Das Joshua Gen (German Edition)
wünschte sich so ein Leben für dich.«
»Lass meinen Vater aus dem Spiel.«
»Du hast ja recht ... Komm, probieren wir endlich unseren Kalbsbraten in Grapefruitsauce. Der bringt uns auf andere Gedanken.« Er nahm Messer und Gabel und schnitt in das zarte Fleisch auf seinem Teller. »Wie bist du eigentlich auf das Restaurant gekommen? Du hältst doch sonst nichts von den Luxusschuppen.«
»Das willst du nicht wirklich wissen.«
»Klar will ich das, na los, erzähl! Geht es hier etwa um einen Heiratsantrag zum Dessert?« Paul lächelte. Ohne ihre Brille, mit den offenen Haaren, in solch einem Kleid, konnte es nur darum gehen, da war er sich sicher.
»Mein Mandant hat mich darauf gebracht. Vince hat mir von dem Mann seiner Ex-Frau erzählt, Henry Harris, und dass ihm zwei Restaurants in Lower Manhattan gehören.«
Paul ließ sein Besteck sinken, lehnte sich zurück und blickte lange zur Decke des Restaurants. »Deshalb sind wir also hier, damit du die Aussage deines Mandanten überprüfen kannst ...« Er lachte bitter. »Und das an dem Abend, der unsere Beziehung retten sollte. Ich wette, du hast dich nur so aufgedonnert, um gleich noch was aus diesem Henry Harris rauszubekommen!«
»Nein, so ist es nicht.« Ihre Augen wurden feucht. »Der Fall ist mir nur sehr wichtig. Können wir nicht gemeinsam daran arbeiten?«
»Niemals.« Er erhob sich.
»Aber warum denn nicht?«
»Weil dieser Fall verloren ist, und weil dieser Vince es schon immer war – der Kerl schreibt dir mit seinem Blut, Mag! Was brauchst du noch, um zu verstehen? Aber setz deine Karriere ruhig aufs Spiel, setz die Kanzlei ruhig aufs Spiel, setze alles aufs Spiel, doch ohne mich, ich spiele endgültig nicht mehr mit!«
»Paul ... geh nicht!«
Er drehte sich noch einmal um.
»Sieh mich nicht so an, Mag, dir ging es hier doch gar nicht um uns. Dir geht es nur noch um die Akte deines Mandanten. Du hast sie ja sogar jetzt dabei. Also lies ruhig weiter darin herum, bis du genauso irre wirst.«
Sie trat in seine Zelle. So spät war sie noch nie hier gewesen. Doch nicht deshalb starrte Vince seine Anwältin an wie einen Geist. Margaret hatte keine Aktentasche in der Hand, sie trug keine Brille, ihr blondes Haar war offen, und ihr graphitgrauer Businessanzug hatte sich in ein aufregendes rotes Abendkleid verwandelt.
Sie nahm gegenüber dem Bett Platz.
»Erzählen Sie mir von Stanley und Pauline.«
»Wollen ... wollen Sie heute nichts aufschreiben?«, stammelte Vince nur.
»Nein, heute möchte ich bloß zuhören.«
Sie lehnte sich zurück. Der Stuhl gab angenehmen Halt. Halt, den sie brauchte. »Erzählen Sie mir von Stanley und Pauline«, wiederholte sie. »Ich wette, sie waren glücklich ... Das waren sie doch, oder?!«
»Ja. Ja, sicher.«
»Gut. Dann will ich es hören. Legen Sie los, Vince.«
Er räusperte sich. »Nun ja, alles begann mit dem Ring. Stan sparte ein Jahr lang dafür, kam immer wieder zu dem Laden, hoffte, der Ring würde noch im Fenster liegen. Denn mit ihm wollte er ein Herz gewinnen. Dann kam sein großer Tag. Er hatte die Summe zusammen und fuhr mit seinem Mädchen zu dem Juwelier. Aber die Auslagen im Fenster waren leer, der Ring weg! Stanley stürmte in den Laden, mitten rein in einen bewaffneten Überfall. Als Polizist erkannte er, dass die Waffe nur Spielzeug war. Der Räuber stieß ihn weg und hetzte mit der Beute davon. Stan folgte. Der Räuber war schnell. Doch der Polizist blieb dran, denn er hatte ein Mädchen zu erobern, Pauline. So rannten beide durch halb Brooklyn. An den Docks am Bay Ridge Channel war es schließlich vorbei. Stan stellte mich, riss mir die Wollmaske herunter und ... Sie hören ja gar nicht zu.«
»Was?«
»Sie hören nicht zu. Mag, ich war der Juwelenräuber. Ich!«
»Ach so.«
Sie klang, als ginge sie all das nichts mehr an. Eine Träne lief über ihr Gesicht. Dann noch eine.
»Mag, was ist los?«
»Mein Verlobter hat eben mit mir Schluss gemacht ... in einem Restaurant, vor lauter Leuten.«
»Das ... das ist hart.«
»Paul ist einfach aufgestanden und gegangen, Vince.«
Er schwieg. Ihre Offenheit war verwirrend. Ihre Tränen waren verwirrend. Er musste irgendwas sagen. »Und was haben Sie dann gemacht?«
»Ich habe seine Flasche Chablis Grand Cru ausgetrunken, die ganze Flasche ...« Margaret wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und lächelte ihn an. »Und nun bin ich hier.«
Er roch den Wein. Die ganze Situation war ihm unangenehm. »Wie sind Sie denn hereingekommen? Haben
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