Das Joshua Gen (German Edition)
Onkel so schwer verletzten. Und man könnte all das verbinden, so wie Sie es getan haben ...«
Sie beugte sich vor zu ihm. »Aber das sollten wir nicht tun«, flüsterte sie in sein Ohr. »Wir müssen uns darauf vorbereiten, wie die Polizei die Dinge verbinden wird. Zum Beispiel, dass auf die drei jungen Männer und Ihren Onkel mit der gleichen Waffe geschossen wurde. Natürlich!, würden Sie sofort sagen, das war der Kerl mit den Handschuhen! Doch genauso könnten Sie es gewesen sein, das jedenfalls wird die Polizei sagen. Denn alles, was diese Vorfälle vom März verbindet, sind Sie. Emilio fällt als Zeuge aus. Er liegt im Koma. Nona hilft uns auch nicht weiter, solange sie spurlos verschwunden ist. Wir werden also Max in den Zeugenstand holen müssen.«
Er schloss die Augen. Seine Tränen liefen vor ihrem Gesicht vorbei. Sie setzte sich abrupt auf. »Na toll, ich sollte Sie unterstützen, ich sollte Ihnen Mut machen – und was mache ich stattdessen? Margaret Linney, du bist ein Idiot!«
Sie hörte ihn etwas sagen.
»Was? Dann sind Sie ja jetzt nicht mehr allein?« Sein kleiner Scherz berührte sie tief. Sie griff nach seiner Hand und hielt sie fest. »Haben Sie keine Angst, ich bekomme Sie hier raus! Ich weiß, dass Ihre Geschichte nicht nur reine Erfindung ist. Wir zwei werden dem roten Faden weiter folgen. Und haben wir erst einmal das Ende, dann wird alles gut!«
Vince blickte sie weinend an, er sprach sehr leise.
»Es endet aber nicht, Mag, es beginnt erst ...«
Die kreuzförmigen Schatten der Grabsteine wuchsen im Licht der sinkenden Abendsonne. Schon berührten sie die Schuhe, griffen schwarz nach seinen zerschlissenen Hosenbeinen. Er blickte umher. Überall Gräber. Sein Kopf pochte. Wieso war er hier? Seine Stirn runzelte und wellte sich, erkämpfte Gedanken für Gedanken.
Pauline. Der Grabstein war kalt. Er kannte den Namen darauf, er strich mit den Fingern darüber, doch den Namen daneben kannte er nicht, obwohl es seiner war.
Er lebte jetzt auf der Straße. In zwei großen Umzugskartons, die er ineinander geschoben hatte. Genug Platz für einen, der nichts besaß, außer den Dingen, die er am Leibe trug und der Erinnerung an den Namen einer Toten. Doch wer war diese Frau in dem Doppelgrab? Hatte er sie gekannt? Und wer lag neben ihr?
Das Pochen hinter der Stirn nahm zu. Das tat es immer, wenn er zwanghaft versuchte nachzudenken. Wenn er versuchte, an sein Leben vor dem ... Poch! Poch! Poch!, unterbrach es sein Denken. Besser jetzt aufhören damit und gehen. Nach Hause. Nach Hause. Er zuckte zusammen. Die zwei Worte in seinem Kopf blendeten ihn. Grell erleuchteten sie das Dunkel seines verlorenen Gedächtnisses. Nach Hause, das waren nicht zwei Pappkartons in einer Tiefgarage! Nein, das war ... das war ... Stanley krümmte sich. Der Schmerz zwischen den Schläfen wurde übermächtig. Mit letzter Kraft prägte er sich den Familiennamen auf dem Grabstein ein. Woolrich . Vielleicht konnte ihm dieser Name den Weg weisen, den Weg nach Hause.
»Warum sind Sie so weit weg von zu Hause? Warum sind Sie nicht in Ihrer Kirche?« Sie lächelte den Priester freundlich an. Die Halbautomatik in ihrer Hand zielte auf die Brust des Mannes.
Vince sah es im Rückspiegel. »Verflucht, Nona, nehmen Sie die Waffe runter! So was kann böse enden!«
»Beim Fahren nicht nach vorne sehen, kann auch böse enden ...« Sie grinste.
Er blickte rasch zurück auf die Straße, seine Hände quetschten das Lenkrad. Es fühlte sich an wie ein Déjà-vu. Wieder war sie an seine Waffe gelangt. Wieder bedrohte sie jemanden in seinem Taxi, verdammt!
Sie sah ihm seine Gedanken an.
»Ich hätte nie auf Max geschossen. Niemals.«
»Und was ist mit ihm? Würden Sie auf ihn schießen?!«
»Wozu habe ich die Waffe wohl entsichert ...«
»Mein Gott, Dorothy, du kannst doch nicht –«
Sie rammte dem Priester den Lauf in die Rippen. »Nona heiße ich! Nona!«
Pater Simon stöhnte vor Schmerz.
»Es reicht! Schluss! Ich halte an!« Vince bremste den Wagen herunter.
»Keine sehr gute Idee, Partner. Der Typ mit den Handschuhen weiß auch von Colorado. Er wird dorthin unterwegs sein. Und er hat einen Vorsprung.«
»Sie hat recht, fahren Sie weiter, Vince. Der Junge ist in Not, wir müssen ihn finden!«
»Wir?« Nona lächelte. »Jetzt wird es aber interessant. Sollten die vier entführten Jungen etwa mehr als nur Lesestoff für die Analphabetengruppe gewesen sein?«
Pater Simon hielt den Blick gesenkt. Er rieb sich die
Weitere Kostenlose Bücher