Das Joshua Gen (German Edition)
XXL-Heuschrecken sagen.«
Der Professor winkte ab. »Bloß eine Kombination aus unterschiedlichen Insekten, ihre Entstehung nachvollziehbar. Doch das hier ...« Er zählte erneut alle Zellen unter dem Mikroskop. »Wie hieß es noch an der Uni: Spezies, die nicht derselben Art, Gattung oder Familie entstammen, ja nicht einmal zum selben Unterstamm gehören, könnten niemals miteinander –« Die erneute Teilung der Embryonalzellen ließ ihn seinen Satz nicht beenden. Laut lachte er. »Diese Geschwindigkeit ist eine weitere wissenschaftliche Unmöglichkeit!«, erklärte der hoch gewachsene Mann in dem Laborkittel kopfschüttelnd.
»Wieso erstaunt es Sie? Sie haben es doch erschaffen.«
»Erschaffen? Ich habe nur alles in einen Topf getan und umgerührt – es erschafft sich selbst! Es ist nicht möglich, aber es geschieht!«
Garry blickte nervös auf die zuckenden Zellen. »Etwas muss doch dafür verantwortlich sein.«
Der Professor schmunzelte.
»Wie wäre es mit einem alten, fleckigen Stückchen Stoff, so nannten Sie es doch. Ein Stückchen des Turiner Grabtuches. Ich fand ein Gen darauf, versteckt zwischen anderen Genen. Dieses Gen machte seinen Träger weltberühmt.«
»Sie meinen ... Jesus?«
»Ja, der Sohn Gottes. Aber es gibt keinen Gott, Garry. Etwas anderes verhalf Jesus zu seinen Fähigkeiten.« Der Professor ließ eine kleine Ampulle im Licht glänzen. »Und nun hilft es mir.« Er rollte das Gefäß zwischen den Fingern hin und her. Die Flüssigkeit darin schillerte bläulich.
Der Wachmann starrte darauf.
»Eine Weltreligion entstand nur aufgrund eines Gens?«, fragte er zweifelnd.
Sein Boss nickte. »Ich nenne es das Joshua-Gen ... Ich kann noch nicht sagen, wie es genau funktioniert, aber es ließ Jesus über Wasser gehen, ließ ihn Kranke heilen, ließ ihn Tote zum Leben erwecken. Das Gen ist der Schlüssel all seiner Wunder, nicht der Heilige Geist.«
»Nur ein Gen, das ist alles? Das kann nicht sein!«
»Aber die Jungfrauengeburt kann es, ja?! Hören Sie mir bloß damit auf! Es gab Jesus, zweifellos, doch all das andere lehne ich als Wissenschaftler ab. Es hat eine genetische Ursache. Er war eine Mutation, eine Anomalie, etwas in der Richtung ...«
Garry konnte es kaum fassen.
»Sie halten Jesus Christus für eine genetische Anomalie?!«
»Ja, das tue ich.« Lächelnd steckte der Professor die kleine Ampulle zurück unter seinen Laborkittel.
Lies ruhig weiter darin herum, bis du genauso irre wirst. Sie dachte an Pauls Worte und ging den kurzen Weg neben dem Metallbett auf und ab. Der Mann darauf bemerkte es nicht. Sie blickte in seine Müdigkeit. In seine Leere. Und fühlte beides selbst. War er nun ein Psychopath? Ein Mörder? Sie wusste es noch immer nicht. Sie wusste nur, dass Paul sie von Anfang an vor diesem Fall gewarnt hatte. Und der Klinikleiter auch. Vince Delusso ist nicht zum ersten Mal in der Nervenheilanstalt, wie Sie aus den Akten wissen. Als Jugendlicher galt er als schwer erziehbar, jähzornig, gewaltbereit. So gewaltbereit, dass er aus der normalen Haft in Isolationshaft kam und schließlich vom Gefängnis in die Psychiatrie verlegt werden musste. Jetzt hat ihn das alles wieder eingeholt. Ihr Mandant ist sehr krank, Miss Linney. Er hört Stimmen, er sieht seinen toten Vater! Den würden Sie auch sehen, Doktor, bei dieser Medikamentendosis. Ihr kamen die Tränen. Vince konnte sich nicht mehr rühren. Aber es lag nicht an den Gurten. Dr. Burke hatte ihren Mandanten auf andere Weise ruhigstellen lassen. Sie wollte seine Hand berühren und tat es nicht, sie fühlte sich mitschuldig.
Er lag auf dem Rücken und starrte zur Decke. Sie war so weiß wie alles in der kleinen Zelle. So weiß wie sein Gedächtnis. Die Psychopharmaka leisteten ganze Arbeit. Margaret stellte den Stuhl an das Bett, setzte sich und sah ihn nur an. Sie roch die Reste frischer Farbe, mit der man seine Erinnerungen von den Wänden gelöscht hatte, Erinnerungen, die sie nun für ihn bewahrte. Sie fühlte sich plötzlich allein. »Ich weiß nicht, wie viel ich mir noch zumuten will. Ich weiß auch nicht, wie viel ich Ihnen noch zumuten kann ...« Sie zog den Hefter aus der Aktentasche und hielt Zeitungsausschnitte und Polizeiberichte vor seine starren Augen. »Ich habe hier das, von dem Sie mir erzählten, alles über die Woche im März. Es ist geschehen. Es ist real. Drei Tote in der Wohnung in Queens, ein provozierter Stau auf der West End Avenue, Stanleys Auto im East River, die Schüsse, die Ihren
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