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Das Joshua Gen (German Edition)

Das Joshua Gen (German Edition)

Titel: Das Joshua Gen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Krusch
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Ton war abgestellt. Vince lief weiter in die Wohnküche. Die Pizza, die er mitgebracht hatte, war noch warm. »Stan hat mich versetzt. Ist er hier?« Er suchte nach passenden Tellern. »Hat er angerufen?«
    Nona antwortete nicht.
    Er blickte über sie hinweg zum Fernseher. Eine Sondersendung lief. Ein Schwimmkran hievte ein Auto aus dem Wasser des East River, große Scheinwerfer beleuchteten den Wagen. Vince kannte ihn. In ihm hatte er fahren gelernt. Er flüsterte. »Nein, nicht Stan ...« Dann schrie Vince es. »Nicht Stan! Er ist doch mein – mein Vater! «
    Seine Stimme brach.

    »Stanley war nicht Ihr Vater.«
    Er schluchzte. »Bitte ... nicht Stan ... er darf nicht tot sein!«
    »Vince, beruhigen Sie sich.«
    »Stan darf nicht tot sein!«, rief er.
    »Hören Sie jetzt auf!« Sie schlug ihm ins Gesicht.
    Vince sah sie an. Die Tränen in seinen Augen ließen ihn Nona kaum erkennen. Er blickte wieder zum Fernseher.
    Das Gerät war verschwunden. Genau wie das Wohnzimmer. Alles hatte einer schmerzenden Helligkeit Platz gemacht. Er wollte aufspringen. Die Gurte ließen es nicht zu. »Was zum Teufel ...?«, begann Vince, zu ihr zu sprechen.
    Doch es war nicht Nona, die vor ihm stand.
    »Was zum Teufel ist hier los?!«, schrie er, wild an seinen Fesseln zerrend.
    »Sie müssen sich beruhigen. Bitte, Mr. Delusso.«
    Vince gab den Kampf gegen die Gurte auf.
    »Ich danke Ihnen. Ihr Geschrei alarmiert nur die Pfleger, und dann müsste ich gehen.«
    Er musterte die blonde Frau. Ihre glatte, strenge Zopffrisur, ihr kantiges, blasses Gesicht, die bis zum Hals hochgeschlossene, weiße Bluse unter einem leichten, dunkelgrauen Blazer.
    »Wer sind Sie?«
    »Ihre Anwältin.«
    Der kühle Blick hinter den rahmenlosen Brillengläsern passte perfekt zu ihrer Stimme.
    »Margaret Linney ... aber wir hatten uns auf Mag geeinigt, erinnern Sie sich?«
    Vince erinnerte sich nicht.
    »Wo bin ich?«
    »In der Hudson River Klinik.« Sie zupfte einen winzigen Fussel vom linken Ärmel ihrer Jacke und rollte ihn eine zeitlang zwischen ihren langen dünnen Fingern. »Es ist eine psychiatrische Klinik.«
    Er starrte zur Decke hinauf, direkt in das gleißende Weiß. Ein großer Aufkleber erschien dort. Willkommen zurück, Vince! Psychiatrie. Nicht noch einmal ... Irgendwo, ganz tief in ihm, begann jemand zu schreien. Vince drehte den Kopf zur Seite. »Hören Sie das?«, fragte er sie.
    Die blonde Frau vor der kahlen weißen Wand schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Noch ein paar Tage in dieser Zelle und sie würde es hören. Jeder in dieser verdammten Irrenanstalt würde das! »Ich muss hier raus, Miss.«
    »Mag ... Mag, Vince, aber niemals Maggy.«
    Das winzige Zucken ihrer Mundwinkel irritierte ihn. Es war wohl ihr Lächeln.
    »Ich muss hier raus!«, schrie Vince sie an.

    Der junge Priesterschüler hörte etwas. Er trat näher an den ersten der Wagen. »Lasst mich hier raus!«, rief es durch eine Klappe in seiner Seite. Die Klappe maß nur zwei Handflächen und war die einzige Öffnung an diesem monströsen Gefährt. Solcherart Wagen hatte der Schüler nie zuvor erblickt. Nun waren gleich drei davon auf der französischen Ordensburg eingetroffen. Die hüttengroßen Kästen auf ihren vier großen Rädern bestanden aus dickem Eichenholz und waren darüber gänzlich mit eisernen Platten beschlagen. Sechs starke Pferde brauchte es, um eines der Ungetüme zu bewegen.
    »Lasst mich raus!«, rief es wieder aus dem ersten.
    Hufgeklapper übertönte es. Ein kleinerer Wagen kam über die Zugbrücke in die Burg. Er hatte Tür und Fenster. Zwei Pferde zogen ihn. Der Reisewagen des Gesandten vom Vatikan. Die Aufregung des Priesterschülers wuchs. Sein Onkel saß darin. An den Wänden des Burghofs wurden Fackeln entzündet. Die Nacht brach an. Diener versorgten die Pferde, brachten ihnen Hafer und Wasser in hölzernen Eimern.
    »Lasst mich doch heraus! Ich verdurste!«, jammerte es neben dem Priesterschüler. In einem Eimer nahe dem Wagen sah er eine Schöpfkelle. Er füllte sie und trat an die Klappe.
    »Tu das nicht, Jacobus!«
    Der römische Kardinal war ein kleiner, leicht gebeugter Mann mit eiligem Schritt. Schnell war er bei dem Priesterschüler. »Tu das nicht«, wiederholte er leiser, nahm ihm die Kelle ab und schüttete das Wasser weg. Dann lächelte er und drückte ihn an sich. »Sei gegrüßt, mein lieber Neffe!«
    Jacobus küsste hastig den Ring am Finger seines Onkels und schaute wieder auf den ersten Wagen. »Darin ist ein junges Weib, glaube ich.

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