu. Sie gab mir ein Zeichen, mich nicht aufzuregen, und ich beschloss, ihr zu gehorchen. Im Grunde zwang uns ja nichts, diesem komischen Menschen alles zu sagen. Sophie schien die Situation im Griff zu haben.
» Okay.«
»Dann erzählen Sie mir von Bilderberg.«
»Nicht hier.«
»Warum nicht?«
»Big brother is watching!«
»Sie werden überwacht?«
»Ja. Of course! Auf jeden Fall ist ICQ nicht sicher, abgesehen von Echelon.«
»Okay.«
»Was bedeutet das?«, mischte ich mich ein.
»Echelon. Haben Sie noch nie davon gehört? Sagen Sie mal, lesen Sie auch ab und zu Zeitung?«
»Hey, ich bin Drehbuchautor für eine komische amerikanische Serie. Glauben Sie wirklich, dass ich noch Zeit habe, außer der Regenbogenpresse etwas anderes zu lesen?«, spottete ich.
»Echelon ist ein Spionagesystem, das in den fünfziger Jahren vom amerikanischen Geheimdienst eingesetzt wurde. Seither ist es immer weiterentwickelt worden. Heutzutage besitzt es ein derart hohes Niveau, dass es der NSA möglich ist, Telefongespräche und E-Mails der ganzen Welt zu überwachen, mit einem System, das sich aufs Stichwort einschaltet.«
»Sie scherzen.«
»Keineswegs. Ein einziger Rechner des Echelon-Systems ist in der Lage, zwei Millionen Nachrichten gleichzeitig zu überwachen. Und ein paar Hacker haben sich den Spaß gemacht, die
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