Das Joshua Gen (German Edition)
Ihre Arbeit, es demütigte Sie. Ein großer Fehler, und ein guter Grund, sich zu rächen, das verstehe ich ...«
Rache? Draußen auf dem Gang lief es Garry kalt den Rücken hinunter. In was war er da hineingeraten?
»Sind Sie jetzt völlig übergeschnappt?!«, brüllte sein Boss.
»Nicht mehr als Sie, ein böser Zauberer, der ein Drachenheer erschaffen hat, um die Welt an sich zu reißen. Sie haben sie mir doch im Labor gezeigt, Ihre Schöpfungen.«
»Genug! Es reicht! Kümmern Sie sich nur um das, was Ihre Aufgabe ist!«
Der mit den Handschuhen lachte. »Sollten Sie nicht ein wenig freundlicher zu jemandem sein, der Sie aus der Feuerfalle der Vietcong gezogen hat, Professor?«
Garry hatte genug. Zauberer, Drachen, Vietnam ... Er schlich den halbdunklen Gang zurück. Er würde wegen des Videos besser ein anderes Mal kommen. Die Stimme seines Bosses folgte ihm noch ein Stück. »Wer saß in dem Van?! Kümmern Sie sich darum! Und kümmern Sie sich um diesen Taxifahrer! Zu wem hat er die junge Frau gebracht?!«
»Sie haben einen Helfer.«
Er schwieg. Er war jetzt allein hier unten.
»Ein Polizist im Ruhestand«, fuhr der Anrufer fort.
Er ging auf und ab. »Für die gibt es nie Ruhestand«, murmelte er. Er versuchte, klar zu denken. Es gelang nicht. Alles schien sich gegen sie verschworen zu haben. Sein Blick glitt unruhig zwischen den Fackeln hin und her.
Die Stimme aus dem Lautsprecher seines Handys hallte durch das Gewölbe. »Der Polizist wird anfangen, Fragen zu stellen, er wird alte Kollegen besuchen. Der Plan, die Bruderschaft, sie sind in Gefahr!«
Er seufzte bedrückt. Ja, so war es immer schon gewesen. Die Gefahr hatte sie immer begleitet, seit der erste von ihnen den heiligen Schwur geleistet hatte. Jahrhunderte existierten sie nun, die Wächter der Gottesspuren, Jahrhunderte folgten sie dem Plan. Doch Gott machte es ihnen immer wieder schwer. Wieso nur? Sie bereiteten ihm doch den Weg! Und die Besten waren dabei umgekommen ... nein, nicht immer die Besten. Er blickte zu der Kutte des Abtrünnigen. Ordentlich gefaltet lag sie auf dem kleinen Tisch. Daneben die Karaffe mit dem Gift. Beides würde dort bleiben, zur Mahnung.
»Bitte ...«, flehte es plötzlich aus dem Handy, so als sähe der Anrufer dasselbe. »Bitte verzeihe mir, dass auch ich bei der Entführung der jungen Frau mitmachte. Lass es mich wiedergutmachen. Lass mich dein Vertrauen zurückgewinnen!«
Der Mann in dem Kellergewölbe nickte. Er hob das Handy ans Ohr. »Dieser Polizist macht mir Sorge.«
»Was soll ich tun?«
»Lass es wie einen Unfall aussehen.«
Vince blickte zur Uhr über dem Eingang der Subway Parkside Avenue Station. Zwanzig Minuten über der Zeit. Das passte nicht zu Stanley. Der alte Freund hatte ihn doch hier mit dem Auto abholen wollen. Dein Taxi bleibt in meiner Garage. Du nimmst die Subway rüber nach Manhattan und ich fahr hoch nach Williamsburg, in mein altes Revier. Punkt 22 Uhr stehe ich wieder hier ... Vince war nach Manhattan gefahren und hatte seinen Onkel aufgesucht, einen Gebrauchtwagenhändler. Emilio hatte ihm versprochen, sich nach dem hellgrauen Van umzuhören. Dann war Vince noch in einer Apotheke gewesen und hatte sein letztes Rezept eingelöst. Er würde sparsamer mit den Pillen umgehen müssen.
22 Uhr 30. Es hatte keinen Sinn, noch länger zu warten. Er überquerte die Straße und ließ den Prospect Park hinter sich. Er kannte den Weg, war ihn damals oft gegangen. Mehr als zwanzig Jahre musste das jetzt her sein. Stanley und Pauline hatten das Haus gleich nach der Hochzeit gekauft. Eine Ruine und ein Garten voller Gestrüpp. Wenn man verliebt ist, glänzt eben alles! So hatte Stanley es gerechtfertigt, erinnerte sich Vince. Und er erinnerte sich an ein Zuhause für einen Jungen auf der schiefen Bahn. Stan und Pauline hatten ihn wie einen Sohn behandelt, vielleicht weil beide keine Kinder hatten bekommen können, vielleicht weil Vince vom eigenen Vater nur geschlagen worden war und seine Mutter in billigem Whiskey das Vergessen gesucht hatte.
Stans Wagen war nirgends zu sehen. Er ging die letzten Meter durch den Garten zum Haus. Aus dem Wohnzimmerfenster flackerte bläulich der Fernseher. Er nickte. Sicher saßen Stan und Nona mit Bier und Chips davor und schlossen Wetten ab, wie lange er zu Fuß von der Subway Station bis hier bräuchte. »Witzig, Freunde, sehr witzig«, murmelte Vince vor sich hin und öffnete die Haustür.
»Hey, bin wieder da!«
Sie saß alleine vor dem Fernseher. Der
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